Freitag, 28. September 2018

(Rechts)Populismus - ein Definitionsversuch

Populismus - ein präsenter Begriff. Die Medien berichten über Populismus und diskutieren, ob dieser ein mögliches Korrektiv der Demokratie sein kann oder doch ausschließlich eine Gefahr für die Demokratie darstellt. Politiker benutzen den Begriff als Beleidigung und rätseln über einen richtigen Umgang mit Populisten. Wissenschaftler versuchen den Begriff einheitlich zu definieren und enden in Uneinigkeit über dessen Inhalt, Merkmale und Phänomene. Zeitgleich erfahren populistische Parteien in Europa immer mehr Zuspruch und erhalten erstaunlich viele Wählerstimmen. Die AfD (Alternative für Deutschland) zog im September letzten Jahres mit 12,6 % in den deutschen Bundestag ein.[1]

René Cuperus vergleicht die gegenwärtige Situation mit einem populistischen Elefanten, der durch die europäischen Gesellschaften trampelt. Aber trotz seiner ohrenbetäubenden Weckrufe schenken ihm die Regierungen kaum Beachtung:[2]


Doch wer genau ist dieser populistische Elefant? Eine einheitliche Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Schon oft hat man sich bemüht, Populismus zu definieren, doch „alle Versuche, das Phänomen des Populismus auf den Begriff zu bringen, haben immer wieder gezeigt, dass es zu komplex, kontextabhängig und veränderlich ist, um in knappen Definitionen erfasst werden zu können.“ [3]

Darüber, ob es sich beim Populismus ausschließlich um einen Politikstil, um eine mehr oder weniger umfassende Ideologie oder um eine Kombination aus beidem handelt, ist man sich uneinig.[4] Im Folgenden nähere ich mich einer Definition von Rechtspopulismus, indem zunächst die verschiedenen Verständnisarten von Populismus als Grundkonzept berücksichtigt werden.

Populismus in seiner einfachsten Form ist ein rhetorischer Stil, dessen Stilmittel ich genauer untersuchen werde. Kommt zu dieser populistischen Rhetorik noch eine Gegenüberstellung von ‚Volk‘ und ‚Elite‘ dazu, entsteht eine ‚dünne‘ populistische Ideologie. Wird eine Abgrenzung vorgenommen zwischen dem eigenen ‚Volk‘, der eigenen Nation und den ‚Anderen‘, den ‚Fremden‘, ist man beim Rechtspopulismus angelangt.[5]

Sonntag, 23. September 2018

Der Nationalkatholizismus und die PiS – eine Gefahr für die Demokratie in Polen?

Aufstieg der PiS – Recht und Gerechtigkeit

Eine skurrile Premiere auf politischem Terrain: Im Jahr 2001 gründen die Brüder Lech und Jaroslaw Kaczynski, zwei eineiige Zwillinge, die Partei Prawo i Sprawieliwosc kurz PiS (Recht und Gerechtigkeit) in Polen, mit der sie schon vier Jahre später die Parlamentswahlen für sich entscheiden. Mit Lech Kaczynskis Sieg bei der Präsidentschaftswahl einen Monate später ist den Brüdern ein kurioser Rekord geglückt, sie sind die ersten Zwillinge, die gemeinsam die Führung eines Landes übernehmen.

Will man verstehen, wie es dazu kommen konnte, ist ein Blick in die Vergangenheit Polens nötig. Seit dem Fall des Kommunismus 1989 ist Polen in einem dynamischen politischen und gesellschaftlichen Wandel begriffen, der alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens beeinflusste und in den Ländern des westlichen Europas Jahrzehnte gedauert hatte. Der Schritt hin zu einem kapitalistischen Polen spaltete die Gesellschaft. Einige konnten sich bereichern, doch ein Großteil der polnischen Bevölkerung sah sich als Verlierer dieser wirtschaftlichen Entwicklung und fühlte sich ausgestoßen und allein gelassen. Das Land hatte sich in zwei Lager geteilt, die sich unversöhnlich gegenüberstanden, was den Nährboden für den Populismus im heutigen Polen bildet (vgl. Hillebrand 2017, S.70-72).

An diesem Punkt setzten die Kaczynski Brüder 2005 mit ihrer Partei PiS an und fungierten als Sammelbecken für alle Polen, die sich im Stich gelassen fühlten. Die PiS versprach den Menschen, „die zügellos wütende Demokratie zu zähmen“ (Hillebrand 2017, S.71) und die Verlierer des polnischen Kapitalismus vor der gierigen Elite zu schützen. Die Kaczynski-Partei beruft sich damals wie heute auf Verschwörungstheorien und baut ihre Ideologie darauf auf, dass die Fehlentwicklung in Polen auf Machenschaften von Verrätern zurückzuführen sei. Die Polen seien ihrer Meinung nach immer noch nicht Herren über ihr eigenes Land (vgl. Hillebrand 2017, S.73).

Mittwoch, 19. September 2018

Der Chamäleon-Effekt und die United Kingdom Independence Party

In sechs Monaten ist es soweit und Großbritannien wird aus der EU austreten. Damit wurde das Ziel der United Kingdom Independence Party (UKIP) erreicht. Gerade jetzt verlassen aber Mitglieder die Partei, da der Rechtsruck für sie nicht mehr vertretbar ist. Als sie in die Partei eingetreten sei, ging es ihr nur um den EU-Austritt, sagt Caroline Jones im Interview mit der BBC.

