Dienstag, 26. Juli 2022

Femonationalismus in Deutschland

In diesem Beitrag stellt Daniela Armbruster folgenden Text vor:

Bulla, Victoria (2021): Frauen und Rechte – Femonationalismus in Deutschland; in: onlinejournal kultur & geschlecht #27/2021, online unter: https://kulturundgeschlecht.blogs.ruhr-uni-bochum.de/wp-content/uploads/2021/07/Bulla_Femonationalismus_finalo-1.pdf.

Die Autorin gibt zunächst einmal an, dass es vor allem seit 2014 zu einem Erstarken der rechtspopulistischen Parteien kommt. Wobei dies nicht nur in Deutschland (AfD) der Fall ist, sondern auch in anderen europäischen Ländern. Eine Besonderheit dieser Parteien liegt darin, dass sie ihre antimuslimischen Ansichten mit "feministischen" Aussagen vermischen. Sie rechtfertigen ihre islamophoben Einstellungen mit angeblichem Feminismus. Dafür nutzen sie allerdings nur die Aspekte des Feminismus, die ihnen in diesem Fall einen Vorteil bringen. Sie wollen beispielweise durch Gleichberechtigung der Geschlechter aufzeigen, dass muslimische Männer die Rechte von Frauen nicht respektieren können. So wollen sie den eigentlichen Grund für ihr Handeln, den Rassismus, verschleiern.

Zu ihrem Aufsatz inspirieren lassen hat sich die Autorin von der Autorin Sara R. Farris, die den Begriff Femonationalismus einführte. Der Begriff gibt die Verbindung einer nationalistischen Ideologie und einigen feministischen Idee wieder. Der Feminismus wird demnach für eine rechte politische Agenda benutzt. Bulla erweitert das Konzept um die deutsche Perspektive.

Es existieren drei Dimensionen des Femonationalismus, die politische, die neoliberale und die feministische Dimension, wobei in allen drei Dimensionen der muslimische Mann als Unterdrücker verkörpert wird. Muslimische Frauen werden generell als die Opfer ihrer Gewalt dargestellt. Die neoliberale Dimension ist die Auffassung einer ökonomischen Funktion, welche zeigt, dass sexistischer Nationalismus mit neoliberalen Strategien der Marktsegmentierung einhergeht. Dies geschieht beispielweise bei Integrationsprogrammen für Migrant*innen, indem sie die kulturellen Werte der europäischen Staaten anerkennen müssen, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Unter der feministischen Dimension ist die Verteidigung von Frauenrechten durch europäische Feminist*innen zu verstehen. Diese Verteidigung wird allerdings hauptsächlich genutzt, um sich gegen Muslim*innen zu stellen.

Für Rechtspopulisten sind die oben erwähnten Geschlechterrollen ein großer Vorteil. Sie zeigen sich heutzutage gern als "Feministen", während sie früher eine klare antifeministische Haltung zeigten. Dadurch wollen sie zeigen, dass sie als einzige Partei die Frauen vor dem angeblichen islamistischen Mittelalter schützen können. Es wird außerdem versucht, das vermeintliche westliche Ideal der Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann den nicht-westlichen und muslimischen Migrant*innen aufzuzwingen. So wollen sie die Übernahme der westlichen Werte und Haltungen sichern.

Die Grundlage der neurechten Ideologie bildet der Nationalismus. Frauen werden hier nicht individuell betrachtet, sie sind dafür da, Kinder zu gebären und so die Nation zu sichern. Es gilt, sie vor allem vor nicht-westlichen Migranten zu beschützen. Rechte Ideologien vergleichen Frauen gerne mit Nationen, da auch die Nation vor nicht-westlichen Migranten beschützt werden müsse.

Bulla erweitert das Konzept des Femonationalimus um die deutsche Perspektive. Dafür nutzt sie ein Wahlplakat der AfD zur Bundestagswahl 2017. Auf dem Wahlplakat ist zu lesen „Bunte Vielfalt? Haben wir schon.“ Das bezieht sich auf die Einwanderungsgesellschaft, eine Gesellschaft, die Menschen aus verschiedenen Nationen und Kulturen beinhaltet, was die AfD nicht haben will. Sie ist der Meinung, dass Deutschland keine Einwanderungsgesellschaft sei und auch keine werden sollte.

Die ‚deutsche Kultur‘ muss genauso wie die deutschen Frauen vor nicht-westlichen Männern und Kulturen beschützt werden. Auf dem Plakat sind drei Frauen in verschiedenen Trachten zu sehen, was die bunte Vielfalt der ‚deutschen Tradition‘ bzw. der ‚deutschen Kultur‘ darstellen soll. Diese Kultur soll nicht von äußeren Einflüssen gestört oder verändert werden. Die Tracht bzw. das Dirndl wird von Nationalist*innen genutzt, um die Ausgrenzung von Jüd*innen zu symbolisieren, da ihnen im Nationalsozialismus verboten wurde, ein Dirndl zu tragen. Alle getragenen Trachten stammen aus verschiedenen Regionen Deutschlands. Die Frauen stellen hier also Deutschland dar.

Zwei Frauen tragen einen tief ausgeschnittenen Ausschnitt, was auf die Möglichkeit der Freizügigkeit in Deutschland hinweisen soll. Damit wollen sie der islamischen Kultur entgegentreten, da sich muslimische Frauen angeblich bedecken müssen. Eine der drei Frauen trägt allerdings keinen Ausschnitt, dafür aber eine Kopfbedeckung, welche ihr gesamtes Haar bedeckt. Damit will die AfD aussagen, dass es sie nicht stört, wenn eine Frau sich bedeckt, solange keine nicht-westlichen Kulturen der Grund dafür sind.

In der gesamten Abbildung des Wahlplakates zeigt sich ein klares femonationalistisches Narrativ. Sie zeigt ein klares Bild davon, wer nach Ansicht der AfD zum Volk gehört und wer nicht. Der angebliche Schutz der deutschen Frauen und Kultur ist nur dafür da, um den Islam und generell nicht-westliche Kulturen zu diskriminieren. Die AfD und andere europäischen rechtspopulistischen Parteien nutzen das Thema der Frauenrechte dafür, um Angst zu verbreiten und diese für sich und ihre Ideologien zu nutzen.

Durch das Aufzeigen der Unterschiede zwischen der westlichen bzw. deutschen und der nicht-westlichen bzw. islamischen Kultur soll die Angst vor dem Islam verstärkt werden. Dafür wurde beispielweise auch der Vorfall in der Silvesternacht 2015/2016 genutzt. Danach wurden feministische Argumente unter anderem für das europäische Grenzregime genutzt. Die Vorstellung von Gleichberechtigung wurde als Rechtfertigung für den Vorrang der europäischen Kultur genutzt.

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