Donnerstag, 6. Mai 2021

Populismus in Asien

In diesem Beitrag stellt Ina Lauter folgenden Aufsatz vor:

Plagemann, Johannes / Ufen, Andreas (2017): Spielarten des Populismus in Asien (GIGA Focus Asien, 7), Hamburg: GIGA German Institute of Global and Area Studies - Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Institut für Asien-Studien (Online-Version).

Populismus ist nicht nur in Europa ein aufsteigendes Phänomen, sondern zeigt sich ebenfalls im asiatischen Raum. Der Aufsatz thematisiert Populisten und deren Außenpolitik in höchsten Ämtern, die Teil des Populismus im asiatischen Raum sind:

  • Thailand: der ehemalige Premierminister Thaksin Shinawatra (2001-2006)
  • Philippinen: der seit 2016 amtierende Präsident Rodrigo Duterte
  • Indien: der seit 2014 amtierende Premierminister Narendra Modi

Was ist Populismus?

Im Zentrum eines Definitionsversuches von Populismus stehen Antielitismus und Antipluralismus. Populisten sehen die Gesellschaft in zwei Teilen, zum einen "die korrupte Elite" und zum anderen "das wahre Volk". Die "korrupte Elite" ist das manipulative Establishment, das auf das Volk eine schadhafte Wirkung hat. Um diese zu bekämpfen, richtet sich der Populismus gegen die Elite, gefährdet dadurch jedoch in vielen Fällen die Demokratie.

Begründet wird die Bekämpfung der Eliten durch den Schutz des "wahren Volkes", dem die Populisten vorgeblich als Sprachrohr dienen. Entscheidend bei der Repräsentation des Volkes ist eine direkte Verbindung zwischen Populisten und dem Volk, das auf institutionelle Zwischeninstanzen (Medien, Gerichte,...) verzichtet, da diese mit dem Establishment in Zusammenhang stehen.

Der weltweite Aufstieg der Populisten steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der direkten Verbindung von Populisten und Volk. Soziale Medien haben in den letzten Jahren zunehmend an Wichtigkeit gewonnen und ermöglichen eine schnelle und unzensierte Informationsverbreitung. 

Populismus in Thailand

Thaksin Shinawatra gilt als erster prototypischer Populist in Thailand und ist bis heute Vorbild für zahlreiche andere Populisten. Er verwendete typische Darstellungs- und Argumentationsformen von Populisten und richtete sich gegen die führenden Eliten Bangkoks. Während der Asienkrise 1997 vertraute ein Großteil der Bevölkerung auf den Unternehmer, der durch sein Vermögen die Möglichkeit hatte, das Vertrauen von einflussreichen Personen zu erlangen und aufwendige PR-Kampagnen zu finanzieren. Seine im Jahr 1998 gegründete Partei Thai Rak Thai (Thais lieben Thais, TRT) gewann in den darauffolgenden Jahren konstant Mandate und äußerte sich zunehmend antipluralistisch.

Thaksin führte während seiner Amtszeit zahlreiche wirtschaftliche Projekte durch, die finanziell schwache Gegenden und Kliniken unterstützen sollten. Die Unterstützung wurde stark personalisiert, sodass Empfänger glaubten, die Gelder kommen direkt vom Premierminister. Thaksin gab sich damit als nahbar gegenüber der Bevölkerung aus.

Die Außenpolitik Thaskins war davon geprägt, seine eigenen unternehmerischen Interessen zu verfolgen und eine Führungsmacht auf dem Festland zu werden. Die persönliche Interessensverfolgung stieß in Thailand zunehmend auf Widerstand. Als Thaksin seine Shin Corporation an den Staat verkaufte und keine Steuern bezahlte, starteten 2006 Massenproteste und ein Militärputsch.

2005 wurde Thaksin zwar wiedergewählt, während den darauffolgenden Protesten wurde er jedoch zum Rückzug gezwungen. Als er 2006 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, hatte er Thailand bereits verlassen. Seine Bewegung („Rothemden“) hat jedoch bis heute Einfluss auf die thailändische Politik.

