Dienstag, 29. Dezember 2020

Priester: Konservatismus und Rechtspopulismus in Deutschland

In diesem Beitrag stellt Luca Blaszczyk folgenden Aufsatz vor:

Priester, Karin (2015): »Erkenne die Lage!«. Über die rechtspopulistische Versuchung des bundesdeutschen Konservatismus; in: INDES, Zeitschrift für Politik und Gesellschaft 3/2015, S. 84-92 (Online-Version).

In dem Aufsatz »Erkenne die Lage!« schreibt Karin Priester „über die rechtspopulistische Versuchung des bundesdeutschen Konservatismus“, also wie sich der bundesdeutsche Konservatismus dem Rechtspopulismus bedient und annähert. Zuerst führt sie auf, was Konservatismus eigentlich bedeutet. Konservatismus ist nicht gleichzusetzen mit Traditionalismus. Erst wenn an Traditionen gerüttelt wird und diese bröckeln, rückt der Konservatismus ins Licht. Demnach ist der Konservatismus, wie auch der Populismus, ein Reaktionär auf den schnellen gesellschaftlichen Wandel, den Statusverlust und die Entwertung der Kultur (vgl. S. 84).

Konservatismus beruht auf den immer gültigen „vier Glaubensartikeln: Skeptizismus, menschliche Unvollkommenheit, pessimistisches Menschenbild und von Gott oder der Natur gewollte Rangunterschiede unter den Menschen“ (S. 85). Es geht dem Konservatismus nicht grundsätzlich darum, Neues zu verhindern, sondern eher die Geschwindigkeit des Wandels zu verlangsamen. Nach Alexander Gauland ist vor allem der Kampf gegen das Tempo der Veränderung wichtig (vgl. S. 85).

Mittwoch, 23. Dezember 2020

Decker: Rechtspopulismus als Gefahr für die Demokratie?

In diesem Beitrag stellt Adriana Müller folgenden Aufsatz vor:

Decker, Frank (2020): Rechtspopulismus in Europa – eine Gefahr für die Demokratie?; in: Fromm Forum 24/2020, S. 90-98 (Online-Version).

In dem Aufsatz von Prof. Dr. Frank Decker wird anfangs erörtert, wie sich rechtspopulistische Parteien ausbilden und weiterentwickeln konnten. Als Grundlage des Aufsatzes dient die Leitfrage, ob der Rechtspopulismus in Europa eine Gefahr für die Demokratie darstellt.

In den 1980er Jahren bildeten sich in vielen westeuropäischen Staaten sogenannte „rechtspopulistische“ Parteien aus. Der Begriff „Populismus“ leitet sich von dem Wort „populus“ für „Volk“ ab. Mit dem Rechtspopulismus bildete sich eine neue Art der Politik und der Parteien heraus. In den Anfängen und auch noch bei den ersten Wahlerfolgen sprach man noch von „Protestparteien“, bei denen man sich sicher war, dass diese zügig wieder verschwinden würden. Es kam jedoch anders, die Parteien blieben und konnten ihren Erfolg erweitern – auch in weiteren Staaten trat nun das Phänomen „Rechtspopulismus“ auf.

Samstag, 19. Dezember 2020

Studie zu Sprache und Rhetorik der AfD

Vor wenigen Tagen wurden die Ergebnisse einer Studie von Heidrun Kämper veröffentlicht, die im Auftrag von SWR und Deutschlandfunk Sprache und Komunikationsstil der AfD im baden-württembergischen Landtag untersucht hat. Die wichtigsten Ergebnisse kann man im folgenden Artikel auf der SWR-Website nachlesen oder man kann sich ein Gespräch mit Heidrun Kämper als Podcast anhören:

  • SWR Aktuell: Katharina Thoms / Markus Pfalzgraf: Störfall für die Demokratie? Wie sich mit der AfD die Debattenkultur im Landtag von Baden-Württemberg verändert hat 
  • SWR2 Aula Podcast: Neue Studie belegt: Die AfD hat die Sprache in der Politik verändert; Heidrun Kämper im Gespräch mit Ralf Caspary

Freitag, 11. Dezember 2020

Studie: PEGIDA und Jugendliche

In diesem Beitrag stellt Mareike Gründler folgenden Aufsatz vor:

Trittel, Katharina / Schenke Julian (2020): PEGIDA: Rechtspopulistischer Protest als Schlüsselthema zur Erschließung jugendlicher Mentalitäten?. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft: 23, S. 1179-1200 (https://link.springer.com/article/10.1007/s11618-020-00977-3).

In dem Aufsatz werden die Auswirkungen und Anknüpfungspunkte des Protestphänomens PEGIDA auf die (post-)adoleszenten politischen Mentalitäten in einem sich verändernden politischen Klima diskutiert. Grundlage des Artikels sind die Ergebnisse der Studie „Die Jugend im Bann von PEGIDA? Zur Erforschung einer neuen zivilgesellschaftlichen Gefahr für die Demokratie.“ Diese wurde vom Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend gefördert und vom Göttinger Institut für Demokratieforschung durchgeführt (vgl. S. 1179f.).

Der Publikation liegen zwei Fragestellungen zugrunde. Zum einen wird nach dem Anklang von PEGIDA in den Jahren 2016-2017 bei Jugendlichen gefragt. Zum anderen werden die identifizierten Themen von PEGIDA fokussiert, welche „unbewusst“ Anklang bei Jugendlichen finden. Es werden Themenfelder wie Demokratie, Politik und gesellschaftliches Zusammenleben in der Studie betrachtet. Von Interesse ist sowohl die diskursiv verhandelte politische Deutungskultur der Jugendlichen als auch ihre unterbewussten handlungsleitenden politischen Weltbilder und latente Selbstverständlichkeiten (vgl. S. 1181, 1184).

Gegenstand des Artikels ist daher „die Jugend“ und ob diese Spuren von politischer Polarisierung zeigt. Von Interesse sei dies, da Jugendliche als „Hoffnungsträger der Zukunft“ angesehen werden (vgl. S. 1180, 1182). Zugleich wird im Artikel Abstand von der Bezeichnung „einer Jugend“ genommen, da sie keine Einheit, sondern eine heterogene soziale Gruppierung sei, jedoch mit vergleichbaren Lebenslagen, Erfahrungsräumen und Präferenzmustern. Da die politische Urteilsbildung sich bis über das 30. Lebensjahr vollzöge, wurde unter „Jungen“ eine Altersgruppe zwischen 16 - 35 Jahren verstanden (vgl. S. 1183).

PEGIDA

Für bundesweites Aufsehen sorgte das neuartige rechtspopulistische Protestbündnis PEGIDA („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) seit dem Winter 2014/15. Von Dresden aus verbreiteten sich Ableger der Protestbewegung in einigen Städten Deutschlands. PEGIDA tat damals ihr Misstrauen gegen Zuwanderung von Flüchtlingen und vor allem von Muslimen laut kund. Gleichzeitig zeigten sie ihr fundamentales Misstrauen gegenüber dem politischen Establishment und den Medien auf. Dies taten sie basierend auf dem selbsterklärten „Volkswillen“.

Mittwoch, 14. Oktober 2020

Webinar "Populistischen Parolen Paroli bieten"

Im Webinar „Populistischen Parolen Paroli bieten“ der Landeszentrale für politische Bildung sind noch Plätze frei! Melden Sie sich kurzfristig an!

Termin: Das Webinar umfasst drei Sitzungen à 120 Minuten 
Dienstag, 20. Oktober, 17.00 Uhr – 19.00 Uhr
Mittwoch, 21. Oktober, 17.00 Uhr – 19.00 Uhr
Donnerstag, 22. Oktober, 17.00 Uhr – 19.00 Uhr
Leitung: Ulrike Schnellbach (www.schreib-gut.de)
Kosten: 40,00 EUR
Anmeldung: christine.kuntzsch@lpb.bwl.de

„Die meisten sind keine echten Flüchtlinge, sondern wollen nur ein besseres Leben.“ „Das sind alles starke junge Männer, die es auf unsere Frauen abgesehen haben.“ „Statt zu arbeiten, nutzen sie unsere Sozialsysteme aus.“ So sprechen viele Menschen über Flüchtlinge: mit pauschaler Abwertung, die Sozialneid und Fremdenfeindlichkeit schürt. Vorurteile gegenüber Geflüchteten sind nur ein Aspekt des um sich greifenden Rechtspopulismus. Hinzu kommen Diskriminierung von Minderheiten, Rassismus, Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit, Verachtung demokratischer Institutionen und Hass auf vermeintliche „Eliten“. All das begegnet uns fast täglich bei der Arbeit, in Vereinen, auf der Straße, in den Medien oder auch im Bekanntenkreis: Menschen aus anderen Ländern, mit einem anderen Glauben oder einer anderen Lebensweise werden ausgegrenzt, verunglimpft, beschimpft.

Wie soll man darauf reagieren? In diesem Webinar entwickeln wir Strategien, wie wir Vorurteilen und Hass begegnen, Scheinwahrheiten hinterfragen und zumindest ein Nachdenken bewirken können. Denn populistische Parolen, die unwidersprochen bleiben, gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt und höhlen Toleranz und demokratische Kultur aus.

Dienstag, 29. September 2020

Front National und Alternative für Deutschland – ein Vergleich

Einleitung

 

(Video 1: AfD TV Rheinland-Pfalz (2017): ENF in Koblenz: Rede Dr. Frauke Petry (AfD). Zugriff am 14.09.2020 unter https://www.youtube.com/watch?v=EjyEOFZl1fs)

Das Video zeigt die ehemalige Vorsitzende der AfD, Frauke Petry, auf der ENF-Konferenz in Koblenz 2017. Die ENF-Fraktion (Europa der Nationen und der Freiheit) ist eine ehemalige Fraktion im Europäischen Parlaments. Mitglieder waren verschiedene rechtspopulistische Parteien wie beispielsweise der französische Front National (FN) oder auch die österreichische FPÖ. Nachfolger der ENF ist die Fraktion Identität und Demokratie, welcher sowohl die AfD als auch der FN angehört.
 
Direkt zu Beginn ihrer Rede drückt Petry die Nähe der AfD zu anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa aus und spricht von einer neuen „Allianz“ in Europa. Hierbei begrüßt sie explizit Marine Le Pen. Diese ist Parteivorsitzende des französischen FN. Durch den Wandel beider Parteien kommt unter anderem das französische Nachrichtenmagazin L’Express zu dem Schluss, dass sich die beiden Parteien mittlerweile sehr ähneln (vgl. Kuchenbecker 2017, S.173). So scheint der FN in Frankreich unter Marine Le Pen moderater zu werden und versucht sich von dem rassistischen, antisemitischen und rechtsextremen Image unter Jean-Marie Le Pen abzugrenzen, während die AfD in den letzten Jahren einen deutlichen Rechtsruck erfahren hat. 

Daher soll in der folgenden Seminararbeit der Frage nachgegangen werden, welche Gemeinsamkeiten AfD und FN heute aufweisen und in welchen Bereichen sie sich unterscheiden. Zur Beantwortung dieser Frage wurden verschiedene Themenbereiche ausgewählt, die für beide Parteien jeweils aufgezeigt und im Fazit miteinander verglichen werden. Um die Übersichtlichkeit beizubehalten, werden die jeweiligen Bereiche beider Parteien gesondert beleuchtet und abschließend die daraus resultierenden Unterschiede und Gemeinsamkeiten zusammengefasst.
 
