Dienstag, 25. Juni 2019

Rezension zu Hubert Kleinert: Die AfD und ihre Mitglieder

Kleinert, Hubert (2018), Die AfD und ihre Mitglieder. Eine Analyse mit Auswertung einer exemplarischen Mitgliederbefragung hessischer Kreisverbände, Springer.

Rezension

Autorin: Nina Keller

In seinem Buch „Die AfD und ihre Mitglieder" beschäftigt sich Hubert Kleinert mit der rechtspopulistischen deutschen Partei AfD und deren Mitgliedern. Auf 131 Seiten und in 11 Kapiteln wird nicht nur geklärt, wie rechts die Partei wirklich ist, wie sie entstanden ist oder welche Ziele die Partei verfolgt, sondern auch die Einstellung der Mitglieder zu bestimmten Themen wird anhand von Befragungen dargestellt.

Der Leser bekommt einen tiefen Einblick in die Strukturen der Alternative für Deutschland und erfährt genaueres über die Mitglieder der Partei und wie diese zu verschiedenen Themen eingestellt sind. Im Folgenden werde ich genauer auf die einzelnen Kapitel eingehen.

Kapitel 1: Einleitung

Der Autor stellt in diesem Kapitel zunächst die Wahlergebnisse der stattgefundenen Wahlen nach der Gründung der Partei 2013 dar und gibt dem Leser somit einen kurzen Überblick über die Entwicklung der Partei.

Kapitel 2: Wie rechts ist die AfD?

In diesem Kapitel beschäftigt sich der Autor mit der Frage, wie rechtspopulistisch die Alternative für Deutschland wirklich ist, oder ob Vieles nur so dargestellt wird und der Begriff der rechtspopulistischen Partei vielleicht eher unpassend ist. Vor allem seit der Islam- und Flüchtlingskritik der AfD hat sich der Begriff durchgesetzt und festgesetzt. Er betont dabei, dass vor allem ältere Ansätze der AfD, die für Wirtschaftssliberalität oder Nationalkonservatismus standen, dabei in den Hintergrund rückten und die AfD sogar als „radikale Rechtspartei“ betitelt wurde.

In diesem Kapitel wird auch das sogenannte Rechts-Links-Schema kritisiert, mit dem man Parteien in eine bestimmte Richtung einordnen kann. Es ist klar, dass die AfD von der Mitte gesehen auf jeden Fall eher rechts eingeordnet wird, jedoch fällt es nun schwer, Parteien den Grundpositionen Marktfreiheit oder soziale Gerechtigkeit und konservativ-autoritär oder libertär zuzuordnen.

In vielen Parteien ist nicht ausschließlich eine Grundposition zu erkennen, was dazu führt, dass nicht klar in das Rechts-Links-Schema eingeordnet werden kann und damit auch keine klare Aussage über die Richtung der Partei getroffen werden kann. Im weiteren Verlauf werden verschiedene Ansätze diskutiert, um eine Aussage zu treffen, wie rechts die Partei denn nun wirklich ist.

Kapitel 3: Eine kurze Geschichte der AfD

Wie es dazu kam, dass sich die Alternative für Deutschland gebildet und etabliert hat, wird in diesem Kapitel beschrieben. Zunächst war die Partei nur ein Verein, der sich vor allem aus Merkel-Kritikern zusammengeschlossen hat und sich „Wahlalternative 2013“ nannte. Um sich etablieren zu können, wollte der Verein eine Zusammenarbeit mit den Freien Wähler eingehen, was jedoch scheiterte, da das Ergebnis der Landtagswahl mit 1,1% der Stimmen sehr schlecht ausfiel.

Danach war sich der Verein einig, eine eigenständige Partei zu werden, was ihnen zum Erfolg verhalf, denn unmittelbar nach der Gründung der AfD bekam diese einen großen Zuwachs von Mitgliedern. Zwar verfehlten sie bei der ersten Bundestagswahl knapp den Einzug in den Bundestag, schafften es aber dann 2014 mit 7,1% der Stimmen in das Europaparlament. Wie bekannt ist, wurde die Partei bis heute immer erfolgreicher und schaffte es auch in alle Landtage und den Bundestag.

Kapitel 4: Politik und Programmatik der AfD

Im Laufe des Kapitels werden die verschiedenen Ansichten und Ziele der AfD dargestellt. So werden deren Inhalte in Bezug auf Europolitik, Familienpolitik, Steuerrecht, Wirtschaftspolitik oder Einwanderungspolitik genannt. Im Grundsatzprogramm vom Mai 2016 steht vor allem die Flüchtlings- und Islampolitik im Vordergrund, denn die Partei fordert beispielweise ein Gesetz, um die Einwanderung von Flüchtlingen besser zu steuern. Auch spricht sich die AfD klar gegen den Islam aus und fordert beispielsweise, dass der Bau von Moscheen nicht finanziell unterstützt werden sollte. Außerdem sehen sie den Islam nicht zu Deutschland zugehörig.

