"Der Populismus ist der Schatten der repräsentativen Demokratie; er ist ein spezifisch modernes Phänomen. Im Athen der Antike gab es keinen Populismus. Demagogie sehr wohl, Volksverführer aller Art, die eine wankelmütige Masse von Mittellosen zu unvernünftiger Politik verleiten konnten, aber keinen Populismus. Populisten behaupten: »Wir sind das Volk!« Sie meinen jedoch – und dies ist stets eine moralische, keine empirische Aussage (und dabei gleichzeitig eine politische Kampfansage): »Wir – und nur wir – repräsentieren das Volk.« Damit werden alle, die anders denken, ob nun Gegendemonstranten auf der Straße oder Abgeordnete im Bundestag, als illegitim abgestempelt, ganz unabhängig davon, mit wie viel Prozent der Stimmen ein offizieller Volksvertreter ins Hohe Haus gewählt wurde. Alle Populisten sind gegen das »Establishment« – aber nicht jeder, der Eliten kritisiert, ist ein Populist. Populisten sind zwangsläufig antipluralistisch; wer sich ihnen entgegenstellt und ihren moralischen Alleinvertretungsanspruch bestreitet, gehört automatisch nicht zum wahren Volk."
Donnerstag, 2. Juni 2016
Zitat: Was ist Populismus?
Jan-Werner Müller schreibt in seinem hervorragenden Buch "Was ist Populismus?" (Suhrkamp Verlag 2016) auf Seite 18/19:
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