Aufgrund der begrenzten Länge der Arbeit können nur die wesentlichen Merkmale der einzelnen Themenbereiche aufgezeigt werden. Somit zielt die Arbeit nicht darauf ab, die Bereiche in ihrem vollen Umfang aufzuzeigen. Es soll vielmehr ein Überblick gegeben werden, welcher einen abschließenden Vergleich zulässt.
 
Zuerst werden die Entstehung und der politische Werdegang der beiden Parteien thematisiert. Anschließend geht die Autorin auf die wesentlichen Bereiche der Programmatik des FN und der AfD ein. Daraufhin werden die Rhetorik und die Öffentlichkeitsarbeit der beiden Parteien beleuchtet. Einen weiteren Themenbereich stellen die Wählerschaft und die Wahlerfolge der beiden Parteien dar. Auf Grundlage des Vorangegangenen folgt die Verortung der Parteien im Parteiensystem. Zuletzt werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb der zuvor behandelten Themenbereiche zusammengefasst.

Freitag, 7. August 2020

Chronologie: Koalition mit der FPÖ (2000)

Dies ist ein Hintergrundtext von Mareike Gebauer zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

2000: FPÖ wird Teil der Regierungskoalition unter dem ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel

Durch die Regierungsbildung nach der Nationalratswahl 1999 wurde die bisherige Koalition aus SPÖ und ÖVP abgelöst. Dies veränderte das Gesicht der Zweiten Republik Österreichs. Beobachtern zufolge deutete vor der Nationalratswahl nichts auf eine Wende in der Regierung hin. Wie es dennoch zu einer Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen Partei FPÖ unter dem Parteivorsitzenden Jörg Haider kommen konnte, beschreibt der folgende Beitrag.

Donnerstag, 6. August 2020

Chronologie: Anschlag in Halle (2019)

Dies ist ein Hintergrundtext von Markus Schüle zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

2019: Antisemitischer Anschlag in Halle

Am 9. Oktober 2019 wird Deutschland aufgeschreckt: Ein 27-jähriger Rechtsextremist versucht gegen 12 Uhr, mit selbstgebauten Waffen und Sprengkörpern in die Synagoge in der Humboldtstraße in Sachsen-Anhalts Halle einzudringen. Sein Ziel: So viele Juden umzubringen wie möglich. Dabei hat er bewusst den Jom Kippur Feiertag ausgewählt, an dem viele Menschen in die Synagoge gehen.

Über eine Smartphonekamera, die an seinem Helm befestigt ist, streamt der Attentäter seinen Anschlag zusätzlich live im Internet. Nach den Aussagen eines Augenzeugen, der zu den etwa 60 Gottesdienstteilnehmenden gehörte, versucht sich der Angreifer mit seinem Gewehr, Granaten und Molotowcocktails Zugang zum Gotteshaus zu verschaffen.

Die 40-jährige Passantin Jana L., die den „Störenfried“ direkt nach dem ersten fehlgeschlagenen Versuch anspricht, fällt diesem tödlich ins Visier: von mehreren Schüssen getroffen stirbt sie direkt am Tatort. Da es dem schwerbewaffneten Mann nicht möglich ist, durch die Tür des jüdischen Gotteshauses zu gelangen, ergreift er mit seinem Auto die Flucht und hält nach 45 Sekunden in der Ludwig-Wucherer-Straße vor einem Döner-Imbiss. Dort schießt er scheinbar willkürlich auf mehrere Passanten. Der 20-jährige Kevin S. wird zunächst verletzt im Dönerladen zurückgelassen. Doch nach missglückten Versuchen, andere Passanten zu verfolgen, erscheint der Attentäter dort erneut und erschießt ihn.

Anschließend kommt es zu einem Schusswechsel mit der Polizei, die in der Zwischenzeit in der Ludwig-Wucherer-Straße eingetroffen war. Dem verwundeten Rechtsterroristen gelingt es jedoch, mit seinem Auto zu entkommen. Auf seiner Flucht stiehlt der Täter bei einer Autowerkstatt in Wiedersdorf ein Taxi und lässt sein mit Sprengstoff beladenes Auto zurück. Auf der B 91 Richtung München gerät er in einen Unfall mit einem LKW. Dort erfolgt die Festnahme.

Mittwoch, 29. Juli 2020

Eine zweite Amtszeit für Donald Trump?

Ein Hinweis von Eva Birkmeyer

In dem Artikel „Wird Donald Trump es wieder schaffen?“ von Veit Etzold, der am 26.06.20 im Cicero Magazin erschienen ist, geht es um die bevorstehende Präsidentschaftswahl in den USA und warum Donald Trump eine gute Chance hat, nochmals als Präsident der Vereinigten Staaten gewählt zu werden: „Donald Trump wird 2020 erneut die US-Präsidentschaftswahl gewinnen, denn Feinbilder sind erfolgreicher als Lösungen“.

Trumps Geheimwaffe sei, dass er den Schmerz der Wähler fühle und dann gemeinsam mit seinen Anhängern einen Bösewicht identifiziere, den die meisten seiner Wähler als Feindbild teilen (Mexiko). Er zielt damit in hohem Ausmaß auf Emotionen. Obwohl die Umfragen in den letzten Wochen gegen ihn sprechen, gibt er den „globalisierungsskeptischen weißen Amerikanern“ das Gefühl, ihre Ängste zu verstehen.

Außerdem sei eine sehr wichtige Strategie Trumps die „Blaming Strategie“: Trump erlaubt beispielsweise den Gouverneuren, den Corona-Lockdown eigenständig in ihren Gliedstaaten aufzuheben. Geht es gut, ist Trump der Bezwinger von Corona, wenn es schief geht, sind die Gouverneure schuld. Diese Strategie funktioniert nicht nur für Trump, sondern auch für seine Wähler. Diese sind froh, wenn ihnen jemand „Verantwortung abnimmt und andere als Sündenbock hinstellt“.

Der Autor beschreibt, dass Trumps Erfolg außerdem auf den „Five Things“ von Marketing-Profi Blair Warren beruht: Ermögliche die Träume der Menschen („Make America great again“), verteidige ihre Fehler, nutze ihre Ängste, bestätige ihre Zweifel und wirf Steine gegen ihre Feinde. Ob Trump bei der Präsidentschaftswahl 2020 mit dieser Strategie wieder Erfolg haben wird, bleibt spannend.

Hintergrundbericht der Böll-Stiftung anlässlich der Europawahlen

Ein Hinweis von Madlen Pfisterer

Dominik Tolksdorf: "Wahlkampf der Rechtspopulisten: Der Blick der USA auf den Europawahlkampf" (Heinrich-Böll-Stiftung, 21. Mai 2019)

Chronologie: FPÖ-Gründung (1956)

Dies ist ein Hintergrundtext von Nicolas Meschenmoser zu folgendem Eintrag in der Chronologie:  

1956: FPÖ wird gegründet (Österreich)

Die „Freiheitliche Partei Österreichs“ (FPÖ) entstammt dem „Verband der Unabhängigen“ (VdU). Letztgenannter wurde 1949 gegründet. Sowohl VdU als auch FPÖ galten als Sammelbecken für (Alt-)Nazis, die politisch wieder partizipieren wollten. Ziel des VdU war es, ehemalige NS-Funktionäre bis hin zu Kriegsverbrechern zu rehabilitieren, sodass sie erneut politisch teilhaben konnten. Ein weiterer Hauptpunkt ihrer Agenda war es, die sogenannte deutschnationale Wertegemeinschaft aufrechtzuerhalten. Stimmverluste und interne Streitigkeiten unter den Parteifunktionären des VdU hatten zur Folge, dass die Partei langsam zerfiel und sich im Jahr 1956 endgültig auflöste.

Unter anderem entstand die FPÖ aus Mitgliedern und Anhängern des zerfallenen VdU. Am 5. Juni 1955 gründete sich zuerst die „Freiheitspartei Kärntens“. Wenige Wochen später, am 3. November 1955, entstand nach einer konstituierenden Sitzung die FPÖ. Die „Kärntner Freiheitspartei“ wurde daraufhin Teil der FPÖ und passte ihren Namen an. Allerdings blieb sie eine eigene Körperschaft innerhalb der Partei. Der Gründungsparteitag in Wien fand am 7. April 1956 statt.

Der erste Parteiobmann der FPÖ war Anton Reinthaller, ein früherer SS-Brigadeführer. 1930 wurde er Mitglied der NSDAP in Österreich, welche 1933 verboten wurde. 1934 versuchte er auf unterschiedlichen Wegen, die NSDAP in Österreich neu aufzubauen, bis am 10. Oktober 1934 die Bundespolizeidirektion Wien ihn unter Strafandrohung aufforderte, seine Bestrebungen zu unterlassen.

Chronologie: Anschlag in Hanau (2020)

Dies ist ein Hintergrundtext von Lukas Gotthelf zu folgendem Eintrag in der Chronologie: 

2020: Anschlag in Hanau

Seit der Gründung der Alternative für Deutschland 2013 hat sich diese von einer Euro-kritischen zu einer rechtspopulistischen Partei mit rechtsextremen Tendenzen entwickelt. Nicht zuletzt durch die "Flüchtlingskrise" erlebte die Partei einen massiven Zulauf an Wähler*innen und erzielte bei der Bundestagswahl 2017 einen Stimmenanteil von 12,6% (vgl. Holtmann 2018). Man kann daraus ableiten, dass in den letzten Jahren die Zustimmung zu rechtspopulistischen Positionen deutlich zugenommen hat. Nach Jan-Werner Müller ist (Rechts-)Populismus durch zwei Hauptmerkmale gekennzeichnet: Anti-Elitismus und Anti-Pluralismus (vgl. Müller 2016). Durch diese Entwicklung kam es in den letzten Jahren immer wieder zu Übergriffen gegen Migranten, jedoch sticht hierbei besonders der Anschlag von Hanau heraus.

Am Abend des 19. Februar 2020 gegen 21:50 Uhr nähert sich der Attentäter der Bar La Votre und der Shisha-Lounge Midnight. Mit zwei Schusswaffen eröffnet er das Feuer. Kaloyan Velkov, ein Mitarbeiter des La Votre, Fatih Saraçoğlu, ein Passant und der Eigentümer des Midnight, Sedat Gürbüz, werden getötet. Der Täter flieht vom Tatort in seinem Fahrzeug.

Gegen 22:00 Uhr erreicht er den Kurt-Schumacher-Platz. Auf dem Parkplatz erschießt er Vili Viorel Păun. Daraufhin dringt der Täter in das Lokal mit angeschlossenem Kiosk Arena Bar & Café ein. In diesem Kiosk erschießt er Gökhan Gültekin, Mercedes Kierpacz und Ferhat Unvar. Kurze Zeit später werden in der Nähe der Bar Said Nesar Hashemi und Hamza Kurtović vom Attentäter getötet.

Um 22:50 findet die Polizei das Fluchtfahrzeug des Todesschützen in der Nähe seines Wohnhauses. Um 3:03 Uhr stürmt ein Spezialkommando das Wohnhaus des Attentäters, dort finden die Beamten die Leichen des Täters und dessen Mutter, welche er vermutlich tötete, bevor er sich selbst erschoss. Insgesamt werden in dieser Nacht zehn Menschen vom Attentäter erschossen, fünf weitere werden verletzt.

