Mittwoch, 29. Juli 2020

Chronologie: FPÖ-Gründung (1956)

Dies ist ein Hintergrundtext von Nicolas Meschenmoser zu folgendem Eintrag in der Chronologie:  

1956: FPÖ wird gegründet (Österreich)

Die „Freiheitliche Partei Österreichs“ (FPÖ) entstammt dem „Verband der Unabhängigen“ (VdU). Letztgenannter wurde 1949 gegründet. Sowohl VdU als auch FPÖ galten als Sammelbecken für (Alt-)Nazis, die politisch wieder partizipieren wollten. Ziel des VdU war es, ehemalige NS-Funktionäre bis hin zu Kriegsverbrechern zu rehabilitieren, sodass sie erneut politisch teilhaben konnten. Ein weiterer Hauptpunkt ihrer Agenda war es, die sogenannte deutschnationale Wertegemeinschaft aufrechtzuerhalten. Stimmverluste und interne Streitigkeiten unter den Parteifunktionären des VdU hatten zur Folge, dass die Partei langsam zerfiel und sich im Jahr 1956 endgültig auflöste.

Unter anderem entstand die FPÖ aus Mitgliedern und Anhängern des zerfallenen VdU. Am 5. Juni 1955 gründete sich zuerst die „Freiheitspartei Kärntens“. Wenige Wochen später, am 3. November 1955, entstand nach einer konstituierenden Sitzung die FPÖ. Die „Kärntner Freiheitspartei“ wurde daraufhin Teil der FPÖ und passte ihren Namen an. Allerdings blieb sie eine eigene Körperschaft innerhalb der Partei. Der Gründungsparteitag in Wien fand am 7. April 1956 statt.

Der erste Parteiobmann der FPÖ war Anton Reinthaller, ein früherer SS-Brigadeführer. 1930 wurde er Mitglied der NSDAP in Österreich, welche 1933 verboten wurde. 1934 versuchte er auf unterschiedlichen Wegen, die NSDAP in Österreich neu aufzubauen, bis am 10. Oktober 1934 die Bundespolizeidirektion Wien ihn unter Strafandrohung aufforderte, seine Bestrebungen zu unterlassen.


Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland im Jahr 1938 wurde er Land- und Forstwirtschaftsminister. Ebenso wurde er im April 1938 Reichstagsabgeordneter und hielt dieses Amt bis Mai 1945 inne. Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges wurde er vom Volksgericht im Jahr 1950 zu 3 Jahren Kerker wegen Hochverrat als Schwerstbelasteter verurteilt und inhaftiert. Trotzdem wurde er nach seiner Freilassung in das Amt als Bundesparteiobmann der FPÖ gewählt und führte dieses von 1955 bis zu seinem überraschenden Tod 1958 aus.

In den 1960er Jahren versuchte Friedrich Peter, ein ehemaliger SS-Obersturmführer, mit dem Ziel der Stimmmaximierung die Partei in die politische Mitte zu rücken. Er versuchte eine Balance zwischen den nationalen und liberalen Flügeln der FPÖ zu schaffen. Allerdings führte dies zu lauter Kritik der rechtsextremen Teile der Partei, worauf es zu einer Abspaltung (der „Nationaldemokratischen Partei“) kam.

1970 unterstützte die FPÖ vorübergehend, immer noch unter der Führung von Friedrich Peter, die Minderheitsregierung der SPÖ. Später, als die SPÖ die absolute Mehrheit erreicht hatte, änderte diese das Wahlrecht dahingehend, dass kleinere Parteien weniger stark benachteiligt werden. Dies kann als Gegenleistung für die vorige Unterstützung der FPÖ gewertet werden.

Norbert Steger wurde 1980 Bundesparteiobmann. Er wollte die Partei liberal ausrichten mit dem Ziel, neue Wählerschichten anzusprechen. Unter seiner Leitung erreichte die FPÖ nach der Nationalratswahl 1983 ihre erste Regierungsbeteiligung, eine Koalition mit der SPÖ. Die FPÖ hatte bei dieser Wahl das schwächste Ergebnis mit 5% in ihrer gesamten Geschichte. Steger wurde Vizekanzler sowie Handelsminister. Des Weiteren stellte seine Partei den Justiz- und Verteidigungsminister.

Allerdings konnte die FPÖ unter der Führung Peters durch die Regierungsbeteiligung keine Akzente setzen. So kam es auf dem Parteitag in Innsbruck zu einer Kampfabstimmung zwischen ihm und seinem Konkurrenten Jörg Haider. Haider ging als Gewinner aus dieser Abstimmung hervor. Der damalige amtierende Bundeskanzler Franz Vranitzky interpretierte diese Abstimmung als Richtungswechsel der FPÖ und beendete daraufhin die Koalition.

Jörg Haider positionierte die FPÖ neu. Er drängte den Deutschnationalismus in den Hintergrund und schaffte es, durch rechtspopulistische Inhalte neue Wählerschichten anzusprechen. So kam es, dass die Partei von 1983-1999 ihren Stimmanteil von 5,3% auf 26,9% ausbaute. 1999 wurde die FPÖ mit 26,9% zweitstärkste Partei. Der Stimmenzuwachs ist vor allem auf das traditionell sozialdemokratisch wählende Arbeitermilieu zurückzuführen. Trotz reger Kritik aus dem Ausland und „Sanktionen“ von den damals 14 Mitgliedstaaten der EU koalierte die ÖVP mit der FPÖ. Erstgenannte stellte damals den Bundeskanzler.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die FPÖ von Altnazis gegründet wurde und ein Sammelbecken für diese war. Dieser geschichtliche Sachverhalt wurde erst 2018 aufgearbeitet und in einem Bericht, dessen Veröffentlichung mehrfach verschoben wurde, der Öffentlichkeit dargelegt. Dieser Bericht wird von (sogar mitwirkenden) Historikern scharf kritisiert.

Tipp zum Weiterlesen
  • Margit Reiter (2019), Die Ehemaligen – Der Nationalsozialismus und die Anfänge der FPÖ, Wallstein Verlag, ISBN 978-3-8353-3515-8
Literatur

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