Des Weiteren ist die AfD für einen Austritt aus der EU, da sie einen souveränen Staat möchte, der für Freiheit und Sicherheit für die Bürger steht. Im Besonderen ist die innere Sicherheit großer Bestandteil in der Programmatik der AfD. So soll beispielweise in das Personal der Polizei und der Justiz investiert werden.

Ein großer Kritikpunkt in der Programmatik der AfD ist das „Gender-Mainstreaming“. Die Partei spricht sich klar für ein traditionelles Familienbild aus. Im weiteren Verlauf des Kapitels geht der Autor noch auf die Außenpolitik, die Klimaschutzpolitik oder die Finanzpolitik ein und beschreibt die Partei im Anschluss nicht mehr als „Ein-Themen Partei“, da in ihrem Grundsatzprogramm zu fast allen wichtigen politischen Themen Stellung genommen wird.

Kapitel 5: AfD und neue Rechte

Zunächst spricht der Autor in diesem Kapitel über die Einflüsse anderer Rechten auf die AfD und nennt dabei beispielsweise Björn Höcke, Jürgen Elsässer oder auch Zeitschriften wie die „Compact“. Des Weiteren tritt in diesem Kapitel erstmals der Begriff der Jungen Alternative auf. Die „Junge Alternative“ ist eine Jugendorganisation, die sich mit der AfD identifiziert. Es gibt immer wieder Versuche der Neuen Rechten, Einfluss auf die Partei zu nehmen, es ist jedoch umstritten, wie erfolgreich diese Versuche wirklich sind.

Ein weiterer spannender Punkt, den der Autor in diesem Kapitel anspricht, ist das Verhältnis der AfD zu Pegida. Er zeigt auf, dass sich zwei AfD-Landtagsabgeordnete stark von Pegida distanziert haben und die AfD somit zu Pegida in einem eher widersprüchlichen Verhältnis steht. Im Jahr 2016 wurde sogar ein Zusammenarbeitsverbot beschlossen.

Kapitel 6: Die Organisationsstruktur der AfD

Die AfD hatte im Jahr 2017 einen Mitgliederbestand von 28.000 und gilt somit als etablierte Partei. Durch die Flüchtlingskrise und die Wahlerfolge erhielten sie nämlich einen starken Mitgliederzuwachs. Ihre Organisationsstruktur ist ähnlich wie bei anderen Parteien. Es finden Delegierten- und Mitgliederversammlungen statt oder die Meinung der Mitglieder wird durch Befragungen gesammelt. Der Autor geht auch in diesem Kapitel nochmals auf die Jugendorganisation „Junge Alternative“ ein, die seit 2015 als Jugendorganisation der AfD anerkannt ist. Weiterhin beschäftigt sich der Autor mit den Finanzen der Partei und der Führungsstruktur, bei der man jedoch sagen kann, dass diese im Vergleich zu anderen Parteien bei der AfD nicht wirklich zu sehen ist.

Kapitel 7: Das Projekt Mitgliederstudie

Um die Frage, wie rechts die Partei wirklich ist, besser beantworten zu können, muss man einen genaueren Blick in die Partei werfen und sich die Mitglieder ansehen. Deshalb wurde im Herbst 2016 beschlossen, die Mitglieder zu bestimmten Themen genauer zu befragen, um deren Einstellungsmuster und Wertvorstellungen herauszufinden. Zwar wurden auch schon bei anderen Parteien des öfteren Mitgliederstudien durchgeführt, diese waren jedoch für die Befragung in der AfD nicht passend, da genaue Einstellungsmuster befragt werden sollten. Bei der Befragung wurden dann zwei mitgliedsstarke hessische Kreisverbände herausgesucht und zu den verschiedensten Themen befragt. Die Auswertung und die Ergebnisse sind in Kapitel 9 zu finden.

Kapitel 8: Soziodemografische Daten, politische Biographien und Selbsteinschätzungen

Zunächst wurden die soziodemographischen Daten, die politischen Biographien und die Selbstverortungen der Befragten dargestellt, um einen groben Überblick zu bekommen wer die Befragten waren. Der Großteil der Befragten waren Männer (84%) und nur 16% Frauen. Es wurde dieser Anteil gewählt, da dies die Geschlechterverteilung in der Gesamtmitgliedschaft der Partei widerspiegelt.