Dienstag, 28. Juli 2020

Die Ibiza Affäre – Baba HC!

Ein Beitrag von Helen Wörner

17. Mai 2019, 18 Uhr – Österreich brennt. Das inzwischen fast weltberühmte Ibiza-Video erscheint zeitgleich bei der SZ und beim Spiegel. Das Video mit dem damaligen österreichischen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (kurz HC) und Klubobmann Johann Gudenus ging innerhalb kürzester Zeit viral. 2017 trafen sich die Hauptakteure mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte und deren Begleiter auf Ibiza und diskutierten in „lockerer, ungezwungener und feuchtfröhlicher Urlaubsatmosphäre“ (Obermaier/Obermayer, 2019, S.199) über das politische Geschehen. Und Korruption.

Im Folgenden wird kurz erläutert, um welche zwei Hauptthemen es an besagtem Abend des Skandals geht: Kronenzeitung und Parteispenden. Anschließend werden die Konsequenzen behandelt, die die Veröffentlichung mit sich brachte.

Chronologie: Gründung der L'SNS (2010)

Dies ist ein Hintergrundtext von Patrik Lehmann zu folgenden Einträgen in der Chronologie: 

2010: L'SNS wird gegründet (Slowakei)

Marian Kotleba (43), früher Lehrkraft an weiterführenden Schulen, ist der Gründer der Partei LSNS (Ľudová Strana Naše Slovensko). In seiner Jugend marschierte Kotleba in der Uniform der Hlinka-Garde, einer faschistischen paramilitärischen Wehrorganisation, welche in die SS integriert wurde. Daher scheint Marian Kotleba auch seine rechtsextremistischen Ansichten zu haben.

Die erste Partei, die Kotleba gründete, war die "Slowakische Gemeinschaft – Nationalpartei (Slovenska pospolitost). Seine "Kotlebovci" patrouillierten an öffentlichen Orten wie Bahnhöfen, um für die Sicherheit der „anständigen“ Slowaken zu sorgen. Die "Kotlebovci" hetzten auch gegen die Roma im Land. Die Partei stellte sich für die Wahlen im Jahr 2006 auf, jedoch mit sehr geringem Erfolg. Die Partei erhielt nur 0,16 % der Stimmen. Nach der Wahl 2006 wurde die „Slowakische Gemeinschaft“ aufgrund ihres anti-demokratischen Charakters schließlich verboten.

Trumps Wahlkampf: Verstrichene Chancen, Schmutzkampagnen und Hoffnung

Ein Beitrag von Konstantin Grabowski

Die Corona-Pandemie hat die USA fest im Griff. Seit Ende Juni gehen die Infektionszahlen weiter nach oben, am 17. Juli sind es bereits über 70.000 Neuinfektionen. Die „Black Lives Matter (BML)“ Bewegung ist nach wie vor präsent. Die Wirtschaft leidet weiterhin unter den Einschränkungen zur Bekämpfung der Krise, und zu Beginn des Monats haben sich weitere 1,4 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Dazu kommt noch, dass im November Präsidentschaftswahlen stattfinden, welche entscheiden, ob Amerika einen neuen Präsidenten bekommt, oder den Alten behält. Und ein Mann steht mittendrin: Donald Trump.

Porträt der Lega (Nord)

Ein Beitrag von Miriam Schmitt

Die Lega Nord ist eine populistische Partei in Italien, die kultur- und sozialpolitisch eher traditionell, aber wirtschafts- und technologiepolitisch modern ausgerichtet ist (vgl. Kitzler 2017). In Italien ist die Lega Nord eine etablierte Größe und zudem seit 2019 im Europaparlament vertreten. Im Folgenden wird näher darauf eingegangen, wie es zu der Gründung der Lega Nord kam und was die Ursachen für den Erfolg der Partei sind. Außerdem soll gezeigt werden, wie sich die politische Ausrichtung der Lega Nord wandelte.

Freitag, 24. Juli 2020

Chronologie: Rechtspopulistische Zusammenschlüsse im Europäischen Parlament

Dies ist ein Hintergrundtext von Artur Ponomarew zu folgenden Einträgen in der Chronologie:

2015: ENF wird gegründet und ersetzt EAF
2015: Allianz für Frieden und Freiheit (APF) als europäische Partei gegründet

Dass rechtskonservative, rechtspopulistische, rechtsnationale und gar rechtsextreme Politiker*innen in allen europäischen Staaten Sitze in den jeweiligen Parlamenten innehaben und darüber hinaus politische Ämter bekleiden, ist nun seit einigen Jahren der vorherrschende Status Quo. Auch auf europäischer Ebene, namentlich im Europäischen Parlament (EP), gab es über Jahre hinweg Zusammenschlüsse unterschiedlicher Vertreter zu rechtsnationalen Fraktionen.

Die Gründung des ersten nennenswerten Zusammenschlusses fand bereits 2007 mit der Europäischen Allianz für Freiheit (EAF) statt. Hierbei schlossen sich fraktionslose Abgeordnete des belgischen Vlaams Belang, des französischen Front National und der Freiheitlichen Partei Österreichs zu einer FRaktion auf Europaebene zusammen. Nach der Europawahl 2014 scheiterte der Versuch einer Fraktionsgründung, da potentielle Mitglieder anderer Länder, wie Schweden oder der Slowakei, den Einzug in das Parlament verpassten oder sich anderen Fraktionen anschlossen.

Im Jahr 2015 folgte eine erfolgreiche Fraktionsbildung mit zunächst 36 Abgeordneten. Dies ging einher mit einer Namensänderung zu Europa der Nationen und Freiheit (ENF), angetrieben von Marie Le Pen. Nach nur vier Jahren löste sich die Fraktion auf. Als Nachfolgefraktion im Wahljahr 2019 entstand aus der ehemaligen ENF die Fraktion Identität und Demokratie (ID). Diese stellt mit 76 Mitgliedern aus zehn Ländern die viertgrößte Fraktion im Europäischen Parlament. Die Mitglieder, zu denen auch Mitglieder der AfD gehören, sind dem rechtsnationalen, rechtskonservativen und rechtspopulistischem Spektrum zuzuordnen. In Teilen der „Mutterparteien“ lässt sich Rechtsextremismus feststellen.

Etwa zeitgleich, im Jahr 2014, schlossen sich weitere Vertreter europäischer Parteien zu einer Partei auf europäischer Ebene zusammen, der Allianz für Frieden und Freiheit (APF). Auch diese Gründungsmitglieder waren ehemals in der ENF tätig. Nennenswerte Gründerparteien waren unter anderem die Nationaldemokratische Partei Deutschland (NPD) und die spanische Democracia Nacional (DN). Weitere Mitglieder sind beispielsweise die griechische Partei LEPEN und die italienische Forza Nuova (FN). Im Unterschied zur ID, sind die Mitglieder als auch die Ausrichtung und Agenda klar und offen rechtsextrem.

Ein Jahr nach der Gründung wurde die Partei vom EU-Parlament anerkannt. Dies hatte zur Folge, dass der Partei eine Parteienfinanzierung zustand. Auf Antrag der EVP, S&D und weiteren Fraktionen wurde jedoch nach Prüfung auf Übereinstimmung mit den Grundsätzen der EU festgestellt, dass diese nicht hinreichend erfüllt seien. Resultierend daraus wurde die Finanzierung eingestellt. Im Jahr 2016 wurden, bis zur Einstellung, 400.000€ an die Partei aus EU-Geldern gezahlt. Nach mehrfachem Scheitern der Einhaltung der benötigten Fristen wurde eine erneute Finanzierung abgelehnt. Zudem fand eine Streichung aus dem Parteienregister statt.

Die aktuelle Finanzierung der Partei erfolgt über eine der Partei nahestehende Stiftung, die Europa Terra Nostra e.V. (ETN). Diese wurde ebenfalls mit weiteren 200.000€ durch die EU finanziert. Zudem finanziert sie sich aus Spendengeldern. Die Stiftung veranstaltet europaweite Treffen für rechtsnationale Mitglieder und unterstützt die APF.

Die Existenz noch weiter rechts stehender Parteien, Verbände und Interessengruppen und weitere Versuche der Gründung können schwerwiegende Folgen für die Europäische Union und ihre Arbeitsweise haben. Noch scheint die rechtsnationale und rechtsextreme Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinaus keine Erfolge zu verzeichnen. Sobald jedoch strukturelle Defizite beseitigt und politische Ideologien in Einklang gebracht werden, könnte dies eine gewaltige Probe für die europäische Demokratie darstellen.

Quellen

Donnerstag, 23. Juli 2020

Chronologie: Terroranschlag in El Paso (2019)

Dies ist ein Hintergrundtext von Mona Meinikheim zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

2019: Rechtsextremer Terroranschlag in El Paso

In der Grenzstadt El Paso im US-Bundesstaat Texas eröffnete am Samstag, den 3. August 2019, ein 21-jähriger Mann das Feuer auf Besucher*innen eines Walmart-Supermarktes. Der Attentäter betrat das Supermarktgelände mit einem halbautomatischen Sturmgewehr bewaffnet; die ersten Notrufe gingen bei der Polizei um 10:39 Ortszeit ein. Augenzeugenberichten und Handyvideos zufolge schoss er bereits auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt, später auch im Markt wahllos auf Kunden und Angestellte. Die Polizei erreichte den Ort des Geschehens sechs Minuten, nachdem die ersten Notrufe eingegangen waren. Der Attentäter ergab sich außerhalb des Gebäudes und ließ sich von den Behörden widerstandslos festnehmen. Bei diesem Anschlag mit rechtsextremistischem Hintergrund wurden 20 Menschen getötet sowie 26 weitere verletzt. Unter den Opfern sind einige Mexikaner, auch ein deutscher Staatsangehöriger.

Bei dem Todesschützen von El Paso handelt es sich um einen weißen US-Amerikaner. Medienberichten zufolge kommt er aus der Kleinstadt Allan nördlich von Dallas. Bei dem mutmaßlichen Schützen wird ein rassistisches Motiv vermutet, die US-Justizbehörden sprechen deshalb von "inländischem Terrorismus". Desweiteren wurde kurz vor dem Attentat ein mutmaßliches Bekennerschreiben des 21-jährigen im Internet veröffentlicht. Das von der Polizei als "Manifest" bezeichnete vierseitige Dokument trägt den Titel „The Inconvenient Truth“ (Die unbequeme Wahrheit). Der Verfasser spricht darin von einer "hispanic invasion of Texas" (Invasion Texas‘ durch Menschen aus Lateinamerika). Außerdem bekundet er Solidarität mit dem Attentäter von Christchurch, der am 15. März 2019 – ca. ein halbes Jahr vor der Tat in El Paso – zwei Moscheen gestürmt und dabei 51 Gläubige getötet hatte.

Einem Bericht der New York Times zufolge wurde der Text in dem Forum „8chan“ veröffentlicht, in dem auch der neuseeländische Attentäter seine Tat angekündigt hatte. Recherchen zufolge wurde das Schreiben am Samstag um 10.20 Uhr veröffentlicht, 19 Minuten, bevor der erste Hilferuf bei der Polizei einging. Auch die Polizei von El Paso gehe davon aus, dass der Attentäter Urheber des Schreibens ist. Im Text werde Hintergrundwissen zum geplanten Tathergang sowie ein konkreter Angriff erwähnt, der eine Reaktion auf die "hispanic invasion" darstelle. Das Manifest beinhalte auch einen Plan, wie die USA nach "Rassen" aufgeteilt werden solle. Außerdem wird darin behauptet, weiße Menschen sollten von Ausländern "ersetzt" werden - und knüpft damit an Verschwörungsmythen von einem "großen Austausch" an.

