Dienstag, 30. Juni 2020

Chronologie: Verbot der SRP (1952)

Dies ist ein Hintergrundtext von Julia Lochmann zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

1952: SRP wird vom Bundesverfassungsgericht verboten

In Deutschland dient die Möglichkeit des Parteiverbots gemäß Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz (GG) dem präventiven Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Aufgrund der mit einem Verbot verbundenen Intensität des Eingriffes und um einem (politischen) Missbrauch vorzubeugen, ist in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich das Bundesverfassungsgericht dazu berechtigt.

Die Sozialistische Reichspartei (SRP)

Als Gründer der Gemeinschaft Unabhängiger Deutscher im Jahr 1949 hatten sich Fritz Dorls, Otto Ernst Remer und Gerhard Krüger kurz vor den Bundestagswahlen in die Deutsche Rechtspartei integriert. In der Partei bildete sich eine Oppositionsgruppe, die sich mit ihren aus dem Nationalsozialismus stammenden Ideen nicht durchsetzen konnte. So gründeten sie im Oktober 1949 die Sozialistische Reichspartei (SRP). Das Programm stellte im wesentlichen eine Neuauflage des NSDAP-Programms dar (Mecklenburg 1996).

Die erste Partei, die durch das Bundesverfassungsgericht verboten wurde, rekrutierte ihre Mitglieder und Wähler vor allem unter den ehemaligen NSDAP-Mitgliedern. Jeder Zweite der damals 40.000 Mitglieder erlebte die NS-Diktatur als Jugendlicher. Die Partei beanspruchte in ihrem Parteiprogramm ein Widerstandsrecht zum Schutz des Reiches und forderten die Treue zum Reich, den Schutz und die Ehre des deutschen Soldaten und vor allem sahen sie Handlungsbedarf in der "Judenfrage", allerdings mit anderen Mitteln als zur Zeit des Nationalsozialismus.

1950 beteiligten sich die SRP erstmals an Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein. In Nordrhein-Westfalen erzielten sie 0,2% und in Schleswig-Holstein 1,6%. Somit bekam sie kein Mandat. Dafür bekam die Partei 1951 Aufwind. Im Mai holten sie in Niedersachsen 11,0% der Stimmen. Ihre größten Erfolge in einzelnen Regierungsbezirken von Niedersachsen lagen bei 21,5%, 30,0% und 27,7%. Nur sechs Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur war somit in 2 von 3 Dorfgemeinden wieder eine nationalsozialistische die stärkste Partei.

Im Mai 1951 verfügte die Bundesregierung dann erstmals gegen die Organisationen der SRP (Reichsjugend und Reichsfront) ein Verbot. Zudem beantragte die Regierung im November 1951 die Feststellung der Verfassungswidrigkeit beim Bundesverfassungsgericht. Fünf rechtskräftige Urteile wurden bis Juni 1952 ausgesprochen und weitere 25 waren zu der Zeit in strafrechtliche Verfahren verwickelt. Die SRP wurde schließlich am 23. Oktober 1952 wegen ihrer offenen Bezugnahme zur NSDAP verboten (Will 2018).

„Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichtes hat am heutigen Tage (23. Oktober 1952) das Urteil in dem Verfahren gegen die Sozialistische Reichspartei verkündet. Die SRP ist verfassungswidrig und wird deshalb aufgelöst. Die Schaffung von Ersatzorganisationen ist verboten. Das Vermögen der Partei verfällt dem Bund für gemeinnützige Zwecke. Die Abgeordneten der Partei im Bundestag und in den Landtagen verlieren ihre Mandate und können nicht durch auf den Listen nachrückende Ersatzmänner ersetzt werden.“ (Bundesverfassungsgericht, 1952)

Im Rückblick wirkt es unglaublich, dass die SRP überhaupt im Bundestag sitzen konnte. Sie forderte offen das Deutsche Reich zurück, hetzte gegen Juden und Linke. Hinzu kam, dass sich die Partei ganz offen auf den Geist der NSDAP berief (Maxwill 2012).

Quellen:
  • Mecklenburg, Jens (1996): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin, S. 173 f.
  • Maxwill, Peter (2012): Geheim ins Reich, in Spiegel Geschichte <https://www.spiegel.de/geschichte/rechtsradikale-srp-a-947501.html> (28.06.2020)
  • Will, Martin (2018): Ephorale Verfassung: Das Parteiverbot der rechtsextremistischen SRP von 1952, Mohr Siebeck.

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