Montag, 3. Mai 2021

Politische Bildung und Rechtspopulismus

In diesem Beitrag stellt Denise Schaller folgenden Aufsatz vor:

Elverich, Gabi (2017): Zeitgemäße Ansätze politischer Bildung in der Schule angesichts rechtspopulistischer Tendenzen; in: Burkhard Jungkamp / Marei John-Ohnesorg (Hrsg.): Politische Bildung in der Schule. Zeitgemäße Ansätze in Zeiten des Populismus, Schriftenreihe des Netzwerk Bildung, Friedrich-Ebert-Stiftung, S. 57-61 (Online-Version).

Eine aktuelle Herausforderung der politischen Bildung in der Schule ergibt sich durch die Veränderungen der gesellschaftlichen Stimmung. Der stärker werdende Rechtspopulismus lässt sich heutzutage unter anderem durch den Anstieg antidemokratischer Äußerungen beobachten. In der Gesellschaft und insbesondere in den Schulen erfordert dies eine eindeutige Positionierung.

Die Schule nimmt eine entscheidende Rolle bei der Auseinandersetzung mit diesen gegenwärtigen Tendenzen ein. Sie stellt die einzige Institution dar, welche von allen Heranwachsenden durchlaufen wird. Die Schule ist in der zentralen Phase der Sozialisation von Kindern und Jugendlichen maßgeblich beteiligt. Bereits in der Grundstufe kann die Thematik im Rahmen der frühkindlichen Bildung aufgegriffen werden.

Rechtspopulismus stellt zwar keine eindeutige Erscheinung von Jugendlichen dar, jedoch zeigen diskriminierende und demokratiefeindliche Ansichten der SchülerInnen, Lehrenden und Eltern durchaus rechtspopulistische Tendenzen. An der Debatte über das Tragen von Kopftüchern in der Schule und der angestrebten Reduzierung sogenannter ´Kopftuchmädchen` seitens der Lehrkräfte wird sichtbar, dass Züge von Rechtspopulismus bereits in den Schulen gegenwärtig sind.

Kritik

Seitens der AfD und anderer rechtspopulistischer Gruppierungen werden die bestehenden Lehrpläne immer wieder kritisiert und die Zielsetzungen der politischen Bildung angegriffen. Stattdessen wird gefordert, dass in Veranstaltungen keine kritische Auseinandersetzung mit der AfD und keine Entwicklung von Strategien gegen Rechtspopulismus öffentlich gefördert wird.

Relevanz für die Schulen

Rechtspopulistische Parteien verbreiten ihre Ansichten zunehmend digital in den Sozialen Medien. Auch SchülerInnen sind heutzutage zunehmend in den Sozialen Medien unterwegs und kommen somit bereits im Jugendalter in Kontakt mit den Ansichten rechtspopulistischer Parteien und Organisationen. Daher muss im Schulalltag über eine veränderte Schwerpunktsetzung in der politischen Bildung hin zu einer verstärkten Prävention gegen Rechtspopulismus nachgedacht werden.

Die Auseinandersetzung mit dem fortschreitenden Rechtspopulismus kann in der Schule auf vielfältige Weise erfolgen. Der Kern dieser komplexen Aufgabe besteht darin, eine auf Menschenrechte und Demokratie gerichtete Grundorientierung zu fördern. Viele Ansatzpunkte dafür bestehen bereits und müssen lediglich überarbeitet und erweitert werden.

Zeitgemäße Ansätze für die politische Bildung

Betrachtet man den heutigen Zeitgeist, so zeigt sich, dass ein zeitgemäßer Ansatz nur durch die Förderung von Medienkompetenz funktionieren kann. Ein erster Ansatzpunkt besteht darin, Aufklärung durch das Widerlegen von Falschmeldungen, die Schwächung von Vorurteilen und das Analysieren rechtspopulistischer Politikstrategien zu betreiben. Für eine funktionierende politische Bildung ist es unerlässlich, gesellschaftlich strittige Aspekte bewusst aufzugreifen und die Auseinandersetzung mit diesen Themen nicht zu umgehen.

Auch in den landesweiten Schulgesetzen ist verankert, dass Lehrkräfte zu demokratischen und menschenrechtlichen Themen Position beziehen müssen. Somit dürfen ausländerfeindliche Aussagen nicht im Raum stehen bleiben, sondern erfordern, dass Lehrkräfte sich hierzu positionieren und Menschenrechte verteidigen.

Ein zweier Ansatzpunkt besteht darin, Emotionen, die in Beziehung zur Politikentwicklung und -einstellung stehen, zu deuten und durch eine Auseinandersetzung bewusst aufzugreifen. Schürt ein/-e Schüler/-in beispielsweise Angst vor Überfremdung, so muss eine Auseinandersetzung mit dem vermeintlich `Eigenen` und `Fremden` erfolgen. Auch das Schaffen realer Begegnungen mit Geflüchteten ist ein geeigneter Ansatz, um durch diese Erfahrung bereits im Jugendalter Empathiefähigkeit zu entwickeln.

Damit Emotionen berücksichtigt werden können, müssen die individuellen Ängste und Probleme sowie die persönliche Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen genau betrachtet werden. Dafür ist eine gute Beziehungsebene zwischen Lehrenden und Lernenden erforderlich. Diese kann durch die verstärkte Einbeziehung von Sozialpädagogen/-innen, sowie externer Fachkräfte gefördert werden. Durch die langfristige Begleitung der Kinder und Jugendlichen von Bezugs- und Identifikationspersonen bieten sich für die politische Bildung vielerlei Chancen.

Die Ansatzpunkte können nur durch die Schaffung bestimmter Voraussetzungen realisiert werden:

  • Zunächst sollte politische Bildung in größerem Maße möglichst früh und als verbindliches Schulfach in der Stundentafel verankert und in den Schulalltag als Lebensform eingebunden werden.
  • Außerdem sollte bereits im Studium und Referendariat eine Qualifizierung der Lehrkräfte in den für die politische Bildung erforderlichen Bereichen erfolgen.
  • Zuletzt sollte die Zusammenarbeit mit externen Experten/-innen vereinfacht werden.

Schlussbemerkung

Im Gesamtkomplex der schulischen Demokratieförderung und menschenrechtlichen Orientierung stellt die Weiterentwicklung politischer Bildung nur ein Bestandteil von vielen dar. Die wesentliche Herausforderung und Aufgabe der Schule ist es, rechtspopulistischen Tendenzen nicht durch Verharmlosung oder Negierung zu begegnen. Nur so kann die Idee der Gleichberechtigung und des konfliktfreien Zusammenlebens in der Demokratie als komplexe Herausforderung begreifbar gemacht werden. Das langfristige Ziel besteht darin, dass die SchülerInnen, Lehrenden und Eltern ihre eigene politische Meinung und Handlungsweise anders wahrnehmen können.

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