Solche Legenden sind international bei Rechtsextremisten gängig - von den "Identitären" in Europa über den Attentäter von Christchurch bis zu weißen Rassisten in den USA. Die New York Times stellt in einer Analyse fest, dass viele Anschläge in den USA auf das Konto von weißen Rassisten gehen. FBI-Analysen und anderen Quellen zufolge gab es seit 2017 mindestens acht Angriffe mit Waffen durch weiße Rassisten – auf Schulen, Synagogen oder Einkaufszentren. Beispielsweise in Pittsburgh tötete ein Rechtsextremist elf Menschen, ein anderer in Parkland sogar 17. Der Angriff von El Paso ist mit 20 Todesopfern somit der folgenschwerste bislang. Außerdem gilt er als der schwerste auf die lateinamerikanische Community in den USA, denn der Attentäter wollte, seinem Manifest zufolge, gezielt Lateinamerikaner töten. Sechs der Getöteten und sieben der Verletzten sind mexikanische Staatsangehörige. In der Grenzstadt El Paso leben viele Mexikaner, viele überqueren täglich die Grenze, um in den USA zu arbeiten oder einzukaufen.

Keine 24 Stunden nach dem Anschlag in El Paso ereignete sich ein weiteres Attentat mit schwerwiegenden Folgen. In Dayton im US-Bundesstaat Ohio erschoss ein 24-jähriger Student in der Nacht zum Sonntag mit einer Langwaffe neun Menschen im Oregon District, dem Ausgehviertel der Stadt, 14 weitere Personen wurden vom Täter angeschossen, einige weitere verletzt. Das rasche Eintreffen der Polizei habe "Schlimmeres" verhindert, teilten die Behörden mit. Hätte eine Polizeistreife den Täter nicht innerhalb von nur wenigen Sekunden nach Beginn der Tat am Tatort erschossen, wären womöglich hunderte Menschen ums Leben gekommen. Später stellten die Ermittler Alkohol und Drogen im Blut sowie eine psychische Erkrankung des Todesschützen fest. Ein rechtsextremes Motiv des Täters schließen die Behörden aber inzwischen aus.

Kurz nach dem Massaker in El Paso und dem Attentat in Dayton zogen mehrere Hundert Demonstrantinnen vor das Weiße Haus und das Kapitol in Washington D.C., um für eine Verschärfung des Waffenrechts zu plädieren. US-Präsident Donald Trump wurde nach dem Anschlag von El Paso direkt kritisiert. Seine verbalen Angriffe auf Migranten aus Lateinamerika hätten ein Klima des Hasses geschaffen, wurde ihm in den Sozialen Netzwerken vorgeworfen. Der Attentäter von El Paso hatte auf Twitter zudem seine Unterstützung für Trump geäußert. Anfang 2017 schrieb er, die von Trump geplante Mauer sei der beste Weg, um die USA zu sichern. Trump hatte Mexikaner dort wiederholt als "Vergewaltiger und Kriminelle" bezeichnet.

Das Massaker von El Paso, die ähnliche Tat in Ohio und die ernüchternde Reaktion Trumps hatten in den USA erneut eine Debatte über eine Verschärfung des Waffenrechts ausgelöst. Die oppositionellen Demokraten erhielten bei dieser Forderung Unterstützung aus der Wirtschaft: 145 Konzernchefs riefen den US-Senat in einem von der New York Times veröffentlichten Brief dazu auf, einen vom Repräsentantenhaus bereits im Februar 2019 beschlossenen Gesetzentwurf zu verabschieden. Damit sollen Privatverkäufe von Waffen, bei denen es keine Hintergrundprüfung des Käufers gibt, prinzipiell verboten werden. US-Präsident Donald Trump und die Republikaner lehnen eine Verschärfung des Waffenrechts jedoch seit Jahren ab. Auch die mächtige Waffenlobbyorganisation NRA bekämpft jeden solchen Versuch.

Der Konzern Walmart zeigte sich schockiert über die Geschehnisse. Bereits am 30. Juli 2019 hatte es eine tödliche Schießerei in einer Walmart-Filiale gegeben: In Southaven im Bundesstaat Mississippi hatte ein entlassener Mitarbeiter zwei Angestellte getötet und einen Polizisten verletzt. Dass Walmart zum Tatort von Verbrechen mit Schusswaffen geworden ist, könnte in der Debatte über das Waffenrecht Symbolcharakter bekommen, schreibt die Washington Post. Der Konzern ist einer der größten Waffenhändler weltweit. Im vergangenen Jahr hatte er unter Berufung auf die "jüngsten Vorfälle" das Mindestalter für Waffenkäufer von 18 auf 21 Jahre erhöht – damit bezog sich Walmart offensichtlich auf das Schulmassaker in Parkland, bei dem ein 19-Jähriger 17 Menschen erschoss.

Tipp zum Weiterlesen
  • Florian Hartleb (2020): Lone Wolves: The New Terrorism of Right-Wing Single Actors, Springer (Auszüge bei Google Books)
Literatur

Chronologie: Terroranschlag in Oklahoma (1995)

Dies ist ein Hintergrundtext von Annabell Bühler zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

1995: Rechtsextremer Terroranschlag in Oklahoma

Am 19. April 1995 gab es in Oklahoma City, Oklahoma, den bis dato schlimmsten Terroranschlag in den USA. Ein mit Sprengstoff beladener Van brachte einen Teil des Alfred P. Murrah Federal Buildings, das acht Stockwerke umfasste, zum Einsturz. Es handelte sich um ein Regierungsgebäude, das in der Innenstadt lag und unter anderem Büros des Secret Service, der Drug Enforcement Administration und des Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives beheimatete. Bei diesem Terroranschlag starben 168 Menschen, darunter 19 Kinder, durch einen Rechtsextremisten, der die Bombe des Vans zündete (BpB, 2020). In der folgenden Chronik wird der Täter porträtiert und auf die amerikanische Rechte eingegangen. 

Der Täter und das Attentat

Der Täter wurde 1968 im Norden des Bundesstaates New York geboren. In der Schule erbrachte er unterdurchschnittliche Leistungen. An einer Hochschulbildung war er nicht interessiert und brach sein Studium früh ab (Russakoff & Kovaleski, 1995). Mitte der 1980er Jahre kam er auf den Arbeitsmarkt, als Jobs für wenig qualifizierte Arbeitskräfte im Agrar- und Handwerkssektor gerade versiegten (Soule & van Dyke, 2002, S. 502). Er war deshalb oft arbeitslos, und die Regierung unternahm wenig, um zu helfen (Russakoff & Kovaleski, 1995).

In dieser Zeit begann der Täter, sich mehr und mehr für Gewehre zu interessieren und besaß zwei halbautomatische Schusswaffen (Russakoff & Kovaleski, 1995). In Perioden, in denen er erwerbstätig war, erinnern sich Arbeitskolleg*innen an Verhaltensauffälligkeiten von ihm, die sie auf Medikamente zurückführten.

Um seiner prekären Arbeitssituation zu entkommen, entschloss sich der Attentäter für einen Eintritt in die US-Armee. Eine seiner Hauptmotivationen, sich der US-Armee anzuschließen, war das Schießen (Russakoff & Kovaleski, 1995). In der Armee lernte er einen Soldaten aus Michigan kennen, der sein Freund und später sein Komplize bei dem Terroranschlag in Oklahoma wurde. Beide fanden heraus, dass sie „Survivalists“ (dt.: Prepper) waren und glaubten, die Regierung wolle das Second Amendment (das Recht, Waffen zu tragen) auflösen und den US-amerikanischen Bürger*innen ihre Waffen wegnehmen.

Die Faszination des Täters an jeglichen Kampfgeräten wuchs in der US-Armee weiter. Als Soldat lieferte er ein nahezu perfektes Bild ab, arbeitete hart und vorbildlich. Der Täter wäre sogar zum Sergeant ernannt worden, wäre nicht sein Rassismus gewesen, denn nicht selten kamen abfällige Bemerkungen über Schwarze von ihm.

Nach seiner Zeit in der Armee, die er 1991 verließ, begann abermals eine ziellose Etappe seines Lebens, in der sich seine regierungsablehnenden Ansichten steigerten und er sich einredete, die Vereinigten Staaten seien im Niedergang. Der Attentäter zeigte vermehrt antisemitische Tendenzen und gehörte nun auch der Bürgerwehr an, die an Zuwachs gewann, als der damalige President Bill Clinton sich kritisch gegenüber privatem Waffenbesitz äußerte (Russakoff & Kovaleski, 1995).

Im Sommer 1992 besuchte der Täter seinen Freund aus der US-Armee in Michigan. Zwischen Winter 1993 und dem Anschlag im April 1995 pendelte der Terrorist zwischen Kingman, Arizona und dem Wohnort seines Freundes in Michigan hin und her. Beide Orte waren Hochburgen paramilitärischer Anti-Regierungsorganisationen.

Vorfälle in Idaho im Jahr 1992 und Waco, Texas, am 19.04.1993 zwischen Preppern, Mitgliedern fundamental-christlicher Sekten und der Regierung, bei denen mehrere Sektenanhänger und Prepper starben, trugen zusätzlich zur Radikalisierung des Attentäters und seiner Anti-Regierungsansichten bei. Der Vorfall in Texas gilt zudem als Schlüsselmoment für die Milizbewegung der USA.

Das Datum des 19. April war für ihn, den Attentäter, nun von großer Bedeutung. Es stand nicht nur für den Vorfall in Waco mit mehreren Toten, den er vermutlich rächen wollte, sondern auch für den Anfang der Amerikanischen Revolution (vgl.: Gefechte von Lexington und Concord, 19. April 1775). Am 19. April 1995 entlud sich schließlich der Hass des rechtsextremen Täters auf die US-amerikanische Regierung, indem er das Alfred P. Murrah Federal Building in Oklahoma City zum Einsturz brachte, 168 Menschen tötete und über 500 verwundete.
„Das Gebäude in Oklahoma City wählte [der Täter] den rechten Verschwörungstheorien folgend als Ziel aus, weil darin mehrere Bundesbehörden untergebracht waren […]. Angeblich soll die Waco-Aktion gegen die […] Sekte von Oklahoma City aus gesteuert worden sein“ (BpB, 2020).
Der Attentäter wurde kurze Zeit später festgenommen und am 11. Juni 2001 hingerichtet - drei Monate bevor der Anschlag auf das World Trade Center in New York das Oklahoma City Bombing als schlimmsten Terroranschlag in den USA ablöste.

Die amerikanische Rechte - Milizgruppen

Mit dem Oklahoma City Bombing erregten sogenannte Milizgruppen (dt. Bürgerwehren) nationale Aufmerksamkeit (Soule & van Dyke, 2002). Die Geschichte der „Militias“, wie sie auf Englisch genannt werden, geht bis zum Amerikanischen Bürgerkrieg zurück. Jedoch haben die heutigen Milizgruppen mit den damaligen beinahe nichts mehr zu tun.

