Mittwoch, 20. Juli 2022

Christliche Rechte und die AfD

In diesem Beitrag stellt Sophia Hummel folgenden Text vor:

Hammel, Laura / Teidelbaum, Lucius (2020): Die AfD – Eine Wahlalternative für die christliche Rechte?, Die AfD – Eine Wahlalternative für die christliche Rechte? | Heinrich Böll Stiftung Baden-Württemberg (boell-bw.de)

Laura Hammel und Lucius Teidelbaum durchleuchten in diesem Dossier verschiedene Organisationsformen der christlichen Rechten und deren Verbindung zur AfD. Dabei werden einige Funktionäre und andere Mitglieder der AfD vorgestellt und aufgezeigt, inwiefern diese und Organisationen der christlichen Rechten miteinander verknüpft sind. Außerdem gehen die Autoren auf die Proteste rund um die Protestaktion „Demo für alle“ ein und analysieren, wie das Verhältnis der christlichen Rechten zur AfD zu deuten ist.

Zunächst wird der Begriff „christliche Rechte“ definiert. Dieser umfasst konservative bis hin zu fundamentalistischen christlichen Strömungen, die sich auf religiöse Schriften als verbindliche Normen berufen. Diese enthalten Vorgaben innerhalb des Geschlechterbilds und der Einstellung zur Homosexualität oder zu Schwangerschaftsabbrüchen.

Diese Strömungen seien vor allem in katholisch-traditionalistischen, evangelikal-landeskirchlichen und evangelikal-freikirchlichen Spektren zu finden. 2005 wurde von 1,3 Millionen Evangelikalen ausgegangen, dabei seien im Jahr 2008 300.000 davon fundamentalistisch eingestellt. Zu den Konservativen gibt es keine verlässlichen Zahlen, dennoch seien diese auf mehrere hunderttausend Personen zu beschränken.

Zur christlichen Rechten zählt man nicht schon, sobald man aus religiösen Überzeugungen abgeleitete konservative Positionen bildet. Man kann erst von einer rechtsklerikalen Haltung sprechen, wenn diese aus religiösen Schriften abgeleiteten Normen für die gesamte Gesellschaft gelten sollen. Aktive Mitglieder der christlichen Rechten, die sich in Organisations- und Protestformen engagieren, gelten als Minderheit.

Auch die AfD versucht, innerhalb der christlichen Rechten Fuß zu fassen, und bildete 2013 den „Pforzheimer Kreis“ der sich später zur ChrAfD, den „Christen in der Alternative für Deutschland“ bildete. Viele heutige Mitglieder der AfD haben in der Vergangenheit in christlich rechten Organisationen mitgewirkt. Darunter sind beispielsweise Martina Kempf und Alois Degler, die von christlichen Organisationen zur AfD gekommen sind. Das gilt auch für Aktivist:innen der CDU wie das Ehepaar Malte und Anne-Dominique Kaufmann.

Viele Funktionäre der AfD, wie der Bundestagsabgeordnete Volker Münz, der Landtagsabgeordnete Daniel Rottmann, der kurzzeitige Landtagsabgeordnete Markus Widemeyer und der Europaabgeordnete Hans Joachim Kuhs waren bereits innerhalb christlich rechter Organisationen aktiv, unter anderem der „Arbeit, Umwelt, Familie - Christen für Deutschland“ (AUF) oder der „Partei Bibeltreuer Christen“ (PBC).

Im Winter 2013, wenige Monate nach der Gründung der AfD, entstand das antifeministische, homo- und transphobe Protestphänomen „Demo für alle“. Dies startete anfänglich als eine Online-Petition gegen Änderungen im Bildungsplan, u.a. zum Thema sexuelle Vielfalt, und entwickelte sich zwischen 2014 und 2016 zu sieben Demonstrationen. Dabei nahm das Ehepaar Beatrix und Sven von Storch, beide Mitglieder der AfD, sowie die beiden Netzwerke „Initiative Familienschutz“ und „Zivile Koalition“ erheblichen Einfluss auf die Protestaktion.

Die „Demo für alle“ habe, so die Autoren, mit Hilfe der Themensetzung ein unpolitisches christlich-konservatives Milieu polarisiert, das aufgrund inhaltlicher Gemeinsamkeiten zusammen mit rechten und rechtsextremen Gruppierungen auf der Straße demonstrierten. Außerdem sind hierbei vermehrt AfD-Mitglieder an den Protesten und der Organisation der Proteste beteiligt gewesen.

Nachdem das Ziel der Protestaktion fehlschlug und die Änderungen im Bildungssystem in Baden-Württemberg zugelassen wurden, wurden die Proteste weniger und die „Demo für alle“ entwickelte sich zu einer jährlichen Tagung rund um die Ziele der Bewegung. Diese gilt heute eher als Vernetzungsangebot für die christlich-fundamentale Szene.

Des Weiteren wurden durch die Protestbewegung 2016 bis 2017 Bustouren organisiert, die sich verstärkt überparteilich und politisch unabhängig darstellten. Dies sei laut den Autoren ein Versuch, wieder konservative Strömungen anzusprechen, ohne die AfD aktiv auszuschließen. Dadurch entfremdeten sich schließlich die „Demo für alle“ und die AfD. Im Text wird abschließend noch angesprochen, dass das fundamentalistisch-konservative Milieu und die rechten Kräfte zwar einige inhaltliche Überschneidungen haben, die christlichen Rechten dennoch einen zu gering ausgeprägten völkischen Nationalismus, der für die rechten Parteien charakteristisch ist, aufweisen.

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