Dienstag, 6. Juli 2021

Medienstrategie des Rechtspopulismus

In diesem Beitrag stellt Jana Eisenhardt folgenden Text vor:

Hillje, Johannes (2019): Propaganda 4.0 von Europas Rechtspopulisten; Online-Dossier "Digitale Desinformation" der Bundeszentrale für politische Bildung; https://www.bpb.de/gesellschaft/digitales/digitale-desinformation/290580/propaganda-4-0-von-europas-rechtspopulisten.

In der heutigen Zeit sind Ursachen sowie Mittel für den Erfolg rechtspopulistischer Parteien unmittelbar miteinander verbunden. Aber was sind eigentlich Gründe für den Aufstieg von Rechtspopulisten? Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, da es viele Faktoren sind, die bei diesem Phänomen zusammenwirken. Einige Beispiele hierfür, die von Hillje angeführt werden, sind die „Wirtschafts- und Währungskrise, Migrationsbewegungen oder soziale Ungleichheit".

Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass diese Punkte nicht alleine für den Aufstieg verantwortlich sind. Es ist vielmehr ein Zusammenspiel von organisatorischen und kommunikativen Strategien, welche rechtspopulitische Parteien bis ins kleinste Detail beherrschen. Dieser besondere Kommunikationsstil unterscheidet sich sehr von dem der etablierten Parteien, da Tatsachen durch ihn vereinfacht, emotionalisiert, polarisiert und skandalisiert werden, so Hillje in seinem Beitrag für die bpb.

Die Medienstrategie, mit welcher rechtspopulistische Kräfte vor allem in Europa polarisierten, lässt sich als „Propaganda 4.0“ bezeichnen. Propaganda 4.0 bezeichnet in diesem Fall einen „neuartigen Typ der politischen PR […], der seine Wirkmacht durch das integrative Zusammenspiel digitaler und klassischer Kommunikationsformen entfaltet“. Sie besteht nach Hillje aus den folgenden vier Elementen:

  • Delegitimierung klassischer Medien
  • Schaffung von digitalen Alternativmedien
  • Bildung einer kollektiven Identität mit Hilfe eigener Digitalkanäle
  • Strategisch-instrumentelles Verhältnis zu journalistischen Massenmedien

Im Folgenden werde ich auf zwei dieser Elemente genauer eingehen – zum einen auf das Netzwerk neurechter „Alternativmedien“, zum anderen auf die Schaffung einer kollektiven Identität unter den Anhängern rechtspopulistischer Parteien.

Der Bedarf nach Alternativmedien in rechtspopulitischen Kreisen steigt stetig, da die sogenannte „Lügenpresse“ nach Angaben rechtspopulitischer Anhänger ständig Unwahrheiten verbreite. Die Parteien entwickeln aus diesem Grund eigene Nachrichtenportale auf Facebook, Twitter oder Instagram, um dort "wahrhaftig" berichten zu können.

Die Reichweite sowie die Dominanz der Populisten in Sozialen Medien kann man sehr gut an ihren Followerzahlen erkennen. In Deutschland ist beispielsweise die AfD führende Partei in den Sozialen Netzwerken, in Österreich die FPÖ. Entscheidend für den enormen Erfolg dieser Parteien sind jedoch nicht nur die Followerzahlen, sondern auch die Reichweite der Beiträge, die gepostet werden.

Auffallend ist hierbei, so Hillje, dass Populisten in ihren Beiträgen mit Emotionen spielen und das Publikum direkt animieren zu reagieren. Analysedienste wie die Fanpage Karma haben vor einiger Zeit nachgewiesen, dass emotionale Facebook-Posts ca. zehn Mal mehr Interaktion bekommen als sachliche Posts. Aus diesem Grund erreicht die AfD mit einigen Beiträgen Reichweiten im Millionenbereich – Zahlen, wovon andere Parteien nur träumen können. Rechtspopulistische Parteien sehen diese PR als eine Art Korrektur zu den „´verzerrten und z.T unwahr´ informierenden ´Alt-Medien´“.

Die Strategie rechtspopulistischer Parteien geht auf. Populistische Wähler konsumieren täglich Nachrichten vor allem über Soziale Netzwerke. Studien haben sogar nachgewiesen, dass es einen erheblichen Zusammenhang zwischen der verstärkten Nutzung von Social Media und der Skepsis gegenüber der EU gibt, wie Hillje berichtet.

Interessant ist ebenfalls, dass sich einige rechtspopulitische Parteien aus Österreich, Frankreich und Deutschland bewusst in den Sozialen Netzwerken gegenseitig zitieren und verlinken, um eine noch größere Reichweite zu erreichen. Ihnen gelingt so die „Schaffung einer digitalen Gegenöffentlichkeit, die durchaus transnationale Züge aufweist“.

Die auffällige Wirkmacht von neurechten Mediensystemen entsteht unter anderem auch durch die Verbreitung von ganz bestimmten Narrativen. Ein Beispiel hierfür ist die Migration bzw. die Islamisierung, welche so gut wie täglich auf Posts in den Sozialen Medien angesprochen wird. Durch all diese Narrative wird eine kollektive Identität unter den Anhängern geschaffen, wodurch ein „Wir gegen das unterdrückende System“-Gefühl entsteht.

All diese Dinge bringen einige Herausforderungen für die europäischen Demokratien mit sich. Nutzer*innen von Sozialen Medien sind immer mehr gefordert, da sie Wahres von Unwahrem unterscheiden müssen. Menschen müssen heutzutage mit einer viel anspruchsvolleren Informationskompetenz ausgestattet sein, um nicht Gefahr zu laufen, ständig manipuliert zu werden.

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