Studien zufolge führte unter anderem die „Farm Crisis“ der 1980er Jahre, in der viele Kleinbauern und landwirtschaftliche Betriebe mittlerer Größe ihr Geschäft aufgeben mussten, zu einem Erstarken der Milizen (Mulloy, 2005). Aber auch die steigende politische Einflussnahme von früher benachteiligten, sogar entrechteten Gruppen, wie Afro-Amerikaner*innen, Frauen und Juden beeinflusste die Bewegung (Soule & van Dyke, 2002, S. 497). Diese Ursachen schürten bei Weißen das Gefühl, politisch, ökonomisch und demographisch bedroht, gar entmachtet, zu sein und führten zu einem Anstieg von sowohl rassistischer und rechtsextremer Gewalt als auch von Sexismus (Soule & van Dyke, 2002, S. 499). Zu den betreffenden Gruppen zählen unter anderem:
  • die John Birch Society, eine radikale, rechte, antiglobalistische und antikommunistische Bewegung, die sich 1958 gründete (Stone, 1974),
  • der Ku Klux Klan, ein rechter, fanatischer, rassistischer und gewalttätiger Geheimbund, der hauptsächlich in den Südstaaten agiert,
  • die Minutemen, eine militante, antikommunistische Bewegung der 1960er Jahre und
  • die Posse Comitatus (dt.: „Kraft des Landes“), eine rechtsextreme Bewegung, die in den frühen 1970er Jahren gegründet wurde (Levitas, 1998).
Alle Gruppierungen, die vorwiegend im Untergrund handeln, können dem rechts-konservativen bis rechtsextremen Spektrum zugeordnet werden (Soule & van Dyke, 2002, S. 501). Die Mitglieder sind in den allermeisten Fällen weiß, männlich, (fundamental) christlich und wirtschaftlich benachteiligt (Mulloy, 2005). Was die rechte Bewegung in den USA eint, ist die ideologische Ansicht, dass die US-Regierung ihre Bürger*innen nicht repräsentiere, sie sogar verrate, und sich nicht an die Verfassung halte (Soule & van Dyke, 2002, S. 501).

Die Mitglieder der rechtsextremen Gruppen sind dem Recht, eine Waffe zu besitzen, stark verbunden und stehen einer Kontrolle und Regulierung des eigenen Waffenbesitzes oppositionell gegenüber. Zudem sind sie der Auffassung, dass die USA in eine neue sozialistische Weltordnung rutsche, die von jüdischen Finanzexpert*innen finanziert, von den Vereinten Nationen unterstützt und geleitet würde und darauf abziele, eine Diktatur zu errichten (Soule & van Dyke, 2002, S. 501).

Während man um die Jahrtausendwende einen Rückgang der Milizbewegung verzeichnete (Westcott, 2001), sorgte die Finanzkrise 2007/2008 und die Wahl Barack Obamas zum Präsidenten der Vereinigten Staaten im Jahr 2008 für ein erneutes Aufflammen der Bewegung (Schendel, 2012). Zusätzlich brachte die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im Jahr 2016 eine Vielzahl offen rechtsextremer Gruppierungen hervor. Unter anderem formierte sich die Alt-Right-Bewegung (die alternative Rechte) in den 2010er Jahren, die wohl mit ihrer „Unite the Right“.Kundgebung im August 2017 in Charlottesville, Virginia, bei der eine Person starb und zahlreiche weitere Menschen verletzt wurden, weltweit am meisten für Aufsehen gesorgt hat.

Literatur

Mittwoch, 22. Juli 2020

Tagesschau zum US-Wahlsystem

Ein Hinweis von Anna Kaisers

Um den Rechtspopulismus in Amerika verstehen und nachvollziehen zu können, ist es essenziell, die aktuellen Entwicklungen zum US-Wahlsystem genauer zu betrachten. Dieses Thema wird in einem Bericht der Tagesschau mit dem Titel „Wie gerecht ist das US-Wahlsystem?“ (09.07.2020) aufgegriffen und näher erläutert.

Chronologie: Jörg Haider wird FPÖ-Vorsitzender (1986)

Dies ist ein Hintergrundtext von Maximo Winter zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

1986: Jörg Haider wird FPÖ-Vorsitzender

Jörg Haider war eine polarisierende Persönlichkeit und hat die politische Landschaft in Österreich nachhaltig geprägt. 

Kurze Übersicht FPÖ

Die FPÖ entstand 1956 aus dem Verband der Unabhängigen (VdU), einem deutsch-nationalen Lager (vgl. Ager 2013, S.229). Viele ehemalige Nationalsozialisten fanden sich unter den frühen Mitgliedern und Wählern. Nach Ager durchlief die FPÖ fünf Phasen:
  • Bis ca. 1960: Irrelevanz in der politischen Landschaft als Ein-Programm-Partei.
  • Bis ca. 1975: Ausweitung des Programms unter Friedrich Peter mit einer Annäherung an die SPÖ.
  • Bis 1986: Kursänderung zu einer liberalen Politik mit der ersten Regierungsbeteiligung.
  • Bis 2000: Jörg Haider übernimmt den Vorsitz der FPÖ und führt diese zu großen Wahlerfolgen durch Ruck zum Rechtspopulismus. Zusätzlich findet eine Abgrenzung von den anderen Parteien statt.
  • Ab 2000 und nach dem Rücktritt Haiders nähert sich die FPÖ der ÖVP an (vgl. Ager 2013, S.230 f.).

Erstes politisches Auftreten

Jörg Haider war früh politisch aktiv. Von seiner langjährigen Funktion als Klassensprecher über leitende Positionen in Schülerverbindungen zum Engagement in Burschenschaften konnte er durchgehend seine rhetorischen Fähigkeiten unter Beweis stellen (vgl. Steiner 2016, S. 48 f.). Sein späteres Engagement im Ring Freiheitlicher Jugend führte zu einem raschen Aufstieg, bis er schon mit unter 30 Jahren in den österreichischen Nationalrat (Steiner 2016, S. 50) einzog.

FPÖ-Vorsitz

Haider kam in einer Zeit des innerparteilichen Machtkampfs als Vertreter des deutsch-nationalen Flügels an die Macht innerhalb der Partei (vgl. Ager 2013, S. 235). Mit seinem Wahlerfolg gab es somit einen deutlichen Rechtsruck innerhalb der Partei. Haiders Aussage: „Rechts von der FPÖ dürfe es keine demokratische Alternative geben“ (Steiner 2016, S.53) ist eine Einladung für alle Unterstützer „aus rechtsextremen und rechtsradikalen Kreisen“, wobei Haider für diese als eine Art charismatischer „Führer“ (Steiner 2016, S. 53) fungiert.

Der Personenkult um Haider und sein Einfluss auf den Erfolg der FPÖ zeigt sich schon „bei den Nationsratswahlen im Jahr 1986, [bei denen] 50 Prozent der Wähler/Innen aufgrund der Person Jörg Haiders die FPÖ gewählt haben“ (Steiner 2016, S. 65). In dieser Zeit kam es dann auch in der Gesellschaft zu einem Rechtsruck als Folge der „Enttabuisierung von nationalsozialistischer und antisemitischer Sprache“ (Ager 2013, S. 283).

Im Laufe seiner Amtszeit ließ sich Haider weitgehende Befugnisse erteilen. Dazu gehört ein „Vetorecht [bei] Personalfragen“ (Steiner 2016, S. 77) durch das nur ihm treues Personal die Schlüsselpositionen der FPÖ besetzen konnte. Haider traf wichtige Entscheidungen selbst, andere Parteimitglieder waren unter seinem „autoritären Führungsstil“ geradezu „Marionetten“ zu seiner freien Verfügung (vgl. Steiner 2016, S. 77).

Äußerungen und Strategien

Die späte Aufarbeitungsarbeit der Nazi-Zeit führte zu einer Spaltung der Gesellschaft, in der vor allem die FPÖ unter Haider frühere Soldaten in Schutz nimmt und die lange gepflegte Opferrolle Österreichs aufrechterhält (vgl. Ager 2013, S. 240). Haider beschreibt in mehreren Reden, zum Beispiel der „Krumpendorf-Rede“ (Ager 2013, S. 241) vor Waffen-SS-Veteranen, Wehmachtsoldaten als „anständig“, „treu“, pflichtbewusst und als Vorarbeiter für „die Demokratie in Europa“ (Ager 2013, S. 241).

Haider betrieb eine aktive Geschichtspolitik entgegen der „offizielle[n] Geschichtsschreibung“ und machte „rechtsextreme Äußerungen […] salonfähig“ (Ager 2013, S. 250). Ein Faktor davon ist die „Politik [der] Feindbilder“ (Steiner 2016, S. 58), mit der Haider und die FPÖ Österreich durch „Anti-Immigrationsparolen [und Schüren von Ängsten] von einem bis dato flüchtlingsfreundlichen“ (Steiner 2016, S. 58 f.) zu einem flüchtlingsfeindlichen Staat wandelte.

Unter Haider wurden die Parolen und das Programm der FPÖ zunehmend emotionalisiert (vgl. Steiner 2016, S. 59). Angst und Hass wurden zu politischen Mitteln, mit denen die Partei erfolgreich Wählerstimmen sammeln konnte. Dafür streute Haider Gerüchte und Unwahrheiten, die auch nachdem sie enttarnt wurden, schon ihren Schaden angerichtet haben.

Jörg Haider war in den Medien geradezu omnipräsent, dabei schienen sowohl positive als auch negative Berichterstattung Haiders Erfolg zuträglich gewesen zu sein (vgl. Steiner 2016, S. 64). Die Opferrolle der Partei wurde gestärkt und die Medien im gleichen Zug angegriffen.

Aktuelle Bedeutung

Auch heute noch, nach seinem Tod in einem von Verschwörungsmythen umwachsenen Autounfall 2008, hat die Persönlichkeit Haider nachhaltigen Einfluss auf den Erfolg der FPÖ. Durch seine Umformung der „politischen Kultur […] innerhalb Österreichs“ (Steiner 2016, S. 67) wurden die Österreicher zunehmend gegenüber rechtspopulistischem bis hin zu rechtsextremem Gedankengut desensibilisiert.

Quellen:
Weiterführende Literatur:
  • Dorner-Hörig, C. (2013). Habitus und Politik in Kärnten: Soziogenetische und psychogenetische Grundlagen des Systems Jörg Haider (Figurationen. Schriften zur Zivilisations- und Prozesstheorie (9)) (German Edition) (2014. Aufl.). Springer VS.
  • Haserer, W. (2002). Der Rechtspopulist Jörg Haider. Bedey Media GmbH.
  • Kräh, G. (1996). Die Freiheitlichen unter Jörg Haider Rechtsextreme Gefahr oder Hoffnungsträger für Österreich? Peter Lang Ltd. International Academic Publishers.

Chronologie: AfD-Gründung (2013)

Dies ist ein Hintergrundtext von Svenja Junginger zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

2013: AfD wird gegründet

Die Alternative für Deutschland (AfD) ist eine rechtspopulistische, in Teilen rechtsextreme Partei in Deutschland. Sie ist in allen 16 Länderparlamenten vertreten und bildet seit der Wahl 2017 mit 92 Abgeordneten die stärkste Oppositionspartei im Bundestag. Ebenso ist sie im Europäischen Parlament und auf kommunaler Ebene vertreten.

