Mittwoch, 21. Juli 2021

Anti-Gender-Diskurs des Rechtspopulismus

In diesem Beitrag stellt Anna Lena Binder folgenden Text vor:

Mayer, Stefanie (2021): Anti-Gender-Diskurse - vom „gesunden Menschenverstand“ zur „Politik mit der Angst“; in: Strube, Sonja A. / Perintfalvi, Rita / Hemet, Raphaela / Metze, Miriam / Sahbaz, Cicek (Hrsg.): Anti- Genderismus in Europa; transcript Verlag, S. 35-49; online unter: https://www.degruyter.com/document/doi/10.14361/9783839453155-003/html.

Mayers Beitrag beschäftigt sich mit der in den letzten 10 bis 15 Jahren immens gestiegenen Bedeutung von Anti-Gender-Diskursen als Strategie rechtspopulistischer Parteien und Gruppierungen. Ihre Analyse basiert auf Texten österreichischer Autor*innen und Gruppierungen sowie auf „Analysen der Bildung neuer, rechter, politisch-religiöser Allianzen im Rahmen von Anti-Gender-Mobilisierungen“ (S. 36).

In diesem Zusammenhang fällt der Begriff „Scharnierdiskurs“, den Juliane Lang in „Familienpopulismus und Antifeminismus als Kitt zwischen extremer Rechter und der „Mitte der Gesellschaft““ erklärt, der den neuen Antifeminismus beschreibt. Das Scharnier besteht zwischen Akteur*innen, die eine unterschiedliche ideologische Positionierung haben, den Alltagserfahrungen, dem sogenannten „gesunden Menschenverstand“ und der Verschränkung von Elementen rechter Ideologien.

Mayer definiert Rechtspopulismus als „spezifisches Weltbild“, das politische Themen als „Freund-Feind-Schemata“ (S. 37) erfasst. Das Schema kann mit verschiedenen ideologischen Merkmalen gefüllt werden. Die dadurch entstehenden Feindbilder sind von Thema und Kontext abhängig, jedoch bleibt die rechtspopulistische Diskursstruktur konstant. Die Diskursstruktur hat drei wesentliche Funktionen:

  • Erstens erlaubt sie die „Konstruktion eines identitär verstandenen Vertretungsanspruchs“ (S. 39). Hierbei wird nicht die Vertretung von Meinungen und Interessen versprochen, sondern das Schaffen einer Welt, in der „die Anderen“ machtlos sind. Der Kampf gegen Gender schweißt in diesem Kontext politisch rechts orientierte Teile der Bevölkerung zusammen.
  • Zweitens, so Mayer, schafft eine Verdoppelung des Feindbildes eine ausschlaggebende Dramatisierung politischer Themen. Das konstruierte Feindbild besteht aus der Elite und den „Anderen“. Es legitimiert Aggression und Angriffe auf Minderheiten, die eine abweichende sexuelle Orientierung oder ein anderes Verständnis gegenüber Geschlechtern haben.
  • Die dritte Funktion der rechtspopulistischen Diskursstruktur erlaubt Strategien bewusster Ambivalenz und große Flexibilität durch die Verdopplung des Feindbildes. Ziel dabei ist es, die Heterogenität der Adressat*innen zu verschleiern und sich gegen Kritik zu schützen.

Antifeminismus ist nicht nur eine politische, sondern auch eine religiöse Thematik. Die zentrale Grundlage bildet in beiden Fällen die „Essentialisierung von Geschlechterverhältnissen und Sexualitäten“ (S. 41), die als natürlicher, biologisch bestimmter Sachverhalt verstanden wird. Dieses Normativitätsargument der „Natur“ wird rhetorisch von Akteur*innen häufig als „Totschlag- Argument“ verwendet.

Ein wichtiger Akteur der Antifeminismus Debatte ist laut Mayer die Familie. Meistens wird die enorme Bedrohung der „natürlichen“ Familie in Argumentationen verwendet. Hierfür werden die Selbstbestimmung der Frau, die erlaubten Abtreibungen oder das Recht auf Adoption für gleichgeschlechtliche Paare als einflussreiche Faktoren angeführt (vgl. S. 43).

Zusammenfassend ist Antifeminismus nicht nur ein strategisches Werkzeug für rechte Politik, sondern schafft auch rechtspopulistische identitäre Beziehungen zwischen Akteur*innen und Adressat*innen und fördert die Bildung von Allianzen in politischen und religiösen Milieus (vgl. S. 46).

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