Sonntag, 24. Juli 2022

Italiens Rechtspopulisten in der Corona-Krise

In diesem Beitrag stellt Luca Rodio folgenden Text vor:

De Petris, Andrea (2020): Der italienische Rechtspopulismus zu Corona-Zeiten, Friedrich Ebert Stiftung, http://library.fes.de/pdf-files/bueros/rom/16328.pdf.

In dem von Andrea de Petris verfassten Artikel geht es um das Verhalten und die Rhetorik rechtspopulistischer Parteien in Italien während der Corona-Pandemie. Er beginnt seinen Artikel mit einer Verortung der aktiven rechtspopulistischen Parteien in Italien. Dementsprechend bildet sich das italienische rechte Lager aus der 1994 von Silvio Berlusconi gegründeten Forza Italia, der 1989 von Umberto Bossi gegründeten Lega Nord und der 2012 entstandenen Fratelli d´Italia (vgl. S. 2).

Diese drei Parteien unterscheiden sich nach ideologischen Gesichtspunkten in außerordentlichem Maße, wenngleich sie allesamt dem rechten Spektrum zuzuordnen sind. Die Forza Italia sieht sich als „Verein von Bürger_innen, die sich mit den Idealen der europäischen liberaldemokratischen, katholisch-liberalen, säkularen und reformerischen Traditionen identifizieren“ (Artikel 1 Status FI, zit. nach De Petris, S. 2). Auch wenn die Forza Italia der EU keineswegs ihre Legitimität abspricht, schreckte ihr Gründer Silvio Berlusconi nicht davor zurück, gelegentlich gegen EU-Politik(er) zu polemisieren.

Die Fratelli d´Italia sieht sich als Partei, die „sich im Namen der Volkssouveränität, der Freiheit, der Demokratie [...] an einer spirituellen Vorstellung des Lebens sowie an den Werten nationaler, liberaler und volkstümlicher Tradition orientiert“ (Satzung FdI, zit. nach De Petris, S. 3). Die Fratelli d´Italia beschäftigt sich vor allem mit der irregulären Einwanderung – sie befürwortet Seeblockaden und lehnt ein Staatsangehörigkeitsgesetz ab, das auf dem Geburtsortprinzip basiert. Gleichzeitig spricht sie der EU und der Wirtschafts- und Geldpolitik des Euroraums die demokratische Legitimität ab und bezichtigt stärkere EU-Staaten der übermäßigen Belastung der Währungsunion. Außerdem ist die Fratelli d´Italia gegen die Homo-Ehe und das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare (vgl. ebd.).

Die Lega Nord steht eher der nationalistisch-populistischen Rechten nahe, da sie die Einwanderung aus Nordafrika aus Angst vor Islamisierung der italienischen Gesellschaft ablehnt. Gegründet als norditalienische Separatisten-Partei, agiert sie seit 2013 mit Matteo Salvini als gesamtitalienische und souveränistisch ausgerichtete Partei (vgl. ebd.).

Der Autor führt im Hauptteil des Artikels an, dass die Lega Nord während der Corona-Pandemie die komplizierteste Ausgangslage hatte, um gegen das aus ihrer Sicht schlechte Krisenmanagement der Regierung in Rom Stimmung zu machen, da die vom Virus meistbetroffenen italienischen Regionen unter anderem von der Lega Nord regiert werden und für Gesundheitsangelegenheiten die einzelnen Regionen zuständig sind. Gleichzeitig hob die Lega Nord stets die Spitzenleistungen des lombardischen Gesundheitswesens hervor, das als eines der besten in Italien gilt.

Aus diesem Grund schlug Matteo Salvini einen recht ungewöhnlichen Kurs ein: Einerseits plädierte er für die Einschränkung der individuellen Bewegungsfreiheit (vor allem zu Beginn der Pandemie) und andererseits forderte er während der umfangreichen Schließungsmaßnahmen in Italien radikale Öffnungsstrategien und gab sich als „Mann des Volkes“, indem er sich mit den Kaufleuten und Arbeitnehmer*innen solidarisierte und ihre Sorgen und Ängste teilte (vgl. S. 4).

Auch die Forza Italia forderte Lockerungen und erlaubte durch eine Regionalverordnung ihrer kalabrischen Bevölkerung die Öffnung aller Lokale und Restaurants. Dies wurde jedoch vom regionalen Verwaltungsgericht nach einer Beschwerde der Zentralregierung schnell wieder einkassiert – sehr zum Missfallen der Forza Italia (vgl. S. 4f.).

Der Autor kommt zu dem Fazit, dass sich seit Beginn der Krise hauptsächlich die Lega Nord und die Fratelli d´Italia, weniger die Forza Italia gegen die Regierungsmehrheit stellte und auch gegen EU-Institutionen austeilte, indem sie diese für das Leid zahlreicher Italiener*innen verantwortlich machten. Zudem merkt er an, dass die italienische Rechte dieselbe Rhetorik der Gegensätze während der Corona-Pandemie einsetzte, wie bereits bei anderen Krisen in Italien.

Dabei wird von den Verteidiger*innen der italienischen Interessen ein in der rechtspopulistischen Rhetorik bekannter Gegensatz zwischen „uns (Italien)“ und „ihnen (EU, EZB, Deutschland usw.)“ erzeugt. Somit werden letztere zu den maßgeblichen Feinden Italiens auserkoren, die für die Krisensituation verantwortlich gemacht werden (vgl. S. 5).

Der Verfasser beendet den Artikel mit einer Prognose, welche Aussichten für die Zeit nach der Corona-Krise bestehen und kommt zu dem Ergebnis, dass dies – logischerweise – nicht wirklich vorherzusehen ist. Bei der Betrachtung der Zahlen ist erkennbar, dass die Zustimmungsrate der Lega Nord zurückgegangen ist, gestiegen ist diese jedoch bei der Forza Italia. Auch wenn sich dadurch die Konkurrenzfähigkeit von Matteo Salvini bei zukünftigen Wahlen nicht nennenswert verändern wird, ist daran zu erkennen, dass sich die Wählerstimmen innerhalb eines politischen Lagers stets hin und her bewegen und die italienische Rechte wie ein System „kommunizierender Röhren“ funktioniert (vgl. S. 6).

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