1964: NPD wird gegründet (Deutschland)
Aufgrund dessen, dass die Sozialistische Reichspartei (SRP) offen Bezug zum Nationalsozialismus zugab und die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnte, wurde 1952 ein Verbot und somit die Auflösung der SRP durch das Bundesverfassungsgericht verfügt (vgl. Pfahl-Traughber 2008, S. 10). Seit diesem Verbot traten verschiedene rechtsextremistische Parteien in Konkurrenz zueinander an und bekämpften sich gegenseitig (vgl. www.michael-lausberg.de). Die „Deutsche Reichspartei“ (DRP) erhielt durch ehemalige SRP-Aktivisten einen bedeutsamen, jedoch nicht ausreichenden Zuwachs, um zu führen (vgl. Pfahl-Traughber 2008, S. 10).
Dadurch, dass keine gemeinsame Linie von den Parteien verfolgt wurde, kam es zu einem stetigen Mitgliederrückgang (vgl. www.michael-lausberg.de). Die rechtsextremen Parteien erkannten, dass sie alleine zu keinem Erfolg kamen, weshalb sie beschlossen, ihre Kräfte zu bündeln. Anführer dieser Entwicklung war der DRP-Vorsitzender Adolf von Thadden (vgl. A. Pfahl-Traughber 2008, S. 11).
Während der Vorbereitungsphase der Gründung der NPD waren interne Streitigkeiten vorbestimmt. Friedrich Thielen und Adolf von Thadden befürworteten eine Wahlpartei, während andere den Aufbau eines Verbandes bevorzugten, in dem jede Partei ihre Eigenständigkeit behalten hätte. Auch inhaltliche Differenzen führten zum Konflikt, wodurch sich völkische und rassistische Sichtweisen mit etatistischem Denken kreuzten (vgl. NPD). Nach zähen Verhandlungen gelang es den Vertretern, die Nationaldemokratische Partei am 28.November 1964 zu gründen, weshalb sie als älteste rechtsextremistische Partei Deutschlands gilt (vgl. Neubauer 2007, S. 8).
Ihre 473 Mitglieder setzten sich in erster Linie aus Politikern der Deutschen Partei (DP), der Gesamtdeutschen Partei (GDP) sowie Kleingruppen wie der Vaterländischen Union (vgl. NPD) und der damaligen größten rechtsextremistischen Partei Deutschlands, der Deutschen Reichspartei (DRP), zusammen (vgl. Neubauer 2007, S. 8).
Zum ersten Bundesvorsitzenden wurde Friedrich Thielen, ein Bürgschaftsabgeordneter und Betonfabrikant, gewählt. Warum Thielen und nicht A. von Thadden erster Bundesvorsitzender wurde, hatte einen strategischen Grund: In der Öffentlichkeit bemühte sich die Organisation darum, von dem Vorwurf des Neonationalsozialismus abzukommen. Thielens Image entsprach durch seine frühere CDU-Mitgliedschaft eher den Prinzipien des demokratischen Verfassungsstaates, wodurch keine Anknüpfungspunkte für ein mögliches Verbotsverfahren gegeben wurden.
Die NPD erkannte, dass sie mit einem gemäßigten Ruf mehr Sympathien der Bevölkerung erlangen und somit breiter auf sie einwirken können (vgl. Pfahl-Traughber 2008, S. 11). Zwischen 1967 und 1971 wurde Adolf von Thadden (DRP) sein Nachfolger, der als charismatischer Redner und geschickter Stratege bekannt war und die Erfolge in den Wahlen zwischen 1966 und 1968 auch sich zuschreiben lassen kann.
Zu den stellvertretenden Parteivorsitzenden zählten auch Wilhelm Gutmann, der als bürgerlich-konservativ galt und ehemaliger Funktionär der „Gesamtdeutschen Partei“ war. Zudem kam Heinrich Fassbender, der nach seiner Mitgliedschaft in der FDP die rechtsextreme Kleinpartei „Deutsche-Nationale Volks-Partei" gegründet hatte. Durch diese Konstellation wollte man zusätzlich verhindern, dass die NPD eine DRP-Nachfolgerpartei war (vgl. Pfahl-Traughber 2019, S. 61 ff.).
"Das Volk" steht bei der NPD im Vordergrund, wobei das Wohl und die Erhaltung des Schutzes der deutschen Bevölkerung das höchste Ziel sind. Demzufolge müsse die Bevölkerung vor dem „Verlust ihrer Identität“ und der „Zerstörung der Familien“ bewahrt werden, um die „Kultur zu erhalten und zu schützen“ (vgl. Neubauer 2007, S. 16). Daraus ergeben sich Grundsätze wie: „Rückkehrpflicht statt Bleiberecht“ (vgl. NPD 2013, S. 28). Die NPD stellt die „Deutschen“ vor die Wahl, sich zwischen einem „Sozialstaat oder Einwanderungsstaat“ zu entscheiden (vgl. NPD 2013, S. 10). Sie bezeichnet Immigranten als bedrohliche Belastung, welche den „inneren Frieden“ des Volkes gefährde (vgl. Neubauer 2007, S. 17).