Populismus auf den Philippinen

Der seit 2016 amtierende Präsident Rodrigo Duterte polarisiert mit Verleumdung der demokratischen Institutionen, Menschenrechtsverletzungen und typisch populistischer Rhetorik. Im Mittelpunkt seiner Politik stehen Drogenabhängige, die als nicht genesungsfähig gelten, und Eliten, die der westlichen Drogenmafia angehören. Hierbei ist Dutertes Einteilung in Elite und "wahres Volk" klar zu erkennen, was auf den Philippinen zu einer Bekämpfung der Eliten führte. In diesem „Krieg gegen Drogen“ mussten bereits Tausende Menschen ihr Leben lassen. Die Zuordnung einer Person zu einem Drogenkartell erlaubt es, gegen die Person vorzugehen und sie in vielen Fällen zu erschießen.

Die Verbreitung der Informationen über die Drogenkartelle beruht auf den Philippinen auf fake news. Es ist bewiesen, dass die Anzahl an Drogenabhängigen deutlich niedriger ist, als Duterte angibt. Dennoch erhält er für seine Arbeit einen großen Rückhalt aus der Gesellschaft, die vor allem durch vorgegaukelte Ehrlichkeit und Nahbarkeit in der Mittelschicht viel Zuspruch findet.

Dutertes Außenpolitik beruht auf der Unabhängigkeit der Philippinen. Zentral ist der autoritäre Führungsstil, der die Entscheidungsmacht allein bei Duterte verortet und Kritik an der Politik nicht zulässt. Die Folge der zunehmenden Unabhängigkeit führt ebenfalls zu einer Distanzierung der USA, Europäischen Union und Vereinten Nationen. Duterte wendet sich dabei bewusst gegen die USA, die bisher ein wichtiger Partner der Philippinen war, und nähert sich Russland und China an, um diese gegen die USA auszuspielen.

Populismus in Indien

Auch in Indien sind zentrale Elemente des Populismus in Form von Antielitismus und Antipluralismus sowie eine auf persönlichen Interessen beruhende Politik zu erkennen. Im Gegensatz zu den Philippinen ist die indische Demokratie bis jetzt noch nicht in Gefahr. Modi als populistischer Führer der Bharatiya Janata Party nutzt wie Trump die Sozialen Netzwerke für seinen Wahlkampf, indem er sich gegen die Eliten wendet und sich selbst als Mann aus dem Volk und damit Opfer der führenden Politik ausgibt.

Besorgniserregend ist eine wachsende Ungleichheit in Indien, die durch die Gleichsetzung von Hinduismus und der indischen Identität verstärkt wird. Vor allem Muslime sehen dabei einen Angriff auf das indische Motto „Einheit in Vielfalt“. Modi hatte sich zwar während seines Wahlkampfes für eine religiöse Vielfalt in Indien ausgesprochen, jedoch betreibt seine Partei seit 2014 immer öfter gewaltsame Kampagnen gegen Muslime. Höhepunkt war eine Vereinfachung in der Vergabe der indischen Staatsbürgerschaft, von der jedoch Muslime aus Pakistan, Afghanistan und Bangladesch ausgeschlossen sind.

Modis Außenpolitik beinhaltet eine Verstärkung der indischen Autonomie, eine gute Beziehung zu Indiens Nachbarländer sowie den strategischen Partnern Japan und USA. Dennoch können auch in Indien populistische Elemente in der Außenpolitik beobachtet werden. Medienvertreter werden bewusst von offiziellen Auslandsreisen ausgeschlossen, und außenpolitische Entscheidungen werden hauptsächlich von Modi und seinen engsten Beratern getroffen, der Außenminister ist dabei nebensächlich. Modi nutzt zudem Auslandsreisen, um zu Propagandazwecken vor Auslandsindern zu sprechen, da diese eine nicht zu vernachlässigende Wählergruppe ausmachen.

Populismus und Außenpolitik

Innenpolitisch sind Elemente des Populismus (Antielitismus und Antipluralismus) oftmals gut zu erkennen. Außenpolitisch tendieren Populisten zwar zu personalisierten Entscheidungsprozessen und nationaler Eigenständigkeit, es lassen sich jedoch nicht für alle Populisten gemeinsame außenpolitische Kennzeichen identifizieren. In den vorangegangenen Beispielen von Populismus in Asien lassen sich dennoch folgende Gemeinsamkeiten feststellen:

  • Zentralisierung der Entscheidungsprozesse, die zu einer Unberechenbarkeit führen kann
  • Verstärkte Kommunikation über Soziale Netzwerke zugunsten der eigenen Propaganda
  • Politisierung der Diaspora im Ausland

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