Die Mitglieder wurden zu Beginn der Umfrage dann mit Fragen, wie „Wie alt sind Sie“, „Nennen Sie ihren höchsten schulischen Abschluss“, „Wie ist ihr individuelles Nettoeinkommen“ oder „Was machen Sie beruflich“, konfrontiert, um später einordnen zu können, wie ein durchschnittliches AfD-Mitglied aussieht. Auch wurden die Daten dann verwendet, um beispielsweise Vergleiche zur Mitgliedschaft von anderen Parteien, wie der CDU, zu ziehen.

Am Ende des ersten Teils sollten die Befragten dann verschiedene Politiker auf einer Skala von -5 bis +5 bewerten. Hier war eindeutig, dass die Befragten nur positive Bewertungen an Politiker der eigenen Partei abgaben und Angela Merkel beispielweise einen Wert von -4.23 bekam.

Kapitel 9: Politische Einstellungsmuster

Den größten Teil des Buches nimmt Kapitel 9 ein. Hier wurden circa 90 Mitgliedern der AfD 51 Fragen gestellt, um deren Einstellung zu verschiedenen Themen darzustellen. Es wurden Fragen aus neun Themenblöcken gestellt. Diese Themen waren: 1. Innere Sicherheit, 2. Zuwanderung, 3. Wirtschaft und Finanzen, 4. Sozialstaat und soziale Sicherung, 5. Frauen, Familie und Geschlechterfrage, 6. Außenpolitik - Deutschland und die Welt, 7. Deutschland und die Geschichte, 8. Zustand der Demokratie in Deutschland und 9. Natur und Umwelt.

Zu den Ergebnissen werde ich in dieser Rezension keine Stellung nehmen, da ich dieses Kapitel das Interessanteste finde und die Darstellung der Ergebnisse zu viel vorausnehmen würden.

Kapitel 10: Das rechtsradikale Potential

In diesem Kapitel wird auf Grundlage der Antworten der Befragung das rechtsradikale Potential der Partei analysiert. Acht der Befragten lehnten den Kernsatz der deutschen Erinnerungskultur ab. Diese Gruppe wird in diesem Kapitel genauer analysiert. So lehnte beispielweise jeder dieser acht den Satz „Asylrecht ist Menschenrecht“ ab, was darauf hinweist, dass sich alle gegen Einwanderer stellen. Außerdem finden sechs von acht, dass der Nationalsozialismus auch gute Seiten hatte. Betrachtet man die weiteren Antworten der acht Befragten so wird der rechtsradikale Charakter dieser sehr deutlich.

Am Ende dieses Kapitels betont der Autor, dass die Tatsache, dass circa 8-10% der Partei ein rechtsradikales Potential aufzeigen, nicht verwunderlich ist, jedoch dies nicht der Präsentation der Partei in der Öffentlichkeit entspricht.

Kapitel 11: Fazit

Im Fazit des Buches stellt der Autor die Mitglieder der AfD-Kreisverbände genauer dar. Der Großteil sind Männer, von denen die Hälfte über 55 Jahre alt ist. Die Hälfte der Mitglieder hat einen Hochschulabschluss, was darauf hinweist, dass die Mitglieder sehr gut gebildet sind. Vergleicht man die Wähler der AfD mit den Mitgliedern der Partei, so fällt auf, dass nur 6% der Mitglieder, jedoch 21% der Wähler Arbeiter sind.

Auch verwunderlich ist, dass die Hälfte der Befragten früher Parteien wie die SPD, die FDP oder die Grünen gewählt haben und nur einer NPD-Wähler war. Die meisten Befragten sehen die CSU als Zweitpräferenz der Parteien. Am weitesten entfernt sehen sie sich von den Grünen. Außerdem stellt der Autor noch das durchschnittliche AfD-Mitglied dar und fasst nochmals wichtige Aussagen zusammen.

Eigenes Fazit

Meiner Meinung nach ist das Buch gut gegliedert und ermöglicht dem Leser Einblicke in die AfD und deren Mitglieder. Der Leser erfährt alles Wichtige von der Gründung der Partei über deren Inhalte bis hin zu den Einstellungsmuster der Mitglieder. Die Kapitel sind sehr ausführlich ausgeführt, jedoch finde ich, dass meist die Fragestellung beziehungsweise der Titel der einzelnen Kapitel etwas untergeht und nicht konkret beantwortet wird. Oftmals wird zu weit ausgeholt, wodurch der rote Faden etwas verloren geht.

Trotzdem kann ich das Buch jedem weiterempfehlen, der die Partei besser kennenlernen möchte. Vor allem die Befragung der Mitglieder finde ich sehr gut, da oftmals nur Inhalte und Ziele einer Partei offengelegt werden und man nie wirklich herauslesen kann, wie die Mitglieder einer Partei konkret über diese Themen denken.

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