Die AfD ist eine verhältnismäßig junge Partei. Ihre Vorgeschichte lässt sich bis zum Maastrichter Vertrag von 1992 zurückverfolgen. Eines der Ziele des Maastrichter Vertrags war die Europäische Währungsunion. Nach einer vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe abgewiesenen Klage gegen den Maastrichter Vertrag wurde von Euro-Gegnern die Partei „Bund Freier Bürger" gegründet. Initiator war Manfred Brunner, der ehemalige FDP-Landesvorsitzende in Bayern.

Während die Partei sich selbst als „liberal-konservativ“ einstufte, wurde sie von der Wissenschaft als rechtspopulistisch klassifiziert. Sowohl programmatisch als auch in der Parteiprominenz ähneln sich die Partei „Bund freier Wähler“ und die AfD sehr. Joachim Starbatty, Mitglied und Listenkandidat zur Europawahl der rechtspopulistischen Partei „Bund freier Bürger“ und einer der Kläger gegen den Maastricht-Vertrag, gehörte zu den Gründungsmitgliedern der "Wahlalternative 2013", aus der kurz darauf die AfD hervorging.

Die Kritik an der Euro-Rettungspolitik stellt den Ausgangspunkt für die Gründung der AfD dar. Der Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke zählte zu den treibenden Kräften im Gründungsprozess der Partei. Das ehemalige CDU-Mitglied gründete 2010 zunächst das eurokritische „Plenum der Ökonomen“, dessen eurokritische Appelle über die Grenzen der Fachöffentlichkeit aber nicht hinauswirkten.

Daraufhin wurde das „Bündnis Bürgerwille“ gegründet, eine überparteiliche Sammlungsbewegung von Bürgern und Organisationen, die der Euro-Rettungspolitik und insbesondere dem europäischen Stabilitätsmechanismus kritisch gegenüberstehen. Dieser Sammlungsbewegung gehörten auch spätere AfD-Protagonisten wie der frühere Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, und die Rechtsanwältin Beatrix von Storch an.

Wenige Monate später, im Herbst 2012, gründeten Bernd Lucke, Konrad Adam, Alexander Gauland und andere den Verein „Wahlalternative 2013“, der sich zur Bundestagswahl 2013 den Freien Wählern anschließen wollte. Bei den niedersächsischen Landtagswahlen betrat die „Wahlalternative 2013“ die politische Bühne das erste Mal, wobei ihre Sprecher Bernd Lucke und Konrad Adam auf der Liste der Freien Wähler ziemlich schlecht abschnitten.

Das schlechte Abschneiden hielt sie nicht davon ab, am 6. Februar 2013 die Partei Alternative für Deutschland mitzubegründen. Es wurde eine Satzung und die Struktur des Bundesvorstands festgelegt, ein provisorisches Programm verabschiedet, ein Parteinamen bestimmt und der 14. April als Termin für den Gründungsparteitag festgelegt. Der Parteinamen „Alternative für Deutschland“ bezieht sich auf die Äußerung von Angela Merkel, die Eurorettung sei „alternativlos“.

Die 18 Mitbegründer, von denen heute nur noch vier Mitglieder in der Partei sind, vereinte insbesondere die Kritik an der damaligen Europapolitik, insbesondere dem Rettungsschirm, an dem sich Deutschland mit mehreren Milliarden beteiligte. Dieser sollte die enormen negativen Auswirkungen der Finanzkrise auf den Euro und die EU verhindern. Allerdings gab es auch schon zu Anfangszeiten bei einigen Gründungsmitgliedern rechtspopulistische Tendenzen zu Themen, wie zum Beispiel Migration und Multikulturalismus, die weit über eine eurokritische Grundhaltung hinausgingen.

Am 11. März 2013 fand die erste öffentliche Versammlung statt, zu der mehr als 1.200 Interessierte kamen. Auf dem Berliner Gründungsparteitag am 13. April 2013 wurden Bernd Lucke, Frauke Petry und Konrad Adam zu Parteisprechern gewählt. Im September 2013 nahm die Partei erstmals an der Bundestagswahl teil und erhielt 4,7 Prozent der Stimmen, was für eine gänzlich neue Partei einen großen Erfolg bedeutete. Jedoch blieb ihnen der Einzug in das Parlament noch verwehrt.

Umso größer war der Erfolg, als sie nach der Wahl zum Europäischen Parlament am 25. Mai 2014 mit 7,1 Prozent der Stimmen sieben Abgeordnete nach Brüssel entsenden konnte. Auch bei den Kommunalwahlen in zehn Bundesländern, die zeitgleich zu den Europawahlen stattfanden, zogen viele AfD-Kandidaten in die Gemeindevertretungen und Stadträte ein.

Literatur
Tipp zum Weiterlesen:

Chronologie: Präsidentschaftswahl in Polen (2020)

Dies ist ein Hintergrundtext von Raphael Conrad zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

2020: Amtsinhaber und PiS-Kandidat Andrzej Duda siegt knapp bei Präsidentenwahl

Bei den polnischen Präsidentschaftswahlen 2020 hat sich der Amtsinhaber Andrzej Duda in der Stichwahl gegen seinen Kontrahenten Rafal Trzaskowski durchgesetzt. Duda, der bis zu seinem Amtsantritt im Jahr 2015 der PiS-Partei (Prawo i Sprawiedliwość; Recht und Gerechtigkeit) angehörte, ist seit 2015 Präsident des Landes. Der Warschauer Bürgermeister Trzakowski gehört der liberalen und EU-freundlichen Bürgerplattform (PO) an.

Nachdem Duda im ersten Wahlgang nicht die absolute Mehrheit erreichen konnte, erreichte er in der ursprünglich für Mai 2020 angesetzten Stichwahl am 12.07.2020 51,03 Prozent der Stimmen, wohingegen Trzakowski mit 48,97 Prozent der Stimmen die Wahl verlor. Die Wahlbeteiligung lag in dem osteuropäischen Land trotz der Corona-Krise bei 67,9 Prozent und war damit eher hoch.

Etwa eine Woche nach Dudas Wahlsieg gingen jedoch beim Obersten Gericht des Landes mehrere Beschwerden ein, die den Wahlsieg anzweifelten. Zentrum der Beschwerde war der PiS-nahe öffentlich-rechtliche Fernsehsender TVP, dessen Berichterstattung im Vorfeld der Wahlen zugunsten Dudas erfolgt war. Trzakowski kündigte hingegen nach seiner Niederlage die Gründung einer Bürgerbeweung an, die sich für ein freies und gerechtes Polen einsetzen soll. Details sind jedoch noch nicht bekannt. Duda hatte im Wahlkampf nicht nur mit scharfer Rhetorik gegen die LGBT-Gemeinschaft gehetzt, sondern auch Deutschland sowie die Europäische Union angegriffen.

Nachdem die PiS 2015 in Polen die Regierungsverantwortung übernommen hat, wurde vor allem die Judiaktive stark reglementiert und damit die Rechtsstaatlichkeit unterhöhlt. Zu Beginn stand dabei das Verfassungstribunal, vergleichbar mit dem deutschen Verfassungsgericht, im Fokus, das bei der Gesetzgebung wesentliche Mitspracherechte hat. Durch entsprechende Gesetzesänderungen stehen mittlerweile 14 von 15 Verfassungsrichtern der PiS nahe oder waren ehemals Mitglieder der Partei.

Auch die Präsidentin des Obersten Gerichts, Malgorzata Manowska gilt als treue PiS-Unterstützerin. Der normalerweise von den anderen Richtern gewählte und dann vom Präsidenten vergebene Posten wurde mit Manowska entgegen der bisherigen Tradition besetzt, ein liberaler Richter hatte ursprünglich doppelt so viele Stimmen wie Manowska erhalten. Für die PiS ist die Besetzung des Postens auch deshalb wichtig, weil die Oberste Richterin die Gesetzmäßigkeit der Wahlen bestätigt.

Mit der Wiederwahl von Andrzej Duda werden sich die rechtskonservativen Entwicklungen in Polen verstärken. Fraglich bleibt, wie die Europäische Union mit dem Land umgehen wird. In Bezug auf das Corona-Hilfspaket und den EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 wurde ein Mechanismus angestrebt, der EU-Mittel an die Rechtsstaatlichkeit der Mitgliedsländer bindet. Wie genau diese Kopplung von EU-Geldern und der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien ausgestaltet werden soll, ist jedoch noch unklar. Gegner dieser Regelung waren vor allem Polen und Ungarn.

Literatur

Dienstag, 21. Juli 2020

Rechtspopulismus im antiken Rom

Ein Hinweis von Maximo Winter

Die Vorlesung von Prof. Dr. Ulrike Babusiaux vom 7. April 2020 behandelt das römische Recht und Rechtspopulismus in der Antike. Sie überträgt rechtspopulistische Muster von damals auch auf spätere rechtspopulistische und rechtsextremistische Parteien. Vor allem die AfD und die NSDAP haben sich ihr zufolge mit dem römischen Recht auseinandergesetzt. Dabei werden Begriffe missbräuchlich benutzt und uminterpretiert.


Samstag, 18. Juli 2020

"Hart aber fair" zum Populismus

Ein Hinweis von Philipp Staiger

In der Sendung "Hart aber fair" mit dem Titel: "Trump und Johnson unter Druck - Endspiel der Populisten?" vom 30.09.2019 diskutieren unter anderem Ralph Freund (Vizepräsident der Republicans Overseas Deutschland), James Hawes (Schriftsteller, Dozent an der Oxford Brookes University) und Norbert Röttgen (Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses). Es werden zum Beispiel die unterschiedliche Stabilität der jeweiligen Machthaber angesprochen, mögliche institutionelle Gründe für den Rückhalt in ihren jeweiligen Parteien zur Aufstellung zur Wahl und eine höhere Akzeptanz für "alternative Fakten" in Teilen der Gesellschaft.

Wie der Aufstieg der Rechtspopulisten mit der Finanzkrise zusammenhängt

Ein Beitrag von Ani Israelyan

Die Gründe, weshalb die Rechtspopulisten sowohl in Europa als auch den USA Hochkonjunktur haben, sind vielfältig und liegen in vielen (sozial)politischen und sozioökonomischen Krisen begründet; die Flüchtlingskrise aus dem Jahr 2015, islamistische Terroranschläge, Wachstums- und Finanzkrisen sowie soziale Unruhen überfordern etablierte Politiker auf der ganzen Welt, da es keine transnationalen Ordnungsregeln gibt, die die Probleme regulieren könnten. Viele Rechte sehen daher die Lösung im Rückzug zum autoritären Nationalstaat (vgl. Assheuer 2016).

Auffällig ist jedoch, dass viele rechtspopulistische Parteien gerade am Anfang der 2010er Jahre einen besonders starken Zuwachs der Wählerstimmen in Europa erhalten haben: Österreich mit 28%, Norwegen mit 22%, Finnland mit 19,1% gefolgt von den Niederlanden mit 15,4%, Dänemark mit 13,9%, Frankreich mit 10% sowie Italien und Belgien mit einem Wert von 7-8% (vgl. Stern 2011, S.29).

