Donnerstag, 16. Juli 2020

Chronologie: Gründung der One Nation Party (1997)

Dies ist ein Hintergrundtext von Nils Krauter zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

1997: ONP wird gegründet (Australien)

Seit dem Zusammenschluss von Australien 1901 gab es immer wieder stark rechte Gruppierungen. Eine der einflussreichsten war die Australian League of Rights, die 1946 in Süd-Australien gegründet wurde und sich auf föderaler Ebene 1960 etablierte. Sie behauptete, dass viele Probleme der Welt sich auf "die Juden", die angeblich die Kontrolle über die Finanzmärkte haben, zurückführen ließen. Sie war gegen Kommunismus, die Rechte der Aborigines und asiatische Immigranten.

Die League nutzte die Angst gerade der ländlichen AustralierInnen, für die ein ökonomischer Einbruch den Verlust ihrer Existenzgrundlage und den Verlust "ihres Australiens" bedeuten würde. Gerade die späten 60er und 70er Jahre waren eine Zeit des Ein- und Umbruchs. Es gab eine Dürre und die Preise für Wolle, Getreide und Schafe schwankten stark. Es wurde auch die "White Australian policy" beendet, die Immigration stark einschränkte.

Die Zerstörung von Feldern wurde mit rückständigen Methoden der Bauern verbunden. Sie fühlten damit ihre Traditionen und Werte bedroht, die Vergangenheit war immer spürbarer vergangen. Das führte dazu, dass viele Landwirte bereit waren, politisch drastischere Maßnahmen zu ergreifen beziehungsweise extreme Parteien zu wählen.

Die League war der erstbeste Anhaltspunkt. Sie hatte ein rassistisches, anti-kommunistisches und antisemitisches Profil mit stark durch Verschwörungstheorien geprägten Programmen. Die in die Ecke gedrängten und von der Mitte der Gesellschaft entfernten Bauern wurden zu den stärksten Unterstützern der League. In den 1980ern warnte die League vor einer "Invasion der Asiaten", die das traditionelle Australien zerstören würden. Berühmte Unterstützer der League behaupteten, dass es Planungen gebe, eine separate "schwarze Nation" in Australien zu errichten. Material, das solche und vergleichbare Nachrichten propagierte, wurde gezielt in Landabschnitten mit wenig Aborigines und wenig jüdischen Bürgen verteilt.

Kommen wir zur One Nation Party, gegründet 1997 von Pauline Hanson. Sie teilte den Rassismus, den Ultra-Nationalismus und die Vorliebe für Verschwörungstheorien der League. Auch die ONP hatte ein sehr einheitliches Wählerbild. Durch die charismatische Anführerin hatte die ONP zumindest kurzzeitig mehr Erfolg als die League. Australiens Kultur fragmentierte sich mit der Zeit. Es gab immer mehr Einwanderung und Multikulturalismus. Hanson sprach gezielt die Australier an, die sich verloren fühlten und Angst um ihre Kultur und Identität hatten.

Hanson wurde zuerst auffällig, als sie 1996 einen Artikel über die Ungerechtigkeit des Unterstützens der Aborigines seitens der Regierung schrieb. In ihrer ersten Rede äußerste sie sich konkret gegen Multikulturalismus und in Anlehnung an Margaret Thatcher sagte sie, sie hätte Angst, dass Australien von Asiaten überschwemmt werden würde. Viele Leute teilten ihre Ansichten und so kam es 1997 zur Parteigründung. Die ONP war anders strukturiert als die etablierten australischen Parteien. Sie hatte nur drei Stimmberechtigte. Hanson selbst und ihre rechte und linke Hand, David Etteridge und David Oldfield. Durch diese Struktur sollte ihre Machtposition gesichert bleiben. Die ONP verkehrte mit rechten Gruppen, wie eben der League und Vertretern der Waffen-Lobby.

Populismus spaltet in der Regel in "Wir" und "Die". Die ONP nimmt allerdings eine dreifache Spaltung vor. Es gibt "Uns" und die "Anderen". Allerdings sind die anderen in zwei Gruppen unterteilt. Es gibt "den Feind/den Unterdrücker" und diejenigen, die nur durch ihre reine Existenz als Bedrohung der australischen Lebensweise und Kultur gelten. "Das Volk", wie es von der ONP verstanden wird, wird von oben und von unten bedroht. Oben die kosmopolitischen "korrupten Eliten" und unten diejenigen, die anders wirken und anders sind.

"Das Volk" sind laut Hanson diejenigen mit wenig politischer Macht und Einfluss. Es wird als das "normale Volk" oder "die normalen Australier" charakterisiert. Sie stechen höchsten dadurch heraus, dass sie nicht Mitglieder der Elite sind. Ein großes Feindbild der ONP sind solche, die Hilfe vom Staat erhalten: Aborigines oder auch alleinerziehende Mütter. Die ONP-Wähler haben das Gefühl, dass diese Leute auf ihre Kosten bevorzugt werden. Hanson stellt die Hilfe des Staates als Unfairness da. Sie behauptet, sie habe genau wie ihre Eltern und Kinder für ihr Lande gearbeitet und es habe ihr niemand einfach etwas gegeben.

Ein weiteres Feindbild sind solche, die "die australische Art zu leben" gefährden. Das sind hauptsächlich Migranten, vor allem solche mit asiatischen Wurzeln. Hanson unterstellt den asiatisch-stämmigen Migranten, mit Drogen zu handeln. Sie will sich in "ihrem eigenen Land" nicht wie eine Außenstehende fühlen.

Hanson kritisiert auch die multikulturelle Politik Australiens. Sie will, dass die aufgewendeten Geldmittel in "das echte australische Volk" investiert wird. In die, die es laut ihr verdienen und die dafür arbeiten. Die ONP kombiniert Nationalismus mit Xenophobie. Sie will ein Australien ausschließlich von Australiern bewohnt. Hanson geht ebenfalls stark auf die Inkompatibilität des Islam mit der australischen Kultur ein. 

Literatur
  • Leach, Michael u.a. (Hrsg.) (2000): The Rise and Fall of One Nation, Queensland University Press, v.a. S. 23-29
  • Mazzoleni, Gianpietro u.a. (2003): The Media and Neo-Populism: A Contemporary Comparative Analysis, Praeger Verlag, S. 121ff.
  • Wear, Rae (2005): The Extreme Right in Britain and Australia, Online-Version bei ResearchGate

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