Montag, 26. Mai 2025

„Heimat“ – ein umkämpfter und wandelbarer Begriff in Österreich

Der Begriff „Heimat“ hat in Österreich eine lange, komplexe und politisch aufgeladene Geschichte. Seine Bedeutung ist dabei keineswegs statisch, sondern spiegelt gesellschaftliche, politische und ideologische Entwicklungen wider. Dies wird besonders deutlich an den unterschiedlichen politischen Konjunkturen des Begriffs: von der nationalsozialistischen Vereinnahmung über rechtspopulistische Instrumentalisierung bis hin zu Versuchen progressiver Umdeutung.

Während der NS-Zeit war „Heimat” kein inklusiver Ort der Zugehörigkeit, sondern ein rassistisch und völkisch aufgeladener Begriff. Die Heimat wurde ausschließlich dem „eigenen Volk“ zugesprochen, das als überlegen und „unverwechselbar“ betrachtet wurde. Wer nicht dem nationalsozialistischen Ideal einer „deutschen Rasse“ entsprach, wurde aus diesem Heimatverständnis ausgeschlossen, ein Konzept, das zur Legitimation von Diskriminierung, Verfolgung und letztlich Vernichtung diente (Schneider & Toyka-Seid 2025). „Heimat“ war also kein universelles Schutz- oder Identitätsangebot, sondern ein Instrument der Exklusion.

Auch heute wird der Heimatbegriff von politischen Akteur:innen, insbesondere aus dem rechtspopulistischen Spektrum genutzt, um nationale Identität zu konstruieren und politische Abgrenzung zu betreiben. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), die seit den 1990er Jahren offensiv mit Slogans wie „Heimat statt Schüssel und Brüssel“ oder „Heimatliebe statt Marokkaner-Diebe“ arbeitet (Hermann 2020).

Im Wiener Wahlkampf 2015 setzte die FPÖ gezielt nationale Symbole wie die rot-weiß-rote Fahne, die Hymne und den Begriff „Heimat“ ein. Dies geschah auf eine Weise, die akuten Nationalismus hervorruft, durch die Verbindung von Heimat mit Abschottung, kultureller Homogenität und der Forderung nach nationaler Integrität (de Cillia et al. 2020, S. 183-184). Heimat wird hier als etwas präsentiert, das verteidigt werden muss, gegen äußere Einflüsse wie Migration.

Diese Art der Heimatkonstruktion beruht häufig auf Abgrenzung. Der „Schutz der Heimat” dient dabei als Legitimationsfigur für Grenzschließungen und eine rigide Asylpolitik. Diese Strategie wird von rechtspopulistischen Kräften bewusst eingesetzt, um Angst vor dem Verlust nationaler Identität zu schüren (de Cillia et al. 2020, S. 221). Dadurch wird „Heimat“ zu einem politischen Kampfbegriff, der Machtverhältnisse durch Inklusion und Exklusion reguliert.

Zudem zeigt sich zunehmend, dass „Heimat” als Symbol für kulturelle Authentizität genutzt wird, beispielsweise durch die FPÖ und die ÖVP, die sich für eine stärkere Förderung der Volkskultur einsetzen. In Kärnten etwa wird die Bewahrung der regionalen Kultur – von Trachten bis Blasmusik – als identitätsstiftend betrachtet und politisch forciert (Müller 2025). In der Steiermark nimmt dieser Diskurs mit der geplanten Verfassungsverankerung der Landeshymne gar verfassungsrechtliche Dimensionen an, obwohl es aufgrund historisch aufgeladener Textstellen diplomatische Spannungen mit Slowenien gibt. Auch hier dient „Heimat” als ein kulturell überformter Begriff mit geopolitischer Sprengkraft.

Im österreichischen Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016 wurde das Thema „Heimat” schließlich auch von Kandidat:innen unterschiedlicher politischer Lager aufgegriffen. Norbert Hofer (FPÖ) propagierte ein konservativ-exklusives Heimatbild, während Alexander Van der Bellen ein offenes, integratives Verständnis vertrat, wenn auch mit Rückgriff auf klassische Heimatbilder (Hermann 2020, S. 2-3). Die Analyse zeigt, dass „Heimat“ als symbolischer Ort der Zugehörigkeit fungiert, jedoch je nach politischer Orientierung sehr unterschiedlich konzipiert wird: offen versus geschlossen, wandelbar versus statisch, inklusiv versus exklusiv.

