Samstag, 12. Juni 2021

Populismus, Extremismus und AfD

In diesem Beitrag stellt Ayce Idil Özgül folgenden Aufsatz vor:

Jesse, E. / Panreck, I. (2017): Populismus und Extremismus: Terminologische Abgrenzung. Das Beispiel der AfD; in: Zeitschrift für Politik 64, 1/2017, S. 59-76, online unter: https://www.jstor.org/stable/26429640.

Extremismus und Populismus sind zwei Begriffe, die beim ersten Hören stark miteinander verbunden werden und dennoch so verschieden in ihrer Bedeutung sind. Es sind zwei Begriffe, welche scharf voneinander getrennt werden sollten. Das wird am Beispiel der AfD untersucht, einer Partei, welche sich neu in die deutsche Parteienvielfalt eingebracht hat und vorerst auch bleiben wird. Wie ist sie einzustufen? Welcher der beiden Begriffe passt am besten zu ihr und wieso?

Der Aufsatz von Jesse und Panreck beginnt mit einem kleinen Exkurs in das Jahr 2016. Wir befinden uns also in einem Jahr mit fünf Landtagswahlen, in denen es die AfD schaffte, einen Anteil an Stimmen im zweistelligen Bereich zu sammeln. In Bundesländern wie Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern wurde sie sogar zur zweitstärksten Partei.

Selbstverständlich waren sie in der medialen Welt der Mittelpunkt, da ihr Aufstieg als Phänomen galt. Eine Partei wie die AfD war im Parlament fremd. Man gab ihr den Titel einer „rechtspopulistischen Partei“, jedoch ist der Begriff viel zu breit gefasst. Schwierig ist dabei die Trennung zwischen Populismus und Extremismus. Noch schwieriger aber die Einordnung der Partei zu einem der beiden Begriffe. Ziel dieses Aufsatzes ist es daher, beide Begriffe gut zu beleuchten und die Unterschiede aufzuzeigen, da Populismus nicht als „Extremismus light“ angesehen werden sollte.

Die Autoren beginnen mit dem Extremismus. Dem Begriff ist das Adjektiv „extrem“ zu entnehmen, also etwas „äußerstes“. Im politischen Diskurs benutzen wir den Begriff für die „Links-Rechts-Achse“, dabei muss erwähnt werden, dass die „Mitte“ dieser Achse nicht objektiv zu betrachten ist, sondern vom zeitgeschichtlichen Bezugsrahmen abhängt.

Der Extremismus steht dem Staat negativ gegenüber und lehnt diesen ebenso ab wie die Gewaltenteilung mit ihrer Kontrollfunktion. Im Extremismus geht es außerdem stark darum, die Konkurrenz loszuwerden und dabei gegen eine politische Vielfalt anzukämpfen, da sie das autonome Handeln stört. Der Bürger ist hier Untertan, der die Ergebnisse lediglich zu akzeptieren hat. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Extremismus, insbesondere der Rechtsextremismus, gegen die Volkssouveränität und den Konstitutionalismus ist. Dazugehörige Charakteristika sind z.B. Absolutheitsansprüche, Freund-Feind-Stereotypen und Verschwörungstheorien.

In einem dritten Schritt befasst sich der Aufsatz mit dem Begriff des Populismus. Begonnen wird dabei mit dem berühmten Antagonismus zwischen Volk und Elite, der als wichtigstes Merkmal angesehen wird. Beim Begriff des Populismus ist es schwieriger, eine einheitliche Definition zu fassen, jedoch gibt es über das genannte Wesensmerkmal einen breiten Konsens. Es geht also um "das reine und homogene Volk", das "der korrupten Elite" gegenübersteht. Die Elite wird dabei nicht als Teil des Volkes angesehen.

