Dienstag, 23. Juni 2020

Chronologie: PEGIDA wird gegründet (2014)

Dies ist ein Hintergrundtext von Leonie Widmann zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

2014: PEGIDA gegründet

Die PEGIDA (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) ist eine islam- und asylkritische sowie ausländer- und fremdenfeindliche Bewegung, die im Oktober 2014 ihren Anfang nahm. Initiatoren und Anhänger bestreiten zwar, dass sie ausländerfeindlich sind, die Bewegung wird jedoch als solche wahrgenommen und kritisiert. PEGIDA hat ihren Ursprung in Dresden und auch dort bei den wöchentlichen Demonstrationen den größten Zulauf. Es bildeten sich in vielen Städten PEGIDA-Ableger, die bis heute jedoch ohne Erfolg und Bedeutung blieben. Der Versuch, Dresden als Ausgangspunkt für eine gesamteuropäische Bewegung zu nehmen, ist also vorerst gescheitert (Vorländer et al. 2016).

PEGIDA entstand aus einer nicht öffentlich sichtbaren Facebook-Gruppe am 11. Oktober 2014. Mit der gewählten Bezeichnung „Patriotische Europäer“ sollte vermittelt werden, dass die Bewegung aus der bürgerlichen Mitte kommt (Popp & Wassermann 2015). Gegründet wurde die Facebook-Gruppe von dem gelernten Koch und selbständigen Werbeunternehmer Lutz Bachmann. Er gründete die Gruppe da er der Meinung war, man müsse angesichts der Erfolge des Islamischen Staates und der Diskussionen über die Unterbringung von Flüchtlingen zu Protesten auf der Straße aufrufen. Die Veröffentlichung von Plänen der Dresdner Stadtverwaltung und umliegender Landkreise bezüglich der Einrichtung neuer Unterkünfte für Asylbewerber spielte dabei eine große Rolle (Vorländer et al. 2016).

Am Montag, den 20. Oktober 2014, rief das „Aktionsbündnis“ zur ersten Demonstration auf. Bei dieser sind lediglich 350 Demonstranten erschienen, vier Wochen später waren es jedoch bereits 3.200 und weitere vier Wochen später schon 15.000 „patriotische Europäer“ (Geiges et al. 2015). PEGIDA war vor allem in Dresden erfolgreich. In anderen deutschen Städten folgten oft nur einige hundert Personen den Aufrufen zur Demonstration, und die Zahl der Gegendemonstranten übertraf die der PEGIDA-Anhänger deutlich. In Dresden war die Situation jedoch genau umgekehrt. Die „Patriotischen Europäer“ verzeichneten hier bis Mitte Januar ein stetiges Wachstum und erreichten schließlich am 12.01.2015 den Höchststand ihrer Mobilisierung mit ca. 25.000 Teilnehmern (Vorländer et al. 2016).

Bei den Anhängern von PEGIDA handelte es sich zu vier Fünftel um Männer, die vor allem Angestellte oder Arbeiter waren und dem Mittelstand zugehören. Mehr als 20 Prozent verfügten über Abitur oder Fachhochschulreife, ein abgeschlossenes Studium hatten über 30 Prozent. Der "typische" Pegida-Demonstrant stammte aus der Mittelschicht, hat eine gute Ausbildung und ist berufstätig (Bundeszentrale für politische Bildung 2015).


Die Veranstaltungen von PEGIDA waren sowohl im Internet als auch auf der Straße gut organisiert. Sie liefen in der Regel geordnet ab, und die Anhänger zeigten sich gewaltlos und bürgerlich. Zu Beginn jeder Demonstration wurden beispielsweise die Regeln verlesen und die Anwesenden wurden gebeten, keinen Alkohol zu trinken und Hunde zuhause zu lassen. Die Anhänger von PEGIDA verstanden sich als „überparteiliches Aktionsbündnis“, welches das Eingreifen in die Gesellschaft von religiösen Minderheiten (insbesondere des Islam) verhindern wollte.

Auf den Demonstrationen fielen Ausdrücke wie „Lügen- und Mainstreampresse“, „Volksverräter statt Volksvertreter“ oder „wir sind mündige Bürger“. Am 10. Oktober wurde ein 19 Punkte umfassendes einseitiges Positionspapier veröffentlicht (Geiges et al. 2015). Die 19-Punkte-Erklärung diente offensichtlich dazu, den Anschein einer gemäßigten Ausrichtung in die breite Öffentlichkeit hinein zu vermitteln (Bundeszentrale für politische Bildung 2015).

Bachmann verkündete am 12. Januar 2015, dass die Forderungen auf sechs Punkte reduziert werden und somit der Anspruch an die Politik konkretisiert wird. Die Forderungen beinhalteten ein „Zuwanderungsgesetz“, mehr direkte Demokratie in Deutschland und Europa, mehr Finanzmittel für die innere Sicherheit und Frieden mit Russland. Diese Forderungen wurden jedoch schriftlich nicht näher begründet oder argumentativ hergeleitet (Geiges et al. 2015).

Am 28. Januar 2015 gab es einen internen Streit über die weitere politische Ausrichtung von PEGIDA. Die stärker auf ein moderates, bürgerlich-konservatives Erscheinungsbild zielenden Anhänger der Bewegung kehrten ihr den Rücken. Der Anlass für die Spaltung bei den PEGIDA-Organisatoren war die Veröffentlichung von Text- und Fotomaterial, das Lutz Bachmann belastete. Bachmann bezeichnete Asylsuchende als „Viehzeug“, „Gelumpe“ und „Dreckspack“.

In der Zeit, als einzelne Mitglieder des Organisationsteams von PEGIDA begannen, Kontakte mit Vertretern der Politik zu knüpfen und sich gegenüber den Medien zu öffnen, erfolgte der offene Ausbruch dieser Konflikte. Nach den internen Spannungen und der daraus resultierenden Spaltung des PEGIDA-Organisationsteams kamen ab Februar 2015 dann beträchtlich weniger Personen zu den montäglichen Demonstrationen.

Die Teilnehmerzahlen beliefen sich schließlich bis Ende Juli 2015 auf 2.000 bis 3.000, mit Ausnahme des 13.04.2015, als der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders auf der Veranstaltung einen Vortrag hielt (Vorländer et al. 2016). Im Juni 2015 wurden von PEGIDA weitere politische Initiativen angekündigt. Lutz Bachmann erklärte am 15. Juni 2015, dass ein Einzug über Direktmandate in die Kommunal- und Landesparlamente geplant ist. Die Gründung einer eigenen Partei ist laut Bachmann außerdem mittelfristig angedacht (ebd.).

Eine Ergänzung zum Thema ist der interessante Beitrag „Pegida – eine Protestbewegung zwischen Ängsten und Ressentiments“ von Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber aus dem Jahr 2015. Dieser ist auf folgender Internetseite zu finden und ist zum Weiterlesen sehr geeignet, da die wichtigsten Informationen zum Thema kompakt zusammengefasst und verständlich dargestellt sind: https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtspopulismus/200901/pegida-eine-protestbewegung-zwischen-aengsten-und-ressentiments.

Des Weiteren ist es sehr interessant, sich eine Rede des PEGIDA-Vorsitzenden Lutz Bachmann genauer anzuschauen. Dies ist beispielsweise unter der Internetadresse https://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/141219_pegida_mitschrift.pdf. möglich.

Literatur

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