Freitag, 24. November 2023

FPÖ-Umfragehoch ein Jahr vor den Nationalratswahlen in Österreich

In manchen europäischen Ländern haben Populisten bereits die Macht übernommen, wie beispielsweise in Italien, Ungarn oder Polen. Auch in Deutschland ist die AfD stark wie nie und gewinnt zunehmend an Popularität. Spätestens im Herbst 2024 finden in Österreich wieder Nationalratswahlen statt. Und laut aktuellen Umfragen liegt dort ebenfalls eine rechtspopulistische Partei vorne, und zwar die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) mit Kanzlerkandidat Herbert Kickl.

    

(INSA Austria 2023, Wahlumfrage vom 30.10. bis 02.11.2023, https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-09/fpoe-oesterreich-rechtspopulismus-skandale)

Doch wie hat es die FPÖ trotz vieler Skandale geschafft, zur beliebtesten Partei Österreichs zu werden und damit ein ernsthafter Anwärter auf die österreichische Kanzlerschaft zu sein? Daniel Harper mit seinem Artikel „A year away from national elections, Austria’s far-right is more popular than ever“ vom 06.10.2023, Christof Mackinger mit seinem Artikel “FPÖ in Österreich: Mit Antielitenkurs in die Regierung?“ vom 08.09.2023 und Cathrin Kalweit mit ihrem Artikel „Österreich – Beziheung ja, Liebe nein“ vom 25.06.2023 versuchen, auf diese Frage Antworten zu finden.

Dazu ist ein Blick ins Jahr 2019 zurück hilfreich, als Heinz-Christian Strache, der damalige FPÖ-Parteivorsitzende und Vizekanzler, in einem Video erwischt wurde, wie er mit einer angeblichen russischen Oligarchennichte über Großinvestitionen, politische Gefälligkeiten und Korruption spricht. Mit diesem „Ibiza-Skandal“ verlor die FPÖ selbst bei ihren treuesten Anhängern an Glaubwürdigkeit. Infolgedessen trat Heinz-Christian Strache zurück und die Regierungskoalition wurde aufgelöst. Im Jahr 2020 erlebte die FPÖ deswegen ein Umfragetief und erreichte in Umfragen lediglich 11 %.

Doch diverse Krisen verhalfen der FPÖ schneller zum Comeback als gedacht. Mithilfe der Corona-Pandemie gelang es der FPÖ, aus dem Umfragetief zu kommen. Die FPÖ stellte sich damals klar gegen die Politik der Regierung. Gegen Beschränkungen der persönlichen Freiheit in Form von Schließungen oder auch Impfungen wurde eifrig mit österreichischen Flaggen demonstriert und Stimmung gemacht. Die FPÖ konnte in dieser Zeit viele Wählerinnen und Wähler davon überzeugen, dass sie die einzig wahrhaft „freie“ Partei ist. Die Corona-Pandemie war für die FPÖ demnach der erste Schritt zurück zu alter Stärke.

Ein weiterer entscheidender Faktor für das Wiedererstarken der FPÖ ist die anhaltende Schwäche der anderen Parteien, was sowohl Regierung als auch Opposition betrifft. Zum einen lässt sich da das Verhalten der Regierungspartei ÖVP nennen. Angefangen mit der Ukraine-Krieg kommt es immer mehr zu öffentlicher Kritik an der Regierungspartei aufgrund der explodierenden Preise und der vermeintlichen österreichischen „Neutralität“. Als dann auch noch Kanzler Sebastian Kurz nach monatelangen Ermittlungen wegen Korruption zurücktrat, fanden viele frühere Anhänger den Weg zurück zur FPÖ. Zudem macht sich auch die stärkste Oppsitionspartei, die SPÖ, das Leben immer wieder selbst schwer. Interne Diskussionen um die Parteispitze sowie innere Streitigkeiten schwächen sie seit Jahren.

Außerdem spielt das typisch rechtspopulistische Thema der Migration weiterhin eine entscheidende Rolle. Österreich, das an der Balkanroute liegt, verzeichnet jährlich eine hohe Zahl an Asylanträgen, weswegen Migration und Asyl ein präsentes Thema der österreichischen Politik darstellen. Die FPÖ sieht die steigenden Zahlen der Migration als große Bedrohung und wirbt teils mit fragwürdigen und rassistischen Kampagnen. Auch eine gewisse Neigung zum Rechtsextremismus wird der Partei immer wieder vorgeworfen. Gerade innerhalb der FPÖ-Jugend zeichnet sich ein deutlicher Rechtsruck ab.

Trotzdem hat es die FPÖ in den letzten Jahren geschafft, ihre Beliebtheit zu stärken und ihre Wählerbasis zu erweitern. Das Vertrauen in die Regierung ist bei vielen Bürgerinnen und Bürgern am Tiefpunkt angelangt. Dies führt dazu, dass auch immer mehr Menschen der Mittelschicht die FPÖ wählen. Sie ist immer weniger eine „männerdominierte Partei der Globalisierungsverlierer“ (Mackinger 2023), sondern eine Partei, deren Anhängerschaft immer „weiblicher, städtischer und wohlhabender“ (Mackinger 2023) wird.

Bis zur Wahl 2024 sind es zwar noch einige Monate und es ist unklar, ob die FPÖ ihre Popularität bis dahin halten kann. Doch die anhaltenden Krisen und inneren Streitigkeiten der anderen Parteien lassen darauf schließen. Die Landtagswahlen im größten Bundesland, Niederösterreich, und im wohlhabenden Salzburg haben gezeigt, dass die FPÖ nicht zu unterschätzen ist. Niederösterreich, wo die FPÖ die ÖVP zu einer Koalition gezwungen hat, obwohl Spitzenkandidatin Johanna Mikl-Leitner einen äußerst emotionalen Wahlkampf gegen die Zusammenarbeit geführt hat, zeigt die aktuelle Macht der österreichischen Rechtspopulisten.

Und dann kam es überaschenderweise bereits zwei Monate später zur nächsten Koalition auf Landesebene. Auch in Salzburg hatte man sich von Seiten der ÖVP im Vorfeld kritisch gegenüber der FPÖ geäußert, im Endeffekt stellt diese schwarz-blaue Landesregierung nun die dritte ihrer Art dar. Auch deswegen ist die FPÖ-Regierungsbeteiligung auf Bundesebene in Österreich nicht unwahrscheinlich. In Brüssel wird man im nächsten Herbst jedenfalls gespannt nach Wien schauen, um zu sehen, ob ein weiterer europäischer Dominostein in Richtung Rechtspopulismus fallen könnte.

Literatur:

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