Mittwoch, 15. Juli 2020

Chronologie: Brexit-Volksabstimmung (2016)

Dies ist ein Hintergrundtext von Simone Ackermann zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

2016: Mehrheit für den Brexit bei der Volksabstimmung in Großbritannien

Nachdem Großbritannien 1973 in die Europäische Gemeinschaft (heute: Union) eintrat, stimmten 43 Jahre später am 23. Juni 2016 51,8% der Bevölkerung für einen Austritt aus der EU (vgl. Elmer & Hebel, 2016).

Der Austritt kam nicht plötzlich, sondern zeichnete sich schon über Jahrzehnte langsam ab (vgl. Lucke, 2017). Schon immer gab es Sonderregelungen und Ausnahmen für Großbritannien. Kurz vor dem Referendum versuchte der damalige Premierminister Cameron, die EU-Gegner mit einem neuen durch Kompromisse entstandenen EU-Deal zu bremsen, dabei scheiterte er (vgl. Lucke 2017).

Die Argumente der EU-Gegner waren vor allem die große Bürokratie mit dem zu großen Regelwerk (Penatzer, 2015, 10). Außerdem beschwerten sie sich über zu hohe Zahlungen an Brüssel, wobei „Großbritannien seinen Beitrag zur EU […] sparen könnte, um Gelder direkt für die eigene Wirtschaft zu verwenden“ (Penatzer, 2015, 10). Einer der Hauptgründe war aber die Einwanderung. Die EU-Osterweiterung führte dazu, dass die Einwanderer nicht mehr aus den ehemaligen Kolonien kamen, sondern aus osteuropäischen Ländern wie Polen oder Rumänien. Diese strömten auf den Arbeitsmarkt von Großbritannien (vgl. Lucke, 2017, 13-14). Auch die rechtspopulistische Partei UKIP verstärkte diese Position. Sie sprachen sich konkret gegen Einwanderer und somit auch gegen die EU aus. Grenzen und Bedingungen zur Immigration sollten selbst bestimmt werden. Viele einflussreiche Medien wandten sich gegen die EU und verhalfen den Austrittsbefürwortern so zu einem Höhenflug (vgl. Lucke, 2017, 13).

Im Gegensatz zu der Propaganda und den Horrorszenarien der EU-Gegner hatten es die EU-Befürworter schwerer. Dennoch konnten sie auch Argumente aufweisen. Die EU erleichtert Großbritannien den Handel mit anderen EU-Ländern. Außerdem fördern die Migranten als Arbeiter die Wirtschaft. Der Bedarf an Fachkräften kann aus der einheimischen Bevölkerung gar nicht befriedigt werden, und die Lohnkosten der Migranten sind deutlich geringer als die der Einheimischen (vgl. Penatzer, 2015, 6). Ein großer Punkt für die EU war auch die allgemeine Sicherheit. Sie ist innerhalb des Staatenbundes besser gewährleistet, denn Großbritannien kann mit Unterstützung besser verteidigt werden.

Als der EU-Austritt Großbritanniens dann durch das Brexit-Referendum beschlossen war, gab es die Möglichkeit des harten und des weichen Austritts. Beim harten Austritt werden sämtliche Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien beseitigt, der weiche Austritt soll negative Folgen bestmöglich abfedern. Wenn es zu einer Einigung zwischen Großbritannien und der EU kommen kann, soll ein harter Austritt vermieden werden (vgl Lucke, 2017, 14).

Es bestehen verschiedene Möglichkeiten, wie die Beziehung von Großbritannien und der EU nach dem Brexit aussehen soll. Die Modelle hierfür heißen WTO-, Norwegen-, Schweiz-, Türkei- und  Freihandelsabkommen-Modell (vgl. Penatzer, 2015, 20) (es wäre zu viel, diese hier alle auszuführen. Penatzer (2015) hat sie ausführlich dargestellt.).

Nachdem das Volk für den Brexit gestimmt hatte, trat Cameron zurück, da er sich für die EU ausgesprochen hatte. Die neue Premierministerin Theresa May schickte dann die Austrittserklärung nach Brüssel. Nun sollten die Austrittsgespräche innerhalb einer zweijährigen Frist stattfinden. Diese verliefen schwierig und langwierig. Nach drei Versuchen der Einigung auf ein Austrittsabkommen und der zukünftigen Partnerschaft gab es immer noch keine Mehrheit im Unterhaus. Somit wurde der Austrittstermin verschoben. Im Mai 2019 trat Theresa May zurück, weil sie das Vertrauen ihrer eigenen Partei verloren hatte und ihre Bemühungen keinen Anklang fanden.

Ihr Nachfolger Boris Johnson setzte auf einen EU-Austritt bis zum 31. Oktober, notfalls auch ohne Austrittsabkommen, und reichte somit im Oktober 2019 ein neues Austrittsabkommen ein. Das Unterhaus blockierte daraufhin, sie wollten kein Eilverfahren. Der Austritt wurde auf Januar 2020 verschoben. Im Dezember 2019 gab es eine vorgezogene Parlamentswahl, woraufhin die Konservativen mit Boris Johnson die absolute Mehrheit gewannen. Somit war es nun möglich, mit einer absoluten Mehrheit für das Brexit-Gesetz zu stimmen. Am 31. Januar wurde das Austrittsabkommen verabschiedet und der Weg zum Brexit war frei. Nun begann die Übergangsphase bis Dezember 2020, in der die Rahmenbedingungen ausgehandelt werden. Wenn es zu keiner Einigung kommt, könnte immer noch ein No-Deal Brexit durchgeführt werden (vgl. Europäischer Rat, 2020).

Im Vorfeld des Brexit-Referendums spielten rechtspopulistische Merkmale wie Nationalismus eine große Rolle. Die Merkmale des Rechtspopulismus, wie die Haltung gegen die EU und gegen Immigranten, zeichnen sich im Brexit ab. Es lässt sich also sagen, dass der Brexit ein Produkt des Rechtspopulismus ist (vgl. Schirdewan, 2019).

Literatur

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