Freitag, 17. Juli 2020

Rechtspopulistische Regierungschefs und Corona

Der rund 8-minütige Monitor-Beitrag zeigt das Versagen von Trump, Bolsonaro, Johnson und Putin in der Corona-Pandemie sowie die Problematik von Armut und Ungleichheit:

Wie Extremisten versuchen, die Corona-Krise umzudeuten

Ein Hinweis von Emily Ettelt

Der Artikel „Das Virus als Mittel zum Zweck: Extremistische (Um-)Deutungen der Corona-Pandemie“ von Manjana Sold und Clara-Auguste Süß wurde am 04.05.20 auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlicht. Die Autorinnen beschäftigen sich mit islamistischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Akteuren und veranschaulichen deren Versuche, die Corona-Pandemie zu ihren Gunsten zu nutzen. Ebenso beschäftigen sie sich mit dem umstrittenen Thema ‚Verschwörungstheorien‘ und welche Risiken die Aussagen der Rechtspopulisten und -extremen bergen. Grundlage des Artikels ist der englischsprachige Beitrag „The Coronavirus as a Means to an End: Extremist Reinterpretations of the Pandemic“.

Chronologie: Wahl Bolsonaros (2018)

Dies ist ein Hintergrundtext von Leon Glückert zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

2018: Jair Bolsonaro gewinnt die brasilianische Präsidentenwahl

„Tropen Trump“, „kleiner Trump“ oder auch „Bulldozer“ (Nöthen 2020) - so wird der Präsident des fünftgrößten Landes der Welt genannt, Jair Bolsonaro. Kaum eine Person polarisiert so stark wie er, wenn es um Themen wie Nachhaltigkeit, Frauenrechte, Rassismus oder Korruption geht.

Als er 2018 die Wahl um die Präsidentschaft gewann, titelte die taz mit der Überschrift „Faschist Jair Bolsonaro gewinnt die Stichwahl“ - ein gewagter, aber durchaus passender Titel für seine Person. Doch wie schaffte es ein derart skrupelloser Mensch an die Spitze eines solch großen Landes? Hierzu ist es wichtig, auf seine sowie die Vergangenheit des Landes Brasiliens zurückzublicken. Niemand kommt aus dem Nichts, auch wenn es gelegentlich den Anschein hat.

Donnerstag, 16. Juli 2020

Vortrag: Rassismus

Ein Hinweis von David Steparsch

Auf dem 36. Chaos Communication Congress am 29. Dezember 2019 hat Michael Kreil einen Vortrag gehalten mit dem Titel "Von Menschen radikalisiert: Über Rassismus im Internet". Er gibt einen guten Überblick darüber, was Rassismus heute bedeutet und in welchen offensichtlichen und weniger bekannten Formen er vorkommt.


Trump und Bolsonaro in der Corona-Krise

Ein Hinweis von Justin Ray Bauer

In dem Artikel "Darwin auf dem Marktplatz" von Raul Zelik (WOZ Nr. 29/2020 vom 16.07.2020) geht es um den „Trick des Faschismus“ und den Umgang mit der Pandemie in Brasilien unter Bolsonaro und den USA unter Trump nach fast 200.000 Todesfällen. Die beiden Präsidenten haben maßgeblich zur Verbreitung des Coronavirus beigetragen. Es wird deutlich, dass in solchen Krisenmomenten Kooperation wichtig und das „survival of the fittest“-Prinzip kaum tragbar ist, vor allem wenn eine massenhafte Erkrankung der Bevölkerung mehr ökonomischen Schaden anrichtet als staatlich angeordnete Lockdowns.

Chronologie: Gründung der One Nation Party (1997)

Dies ist ein Hintergrundtext von Nils Krauter zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

1997: ONP wird gegründet (Australien)

Seit dem Zusammenschluss von Australien 1901 gab es immer wieder stark rechte Gruppierungen. Eine der einflussreichsten war die Australian League of Rights, die 1946 in Süd-Australien gegründet wurde und sich auf föderaler Ebene 1960 etablierte. Sie behauptete, dass viele Probleme der Welt sich auf "die Juden", die angeblich die Kontrolle über die Finanzmärkte haben, zurückführen ließen. Sie war gegen Kommunismus, die Rechte der Aborigines und asiatische Immigranten.

Die League nutzte die Angst gerade der ländlichen AustralierInnen, für die ein ökonomischer Einbruch den Verlust ihrer Existenzgrundlage und den Verlust "ihres Australiens" bedeuten würde. Gerade die späten 60er und 70er Jahre waren eine Zeit des Ein- und Umbruchs. Es gab eine Dürre und die Preise für Wolle, Getreide und Schafe schwankten stark. Es wurde auch die "White Australian policy" beendet, die Immigration stark einschränkte.

Die Regierung Orban in der Corona-Krise

Ein Hinweis von Artur Ponomarew

Der Artikel „Ungarische Regierung greift nach unbegrenzter Macht“ auf der Website von Amnesty International (27.03.2020) skizziert den erfolgreichen Versuch der ungarischen Regierung, unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Corona-Pandemie per Dekret zu regieren. Es wurde ein unbefristeter Ausnahmezustand verhängt. Dieser befähigt die Regierung, beispielsweise Haftstrafen von bis zu fünf Jahren zu verhängen für eine Veröffentlichung von „falschen oder verzerrten Tatsachen“. Dies ist im Endeffekt die Abschaffung der Pressefreiheit. Zudem werden kritische Stimmen unterdrückt und Einsätze für Geflüchtete geahndet. Die Europäische Union kritisiert zwar diesen Schritt, ergreift aber darüber hinaus keine weiteren Maßnahmen.

Mittwoch, 15. Juli 2020

Ungarn nach 10 Jahren Orban

Ein Hinweis von Lukas Gotthelf

Im Beitrag „10 Jahre Fidesz-Regierung: Lage der Demokratie in Ungarn“ von der Bundeszentrale für politische Bildung vom 30.04.2020 wird eine kurze Bilanz zu Ungarn unter der Regierung von Victor Orban gezogen. Dabei wird aufgezeigt, wie die Fidesz sich daran machte, demokratische Grundprinzipien wie Pressefreiheit, Unabhängigkeit der Justiz, Menschenrechte, den Schutz von Minderheiten und die Freiheit der Wissenschaft zu untergraben.

Chronologie: Brexit-Volksabstimmung (2016)

Dies ist ein Hintergrundtext von Simone Ackermann zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

2016: Mehrheit für den Brexit bei der Volksabstimmung in Großbritannien

Nachdem Großbritannien 1973 in die Europäische Gemeinschaft (heute: Union) eintrat, stimmten 43 Jahre später am 23. Juni 2016 51,8% der Bevölkerung für einen Austritt aus der EU (vgl. Elmer & Hebel, 2016).

Der Austritt kam nicht plötzlich, sondern zeichnete sich schon über Jahrzehnte langsam ab (vgl. Lucke, 2017). Schon immer gab es Sonderregelungen und Ausnahmen für Großbritannien. Kurz vor dem Referendum versuchte der damalige Premierminister Cameron, die EU-Gegner mit einem neuen durch Kompromisse entstandenen EU-Deal zu bremsen, dabei scheiterte er (vgl. Lucke 2017).

Sonntag, 12. Juli 2020

Berlusconi als Vorläufer von Trump

Ein Hinweis von Mona Meinikheim

Der Artikel "Europas Populisten brauchen Trump nicht" (15.05.2019) des DW-Journalisten Michael Knigge zeigt anschaulich Gemeinsamkeiten und grundlegende Differenzen zwischen Charakteristika Donald Trumps und Merkmalen europäischer Populisten auf. Beispielhaft wird die österreichische FPÖ, Ungarns Machthaber Orban sowie Italiens Berlusconi genauer beleuchtet.

Für diesen Vergleich wird Anna Grzymala-Busse, Professorin mit Schwerpunkt Populismus an der Universität Stanford, zitiert, die behauptet: "Berlusconi war eine Art Vorwarnung" und auch vermutet, dass es wohl einige Verbindungen zwischen ihm und Trump gäbe: "Ich glaube, beide teilen dieselbe Ideologie. Sie sind skeptisch gegenüber internationalen Allianzen und der liberalen Demokratie. Und sie geben vor, für das gesamte Volk zu sprechen." Abschließend wird auf die Affinität zu Russland hingewiesen, da "das Land auch Verbindungen zu Präsident Trump hat".

Donnerstag, 9. Juli 2020

Wer wählt die SVP und warum?

Ein Hinweis von Lukas Böhm

In diesem Beitrag geht es um ein Kapitel aus dem 2015 erschienenen Buch „Wahlen und Wählerschaft in der Schweiz“ (hg. v. M. Freitag und A. Vatter). Anita Manatschal und Carolin Rapp setzen sich darin mit der Entwicklung der Schweizerischen Volkspartei (SVP) auseinander. Die SVP hat sich in den letzten 20 Jahren von der „Bauernpartei“ zur wahlstärksten Partei der Schweiz entwickelt.

Früher war die SVP noch eine Partei, die hauptsächlich von protestantischen Wählern aus der Landwirtschaft oder kleinen Gewerbetreibenden unterstützt wurde. Heute jedoch ist es eine Volkspartei mit rechtspopulistischer Ausrichtung, die alle möglichen Wählergruppen umfasst. Das Kapitel zeigt auf, auf welche Art und Weise sich die SVP verändert hat, wer ihre (neuen) Wähler sind und welche Programme bzw. Ziele sie zu dieser erfolgreichen Partei gemacht hat. Hier geht es zum Buchkapitel: https://doc.rero.ch/record/327822/files/Manatschal_Anita_-_Welche_Schweizer_w_hlen_die_SVP_und_warum.pdf

Trumps Wahlkampf für eine zweite Amtszeit

Ein Hinweis von Simon Casacchia

Das Gespräch von Marc Brost und Anke Schaefer, das der Deutschlandfunk am 19.06.2020 unter dem Titel "Trumps Wahlkampf: Perfide, nationalistisch, rassistisch" veröffentlichte, geht unter anderem auf Trumps Tabubrüche ein, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Diese Tabubrüche können als Zeichen gesehen werden: "Ich gehöre nicht zum herrschenden System, ich vertrete nicht die entsprechenden Normen und Werte". Mit solchen Aktionen übermittelt Trump, dass er das System verändern möchte und spricht so potenzielle Wähler an, die mit der Regierung bzw. ihren eigenen Lebensumständen unzufrieden sind.

Wo die Jungen die Rechtspopulisten wählen

Ein Hinweis von Pia Schweer

In dem Artikel "Das junge, rechte Europa" von Camilla Kohrs vom 31.03.2017 finden sich Abschnitte zur jungen Unterstützerszene des Rechtspopulismus und -extremismus in Frankreich, Polen, Ungarn, Österreich und der Slowakei.

Trumps Weg zum US-Präsidenten

Ein Hinweis von Jonas Eisch

Der Artikel „Der Aufstieg der Rechtspopulisten in den USA“ von Heike Buchter erschien am 09.01.2017 auf der Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung. Er thematisiert die gekaperte „Tea-Party“-Bewegung durch Donald Trump und wie er sich mit ihrer Hilfe die Krise zunutzemachte.

Donald Trump – ein Name, der aus heutiger Sicht eigentlich nicht mehr aus den Medien wegzudenken ist und welcher praktisch Tag für Tag in den Nachrichten Schlagzeilen macht. Da ist es schon komisch, zurückzudenken an eine Zeit, in der dieser Name nur in Verbindung mit Immobilienvermarktung und Reality-TV-Shows stand und mit Politik nicht im entferntesten etwas zu tun hatte.