Der Heimatbegriff in Österreich ist umkämpft und ideologisch aufgeladen. Seine Deutungen schwanken zwischen Erinnerungskultur, identitätspolitischer Waffe und symbolischem Anker. Während rechte Parteien Heimat häufig als statischen Raum der Abgrenzung inszenieren, wird er von progressiven Kräften zunehmend als dynamisches Konzept der sozialen Inklusion verstanden. Gerade deshalb bleibt „Heimat” ein Begriff, der kritisch beobachtet und immer wieder neu ausgehandelt werden muss.

Literatur

  • de Cillia, R., Wodak, R., Rheindorf, M., Lehner, S. (2020). Österreichische Identitäten im Wandel. Wiesbaden: Springer VS.
  • Hermann, A. T. (2020). Heimat neu denken? „Heimat“ als umkämpfter Begriff im österreichischen Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016. OZP – Austrian Journal of Political Science, 48(4), 1–14. https://doi.org/10.15203/ozp.2932.vol48iss4.
  • Müller, W. (2025). Volkskultur, Trachten, Landeshymne: Wie der Heimatbegriff die Politik dominiert. Der Standard. https://www.derstandard.at/story/3000000269958/volkskultur-trachten-landeshymne-wie-der-heimatbegriff-die-politik-dominiert.
  • Schneider, G., & Toyka-Seid, C. (2025). Das junge Politik-Lexikon. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.

Trumps Abtreibungspolitik

Seit über zwei Jahren liegt die Gesetzgebung zur Legalität von Schwangerschaftsabbrüchen in den USA wieder bei den einzelnen Bundesstaaten. In 19 Bundesstaaten sind Abtreibungen inzwischen verboten oder werden so streng reguliert, dass Betroffene kaum Zugang zu medizinischer Hilfe haben (Kathe, 2025). Diese Entwicklungen wurden maßgeblich durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Jahr 2022 beeinflusst, die das landesweite Recht auf Abtreibung aufgehoben hatte. Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl verschärfte sich die politische Lage im Zusammenhang mit dem Thema Abtreibung deutlich. Während die Demokratin Kamala Harris im Wahlkampf das Recht auf Abtreibung betonte, blieb Donald Trump bei Fragen zum Abtreibungsrecht bewusst vage (ARD-aktuell, 25.01.2025).

Trump erließ ein Dekret, mit dem er die Maßnahmen seines Vorgängers Joe Biden zur Sicherung des Zugangs zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen wieder aufhob. Biden hatte diese Dekrete nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofs im Jahr 2022 erlassen, um den Zugang zu Abtreibungspillen zu erleichtern und Frauen die Möglichkeit zu geben, für Abtreibungen in andere Bundesstaaten zu reisen. Trump hingegen hob diese Regelungen auf und setzte eine alte Regelung aus dem Jahr 1984 wieder in Kraft, die Finanzhilfen für Organisationen im Ausland kürzt, wenn diese Abtreibungen in ihrer Beratung erwähnen (ARD-aktuell, 25.01.2025). Damit blockiert die US-Regierung seitdem die finanzielle Unterstützung für solche Organisationen, was die internationale Unterstützung in diesem Bereich erheblich einschränkt.

