Donnerstag, 22. April 2021

Minkenberg: Was ist Rechtspopulismus?

In diesem Beitrag stellt Leon Maier folgenden Aufsatz vor:

Minkenberg, Michael (2018): Was ist Rechtspopulismus?; in: Politische Vierteljahresschrift 59, S. 337–352 (2018), https://doi.org/10.1007/s11615-018-0076-x 

„Die Rechtspopulismus-Definitionen reichen von einer primären Verortung als („dicke“ oder „dünne“) Ideologie über seine Bestimmung als Strategie bis hin zur Einordnung als Rhetorik bzw. Diskurs oder als politischer Stil“ (S. 338)

Der Beitrag von Michael Minkenberg stellt den Versuch dar, Rechtspopulismus von älteren Kategorien wie Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus abzugrenzen. Insbesondere wird der Frage nachgegangen, ob Rechtspopulismus als Etikett für eine gewisse Parteienfamilie geeignet sei. Hierbei argumentiert Minkenberg, dass:

„ … Rechtspopulismus so wie er weitgehend in der öffentlichen und akademischen Diskussion verwendet wird, keine klaren ideologischen Merkmale aufweist und nur neue analytische Unschärfe ins Spiel bringt.“ (S. 337)

So ist der Begriff „Rechtspopulismus“ laut Autor weder imstande, die älteren Begriffe (Rechtsextremismus, Rechtsradikalismus) abzulösen, noch einen Oberbegriff einer Parteienfamilie darzustellen.

Teilweise würde die Ablösung der Begriffe Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus durch den Begriff Rechtspopulismus von den jeweiligen Parteien und Politikern begrüßt, da dieser harmloser klingt und weniger stigmatisiert. Hierbei kritisiert der Autor eine „schablonenhafte“ Abgrenzung zwischen dem als modern und neu verstandenem Rechtspopulismus und dem als rückwärtsgewandt verstandenem Rechtsextremismus. Aufgrund seiner Inhaltsleere könne der Begriff nicht zur Abgrenzung einer Parteien- oder Bewegungsfamilie dienen. Hier seien die herkömmlichen Begriffe Rechtsradikalismus (als Strömung) und radikale Rechte (als Individual- oder Kollektivakteure) für die betreffenden Parteien und Politiker*innen vorzuziehen, so Minkenberg.

Der Kritik, dass der Begriff „Rechtsradikalismus“ rechtspopulistische Parteien und Politiker dämonisieren und die Rechtsextremen verharmlosen würde, entgegnet der Autor mit zwei Argumenten.

Die Kritik „ … unterstellt zum einen eine klare Abgrenzbarkeit zweier Phänomene (um dann durch interne Differenzierung des rechtspopulistischen Lagers wieder Übergänge und Grauzonen einzuführen), nicht unähnlich der Extremismustheorie. Zum anderen kann von einer Dämonisierung des Rechtspopulismus nicht die Rede sein, solange die programmatischen Kerninhalte, etwa des Front national oder der Alternative für Deutschland (AfD), nach wie vor das ethnozentrische Nationsverständnis, den starken Staat gegenüber Abweichlern, die radikale Kritik an der parlamentarischen Demokratie usw. beinhalten.“ (S. 349)

So stünden inhaltliche Forderungen der rechtspopulistischen Parteien und Politiker*innen bzw. der radikalen Rechten, früher wie heute, in Spannung zu einem liberalen Demokratieverständnis. Ein Vorschlag von Minkenberg in Bezug auf die Wahl der unterschiedlichen Begriffe lautet, sich an ihrer unterschiedlichen Logik zu orientieren. Die Begriffe Rechtsradikalismus, Rechtextremismus und Faschismus beziehen sich auf Ideologien und Weltanschauungen, welche im weitesten Sinne in irgendeiner Weise als Programm in die Welt gesetzt würden.

Der Begriff Rechtspopulismus hingegen beziehe sich nicht auf eine programmatische Vorstellung, den heldenhaften Kampf gegen die vermeintlich korrupten Eliten anzutreten, um somit dem Volk zu seinem Recht zu verhelfen. Vielmehr sei der Einsatz der „Rhetorik vom Volk“ als eine Art Performanz, im Sinne einer Inszenierung und eines politischen Stils zu sehen.

„In anderen Worten: Eine Partei oder ein Politiker kann programmatisch radikal sein und je nach Umständen mal mehr oder weniger populistisch. Parteien oder Politiker, welche im Kern und kontinuierlich populistisch sind, aber je nach Umständen programmatisch mehr oder weniger radikal, sind jedoch schwer vorstellbar.“ (S. 349)

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