Die Ideologie der NPD vertritt eine Grobsortierung der Menschheit in weiße, gelbe und schwarze Rassen, „es sei ein Wahn, dass alle Menschen gleich seien“ (vgl. www.michael-lausberg.de). Sie wirbt für militärisches Werte wie Ordnung, Disziplin, Opfer sowie Dienste und Pflichten für das Vaterland (vgl. www.verfassungsschutz-bw.de).
Die Mitgliedschaft stieg binnen kurzer Zeit an, wodurch genügend Personal vorhanden war, um in den einzelnen Bundesländern Organisationsstrukturen zu gründen (vgl. Pfahl-Traughber 2008, S. 12). 1965 trat die NPD zum ersten Mal bei der Bundestagswahl an, in der sie zwei Prozent der Stimmen erhielt. Auch im Folgejahr erreichten sie nicht ganz vier Prozent der Stimmen.
1966 erregte die NPD durch eine viel beachtete und hoch umstrittene Rede von Ernst Anrich, in der es um völkische Ideologien ging, großes Aufsehen, wodurch sie im November erstmalig die Fünf-Prozent-Grenze überwand und in den beiden Folgejahren in allen Landtagswahlen in die jeweiligen Landtage einzog, während die Zahl der Parteimitglieder weiter wuchs (vgl. Botsch 2017, S. 19).
Das Durchschnittsalter während der Gründungsphase betrug 50 Jahre, was deutlich auf die Sozialisierung während des Nationalsozialismus hinweist (vgl. Pfahl-Traughber 2008, S. 14).
Mit nur 4,3 Prozent verfehlte die NPD 1969 nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde, um in den Bundestag einzuziehen. Wenige Monate nach dieser Wahl bekannten sie sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und arrangierten sich mit den USA (vgl. Fischer 2018, S. 83).
Bis heute gilt die NPD als die bedeutsamste und einflussreichste rechtsextremistische Partei in Deutschland (vgl. www.verfassungsschutz-bw.de) und zählt bundesweit ungefähr 6000 Mitglieder, wobei der Altersdurchschnitt bei 37 Jahren liegt (vgl. Neubauer 2007, S. 8).
Literatur
- Botsch, Gideon (2017): Wahre Demokratie und Volksgemeinschaft. Ideologie und Programmatik der NPD und ihres rechtsextremen Umfelds. In: Virchow, F. / Häusler, A.. (Hrsg.): Vom Rechtsnationalismus zur Nationaldemokratie, Düsseldorf, Springer Verlag.
- Fischer, Fabian (2018): Die konstruierte Gefahr. Feindbilder im politischen Extremismus, 4.2 Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands. In: Uwe Backes / Eckhard Jesse (Hrsg.): Extremismus und Demokratie.
- Lausberg, Dr. Michael, o.J., Die Gründung der NPD 1963 und die ersten Jahre. www.michael-lausberg.de/index.php?menue=exclusiv&inhalt=gruendung_npd_1963_erste_jahre (zuletzt aufgerufen am: 05.06.2020).
- Neubauer, Christine (2007): Neue Wörter – alte Ideen. Die Reproduktion nationalsozialistischen Sprachgebrauchs in den Parteiprogrammen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands und der Sverigedemokraterna, Stockholms Universitet, Handledare: Charlotta Brylla.
- NPD (2013): Arbeit, Familie, Vaterland. Das Parteiprogramm der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). 2. Auflage, Beschlossen auf dem Bundesparteitag am 04./05.6.2010 in Bamberg. https://npd.de/Parteiprogramm_NPD.pdf (zuletzt aufgerufen am: 04.06.2020)
- NPD: Die soziale Heimatpartei. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), Die Geschichte der NPD, https://npd.de/geschichte-der-npd/ (zuletzt aufgerufen am: 04.06.2020).
- Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg o.J.: Rechtsextremistische Parteien. https://www.verfassungsschutz-bw.de/,Lde/Startseite/Arbeitsfelder/Rechtsextremistische+Parteien (zuletzt aufgerufen am: 07.06.2020).
- Pfahl-Traughber, Armin (2008): Der „zweite Frühling” der NPD. Konrad Adenauer Stiftung e.v.
- Pfahl-Traughber, Armin (2019): Rechtsextremismus in Deutschland. Eine kritische Bestandsaufnahme. Springer Verlag.
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