Doch wie hat sich die Partei und ihr Programm über die Jahre verändert? Ist auch die UKIP eine Partei, die sich dem Chamäleon-Effekt bedient, wie viele andere rechtspopulistische Parteien es auch tun? Mit dieser Frage wird sich die Arbeit beschäftigen. 

Was ist der Chamäleon-Effekt?

Wie der Name schon sagt, bezieht sich dieser Effekt auf die Eigenschaft des Chamäleons, seine Farbe zu wechseln. Anders als oftmals geglaubt, ändern Chamäleons ihre Farbe nicht ausschließlich, um sich zu tarnen, sondern wechseln ihre Farbe je nach Gefühlslage, Temperatur oder Tageszeit. Fühlen sie sich kampflustig, nehmen sie eine rötliche Farbe an, werden schwarz, wenn sie einem Konflikt mit einem Rivalen aus dem Weg gehen wollen, oder besonders farbenfroh, wenn sie sich paaren wollen. Somit ist der Farbwechsel auch ein Mittel der Kommunikation für Chamäleons (vgl. GEO).

Ähnlich machen wir Menschen es auch. Wir gleichen unser Verhalten wie Gestik und Mimik unterbewusst an unseren Gesprächspartner an oder übernehmen Sprachgewohnheiten wie eine bestimmte Wortwahl unserer Mitmenschen, wenn wir viel Zeit mit ihnen verbringen. Werden wir angelächelt, lächeln wir oftmals automatisch zurück. Auch die Stimmungslage unserer Umwelt kann die eigene beeinflussen (vgl.Stangl, 2015). Studien haben gezeigt, dass solch ein Verhalten, welches auch als Mimikry bezeichnet werden kann, dazu beiträgt, zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen und zu verstärken und um als sympathisch wahrgenommen zu werden (vgl. Genschow, 2013).

Doch was hat das mit Politik zu tun? Auch in der Politik ist man auf Zustimmung angewiesen, sonst bleiben Wählerstimmen aus. Eine Partei und ihre inhaltlichen Schwerpunkte müssen die Interessen potenzieller Wähler ansprechen. Im Folgenden wird genauer untersucht, inwieweit sich die UKIP wie ein Chamäleon angepasst hat.

Donnerstag, 13. September 2018

Die jungen Wähler*innen und die AfD - warum wählt die Zukunft blau?

Nach den jüngsten Vorkommnissen in Chemnitz ist die Alternative für Deutschland (AfD) wieder in aller Munde. Die AfD hatte nach den tödlichen Messerstichen an Daniel H. durch je einen irakischen und einen syrischen Asylbewerber zu sogenannten Trauer- und Schweigemärschen aufgerufen. Auf den Bildern des Trauermarsches sah man neben den bekannten AfD-Führungskräften auch viele junge Menschen, die in Chemnitz auf der Straße standen und den Aufrufen der AfD gefolgt waren. Angsteinflößend ist hierbei die Nähe zu rechtsextremen Gruppen (Pegida, Pro Chemnitz), die klar den Neuen Rechten zugeordnet werden können.

Umso wichtiger erscheint es, dass die Gründe, warum Menschen in Deutschland für die AfD stimmen, analysiert und ausgewertet werden, um dem Rechtsruck in Deutschland entgegenzuwirken. Grundsätzlich bleibt die Frage bestehen, wie sich so eine Entwicklung in Deutschland in den letzten Jahren vollziehen konnte. Noch erschreckender erscheint, wenn man vielen Medienberichten Glauben schenken will, dass die meisten Wähler der AfD jung sein sollen. Die Jugend, die jungen Erwachsenen, ist anscheinend die Hauptwählergruppe der AfD. Ist das also die Zukunft Deutschlands? Wird die AfD die neue Volkspartei in Deutschland?

Im Jahr 2016 gab es eine groß angelegte Studie vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung über die AfD-Anhängerschaft, die Wählerschaft der AfD lässt sich nach der Studie wie folgt zusammenfassen: jung, männlich, ostdeutsch (vgl. DIW Berlin 2016). Doch steht die AfD bei den jungen Wähler*innen wirklich so hoch im Kurs? Wird unsere zukünftige Volkspartei wirklich die AfD sein? Tragen die sozialen Medien möglicherweise einen Großteil zur aktuellen Stimmung unter jungen Wähler*innen bei? Hat die AfD daher die besten Strategien, auch im Bereich soziale Medien? Und welche Rolle spielt die Junge Alternative (JA) im Hinblick auf junge Wähler*innen?

Ein Blogeintrag über dieses Thema kann höchstens einen groben Überblick über die Bandbreite des Themas geben. Für angehende Lehrer*innen sollte gerade der Blick für die jungen Wähler*innen geschärft werden, denn auch die Schule trägt ihren, wenn auch kleinen Teil zur politischen Sozialisation von Schüler*innen bei. Häufig wird die Jugend beziehungsweise die junge Wählerschaft aus dem Blickfeld verloren. Hier soll es nun um genau diese Gruppe gehen.