Doch diese Zeit liegt eigentlich noch gar nicht so lange zurück; etwas mehr als fünf Jahre, um genau zu sein, als im Juni 2015 Donald Trump seine Präsidentschaftskandidatur im Blitzlichtgewitter auf der goldenen Rolltreppe seines Trump-Towers in New York verkündete. Was für viele anfangs mehr oder weniger als „PR-Gag“ gesehen wurde, entpuppte sich mit der Zeit als raffinierter und ernstzunehmender Wahlkampf um das Amt des US-Präsidenten.

Laut Buchter traf Trump einen Nerv, er sprach der amerikanischen „working class“ aus der Seele. Diese kämpft seit Jahren mit schrumpfendem Einkommen, trüben Zukunftsaussichten und der Angst vor dem Verlust ihres Jobs durch illegale Immigranten. An oberster Stelle seiner Versprechen: eine Grenzmauer zu Mexiko.

Trump hat sich zu ihrem Sprachrohr gemacht und ihnen aus der Seele gesprochen. Ihr angestauter Frust bekam einen Vertreter. Viele sehnten sich nach Verbesserungen, sei es finanziell oder in ihrem Umfeld. Gerade das spiegelte sich letztendlich auch im Wahlergebnis wieder. Die Regionen, in denen Trump mit überwältigender Mehrheit gewann, sind die Regionen in denen Drogenmissbrauch epidemisch ist, Depressionen und Armut weitverbreitet sind und die Selbstmordraten ständig anstiegen.

Die Krise dieser Menschen machte sich Trump zunutze. Endlich sprach sie jemand an. Und dieser jemand ist auch noch jemand weit entfernt vom politischen „Geplänkel“, welches viele Menschen satt hatten. Trump war anders, er war nicht perfekt, leistete sich einen Fauxpas nach dem anderen. Genau das machte ihn für seine Wähler zum lang ersehnten Helden. Diese selbsternannten „Patrioten“ fanden endlich den Anführer ihrer „Tea-Party“-Bewegung. Angelehnt an die „Boston Tea-Party“ von 1773, in welcher einst die amerikanischen Rebellen der englischen Kolonialmacht die Steuern und Gefolgschaft verweigerten, so die Autorin.

Zum Ende zieht Buchter den Schluss, dass gerade Trumps nicht durchgängige konservative Ideologie ihm dabei half, mit seinen Versprechen eine weit breitere Basis von Unterstützern anzuziehen, als es die „Tea-Party“ je konnte. Er „kaperte“ die Bewegung förmlich und idealisierte sie. Der stets mit seinen Erfolgen prahlende Donald Trump hat damit einen weiteren Erfolg aufzuweisen, eine breite, mehrheitsfähige, rechtspopulistische Bewegung in den USA.

Ein Jahr Ibiza-Affäre

Ein Hinweis von Emilia Bauer

Im Mai 2019 wurde ein auf Ibiza aufgenommenes Video veröffentlicht. In diesem Video geben der damalige Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache und der ehemalige FPÖ Fraktionschef Johann Gudenus zu, dass illegale Parteispenden nicht direkt an die FPÖ gezahlt, sondern über parteinahe Vereine umgeleitet würden. Die Ibiza-Affäre ist ein politischer Skandal in Österreich und führte nach der Veröffentlichung des Videos zum Bruch der Regierungskoalition zwischen ÖVP und FPÖ.

Doch wie steht es um Strache und Gudenus ein Jahr nach Veröffentlichung des Videos? Hat sich die Freiheitliche Partei Österreichs von diesem Skandal erholt? Diesen Fragen geht der am 16.05.2020 in der Online-Ausgabe des Spiegel veröffentlichte Artikel "Der Abgrund" auf den Grund.

Dienstag, 7. Juli 2020

Video: Die 7 größten Tricks der Populisten

Ein Hinweis von Ann-Kathrin Hummel und Johanna Zumpfe

Populisten - es gibt sie schon immer und überall auf der Welt: Ob Viktor Orbán, Donald Trump, Marine Le Pen, Recep Tayyip Erdogan oder Wladimir Putin - weltweit sind Rechtspopulisten im Aufwind. Sie alle versprechen, Volkes Stimme Gehör zu verschaffen. Alte Volksparteien verlieren immer stärker an Zustimmung. Ihr Absturz geht Hand in Hand mit dem Aufstieg der Rechtspopulisten. Warum sind Populisten so erfolgreich? Was ist ihr Erfolgsmuster? Welche populistischen Strategien verfolgen sie? Der Film gibt Antworten auf diese Fragen, wiederholt zentrale Erkenntnisse des bisherigen Semesters und leitet über zum Analyseteil, wenn es u.a. um die rhetorischen Strategien der Rechtspopulisten geht: https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/gefahr-von-rechts-die-sieben-groessten-tricks-der-populisten-100.html

Trump und der "bible belt"

Ein Hinweis von Nils Einfeld
Maggie Habermans Artikel "He’s ‘One of Us’: The Undying Bond Between the Bible Belt and Trump" aus der New York Times vom 14.10.2018 befasst sich mit der Beziehung zwischen Donald Trump und seinen Anhängern im christlich-konservativen bible belt. Er schildert das Paradoxon, welches sich aus den Ansichten dieser Menschen bildet, die sich von einem Mann vertreten und verstanden fühlen, der mit seinem Lebensstil und Verhalten das genaue Gegenteil von dem repräsentiert, was konservative Christen unter einem guten Menschen verstehen würden.

Dieses Paradoxon findet sich in ähnlichen Formen auch in anderen Ländern im rechtspopulistischen Kontext und zeigt, wie leicht sich Menschen mit Methoden wie Emotionalisierung, Pauschalisierung, etc. von einem subjektiv reflektierten Blick auf die Realität ablenken lassen.

Freitag, 3. Juli 2020

Trump, Johnson, Bolsonaro, Putin und Corona

Krisen sind in aller Regel "Glücksfälle" für Populisten. Wie machen sich eigentlich die Rechtspopulisten an der Regierung in der Corona-Krise? Dazu sind in den letzten Tagen zwei lesenswerte Kommentare erschienen: 
  • Christian Stöcker: Populismus und Corona - Stunde der Wahrheit für die Politik der Lüge (Spiegel, 28.06.2020); Zitat: "Die Reflexe der drei populistischen Lügner waren auch im Zusammenhang mit dem Coronavirus die gleichen: abwiegeln, für irrelevant erklären, sich über die Besorgnis von Fachleuten lustig machen, mit dem Ignorieren von sinnvollen Ratschlägen zum Selbstschutz "Männlichkeit" demonstrieren.(...) Im Moment aber scheinen die Entwicklungen in Brasilien, Großbritannien und den USA eines zu bestätigen: Die Politik der Lüge funktioniert nicht mehr, wenn Menschen sterben."
  • Michael Thumann: Rechtspopulismus und Corona: Die Unfähigkeit der autoritären Männer (Zeit, 03.07.2020); Zitat: "Die Menschen merken, dass Ignoranz und Borniertheit im Corona-Zeitalter tödlich sind. In demokratisch regierten Staaten überraschten Politiker mit der Aussage, dass sie keine fertigen Antworten haben, sondern täglich über das Virus hinzulernen. Die Fähigkeit zur Selbstkorrektur widerspricht dem Wesen des autoritären Populisten, der nicht lernen will, sondern Vorurteile abspult."

Entwicklung des Rechtspopulismus in den USA

Ein Hinweis von Sarah Hummel

Die Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichte am 9. Januar 2017 einen Artikel von Heike Buchter, in dem es um die Entwicklung des Rechtspopulismus in den USA geht: "Der Aufstieg der Rechtspopulisten in den USA". Der Rechtspopulismus ist in den USA nicht erst seit Donald Trump ein Problem. Die Wurzeln liegen weitaus tiefer. Der Artikel verschafft einen Überblick über die Themen, die schon lange ein Problem darstellen, und wie Trump sie aufgriff und dadurch immer mehr Wähler*innen für sich gewinnen konnte.

Donnerstag, 2. Juli 2020

Chronologie: Gründung der Nippon Kaigi (1997)

Dies ist ein Hintergrundtext von Roman Strauß zu folgendem Eintrag in der Chronologie

1997: Nippon Kaigi wird gegründet (Japan)

In diesem Beitrag wollen wir den Blick auf ein Land in Ostasien werfen, mit dem Deutschland sonst viel gemein hat: Japan. Deutschland und Japan gehören zu den größten Volkswirtschaften und den am schnellsten alternden Gesellschaften der Welt (vgl. Lill, 2020).

Doch wir wollen nun einen Aspekt beleuchten, der hierzulande relativ unbekannt ist. Es geht um Nippon Kaigi, zu deutsch „Japan-Konferenz“ (JK) oder „Japanvereinigung“. Dabei handelt es sich um die derzeit größte und einflussreichste Organisation der politischen Rechten in Japan (vgl. Ryoko, 2018, S. 132).

Die extrem nationalistische und konservativ geprägte JK ist mit höchsten Regierungs- und anderen offiziellen Kreisen und Organisationen vernetzt. Als parteiungebundene Vereinigung, die die japanische Nachkriegspolitik insbesondere durch die US-Besatzung geprägt sieht, zielt sie darauf ab, eine nationalbewusstere Politik zu schaffen (vgl. Heinrich, Vogt, 2017, S. 31).

Fortuyn und Wilders: Entwicklung des Rechtspopulismus in den Niederlanden

Ein Hinweis von Nils Krauter

André Krause gibt in seinem Aufsatz in den Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte mit dem Titel "Rechtspopulismus in den Niederlanden" einen Überblick über die Entwicklung des dortigen Rechtspopulismus seit 2002. Er schreibt über den Aufstieg von Pim Fortuyn, dessen Ermordung und die Folgen. Anschließend geht er auf den Hintergrund, das Unbehagen in der Bevölkerung ein. Mit der Ausgangslage 2002 hatte Fortuyn einen denkbar guten Start in die Politik.

Als nächstes analysiert Krause die tatsächliche Wählerschaft der Rechtspopulisten und zieht einen Vergleich zu Geert Wilders und der Wahl 2017. Nun stellt er die Frage, ob der Rechtspopulismus eine dauerhafte Perspektive in den Niederlanden haben kann, und schließt den Artikel ab mit dem geschichtlichen Hintergrund, der zu Fortuyns Erfolg führte, und mit der Frage, ob der neue "Top-Rechtspopulist" der Niederlande, Geert Wilders, als Systemfeind zu betrachten sei.

Der Artikel wurde im Juli 2019 online veröffentlicht und ist hier zu finden: https://www.degruyter.com/view/journals/vfzg/67/3/article-p476.xml

Normalisierung rechtspopulistischer Diskurse: Vortrag von Ruth Wodak

Ein Hinweis von Amineh Malek Merkoomyans

Die Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak erforscht seit Jahren die Wirkung rechtspopulistischer Rhetorik. Im Rahmen der W. Michael Blumenthal Lectures berichtet sie ihrem Vortrag "Rechtsruck?! Zur Normalisierung rechtspopulistischer Diskurse", welche zentrale Rolle Emotionen und das Schüren von Ängsten in der Diskursstrategie der Rechtspopulisten spielen. Zudem zeigt sie auf, wie sich die Sprache durch rechtspolitische Parteien verändert hat und dass sich deren Diskurse "normalisiert" haben.