Populisten konstruieren hierbei ihre eigene Definition "des Volkes". Wichtig ist aber auch die Rolle eines Anführers, die es bei jeder populistischen Zusammensetzung gibt. Nun stellt sich die Frage, wie sie dieses Volk zusammenstellen können und wie sie die Mitglieder des populistischen "wahren Volkes" erreichen. Die Antwort lautet: Medien, daher agieren sie selbstverständlich auch möglichst medienwirksam. Dies ist am besten mit Krisen möglich, da sie damit die frustrierte Gesellschaft erreichen können. Dabei wird die Krise erst durch populistischen Einfluss groß.

Wir haben es hier aber dennoch mit einer „dünnen Ideologie“ zu tun, welche immer um andere Ideologien erweitert werden kann und somit sein Wesen ändern kann. Das Herzstück ist jedoch der Antagonismus. An ihn können dann weitere Ideologien anknüpfen, sodass als Ergebnis z.B. der Rechtspopulismus entsteht.

Nun, wo beide Begriffe erklärt wurden, geht es in einem nächsten Schritt darum, die beiden Begriffe zu vergleichen. Hier ist die Einstellung gegenüber der Demokratie wichtig. Während der Extremismus als Gegner der Demokratie einzustufen ist, kann beim Populismus diese These nicht vertreten werden. Bei extremistischem Populismus sieht das ganze nochmals anders aus. Hier treffen nämlich beide Phänomene aufeinander und der Populismus verlässt aufgrund des extremistischen Einflusses die demokratiefreundliche Seite.

Um das ganze zu veranschaulichen, bedienen sich die beiden Autoren des Beispiels der AfD. Wir haben es mit einer Partei zu tun, welche sich im Jahr 2013 etabliert und stark rechts eingeordnet hat. Sie wird als rechtspopulistisch betitelt, wobei beim genaueren Blick auf die Partei deutlich wird, dass sie nicht alle wichtigen Eigenschaften für eine populistische Betitelung erfüllt. Sehr typisch ist aber der berühmte Antagonismus. So richtet sich die AfD als Partei gegen die etablierten Parteien, also gegen "die Elite".

Der Hauptkritikpunkt dabei ist, dass "die Elite" nur auf ihre eigene Macht aus ist und sich nicht um die Vertretung "des Volkes" kümmert. Wie bereits erwähnt, sind beim Populismus die Medien besonders wichtig. So bedient sich auch die AfD dieser Taktik und stellt emotionale Konflikte heraus. Im Mittelpunkt steht z.B. die Thematik "des Fremden" im Vaterland. Stereotype und Vereinfachungen werden benutzt, um die Menschen zu emotionalisieren und den bestmöglichen Skandal zu erschaffen. Populismus kann also als die Produktion von Krisen verstanden werden.

Zusammenfassend kann zu diesem Vergleich gesagt werden, dass der Extremismus eine radikalere Sichtweise auf vielerlei Themen hat. Im Großen und Ganzen ging es in dem vorgestellten Artikel vor allem darum, die Semantik des Extremismus- und Populismusbegriffs näher zu beleuchten. Konkret wurden beide Begriffe auf die AfD angewandt, um herauszufinden, wo sie eher einzuordnen ist.

Der wichtigste Unterschied ist, dass es beim Extremismus vor allem um die Ablehnung des Verfassungsstaates geht, während beim Populismus der Antagonismus von Volk und Elite in den Mittelpunkt rückt. Der Populismusbegriff passt beinahe perfekt als Bezeichnung für die AfD (Stand 2017). Sie betonen den Antagonismus, nutzen die Massenmedien geschickt und bedienen sich an Krisen bzw. erschaffen sie. Das Einzige, was fehlt, ist ein charismatischer Anführer.

Die Partei wird eher nicht als extremistisch eingestuft, da sie nicht antidemokratisch ist, sondern den demokratischen Verfassungsstaat an manchen Punkten kritisiert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass er komplett abgelehnt wird und somit entfernt sich die AfD von der extremistischen Sphäre.

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