Neben diesen Maßnahmen ordnete Trump auch die Schließung diversitätsfördernder Programme bei Bundesbehörden an: Innerhalb von 60 Tagen sollten alle „Diversity, Equity and Inclusion“-Stellen (DEI) geschlossen werden. Dies stellt eine deutliche Kehrtwende in der Innenpolitik dar. Diese Programme, die für mehr Chancengleichheit sorgen sollten, wurden in vielen Behörden bereits kürzlich aufgelöst. Auch auf gesellschaftlicher Ebene zeigt Trump eine klare Linie: Bei einer Demonstration für das Recht auf Abtreibung kündigte er an, die „Errungenschaften“ der Abtreibungsgegner künftig zu schützen (ARD-aktuell, 25.01.25). Seine Haltung wird durch die Unterstützung konservativer Richter im Obersten Gerichtshof beeinflusst, die maßgeblich an der Abschaffung des landesweiten Rechts beteiligt waren.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Haltung von Melania Trump, der Ehefrau des Präsidenten. Knapp einen Monat vor den Wahlen stellte sie sich öffentlich gegen ihren Ehemann und sprach sich für das Recht auf Abtreibung aus. In einem Buch betonte sie, dass es keinen Raum für Kompromisse bei diesem Grundrecht gebe und dass Frauen selbst entscheiden sollten, was sie mit ihrem Körper machen. Sie forderte, dass Frauen ohne staatlichen Druck ihre Schwangerschaft beenden können, da dies ein Grundrecht sei (ARD-aktuell, 03.10.2024). Diese Aussagen widersprechen deutlich Trumps Position, der die Entscheidung über Abtreibungen den Bundesstaaten überlassen will und auf konservative Richter im Obersten Gerichtshof setzt.

Im Zuge der verschärften Restriktionen in den Bundesstaaten haben Studien erste negative Folgen der Gesetzgebung offengelegt. So berichtete die Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health, dass in 14 dieser Bundesstaaten die Kindersterblichkeit deutlich angestiegen sei. Konkret stieg die Kindersterblichkeitsrate in diesen Staaten von 5,93 auf 6,26 je 1000 Geburten. Zudem nahm die Zahl der Todesfälle aufgrund angeborener Anomalien um 10,87 Prozent zu. Diese Entwicklung ist eine direkte Folge der Gesetzgebung, die Schwangerschaftsabbrüche verbietet, selbst wenn feststeht, dass das Kind schwerstkrank und nicht überlebensfähig zur Welt kommen wird. Viele Frauen sind dadurch gezwungen, eine Schwangerschaft bis zum Ende auszutragen und ein tot geborenes Kind zur Welt zu bringen. Die Rechtsexpertin Sarah Corning von der American Civil Liberties Union in Texas kommentierte, dass diese Gesetzgebung unnötige physische und emotionale Qualen hervorrufe. Alison Gemmill, eine an der Studie beteiligte Forscherin, warnte vor einer Rückentwicklung bei der Säuglingssterblichkeit, die einen jahrzehntelangen Fortschritt gefährde. Im Vergleich liegt die Säuglingssterblichkeit in Deutschland bei etwa 3,3 Prozent (Kathe, 2025).

Der politische Einfluss Trumps auf das Thema Abtreibung war bereits im ersten Jahr seiner Präsidentschaft deutlich sichtbar. Nach seiner Wiederwahl 2024 setzte er eine Reihe von Maßnahmen um, die das Recht auf Abtreibung in den USA erheblich einschränken. So begnadigte er mehrere Pro-Life-Aktivisten, die wegen der Blockade von Abtreibungskliniken verurteilt worden waren. Zudem wurden landesweit wichtige Schutzmaßnahmen aufgehoben, die den Zugang zu reproduktiver Gesundheitsversorgung gewährleisten sollten – darunter auch die Einstufung von Schwangerschaftsabbrüchen als Gesundheitsleistung (Kathe, 2025). Kurz nach seiner Amtseinführung wurde zudem die Website reproductiverights.gov offline genommen, die während Bidens Amtszeit eingerichtet worden war, um Informationen zu Frauen-Gesundheitsleistungen bereitzustellen (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.01.2025).

In den USA wächst zudem der Druck, das Strafmaß für Schwangere zu erhöhen, die einen Abbruch vornehmen. Mehrere Bundesstaaten, darunter Indiana, North Dakota, Oklahoma und South Carolina, arbeiten an Gesetzesentwürfen, die Abtreibungsverbote weiter verschärfen und in einigen Fällen das Strafmaß für Schwangerschaftsabbrüche mit dem von Mord gleichsetzen. Besonders in Oklahoma gilt sogar kein Mindestalter für eine Heirat, was die rechtlichen Rahmenbedingungen weiter verkompliziert. Diese gesetzgeberischen Bestrebungen gehen einher mit der Forderung, Schwangerschaftsabbrüche strafrechtlich zu verfolgen, wodurch Frauen zunehmend kriminalisiert werden sollen (Kathe, 2025).

Darüber hinaus findet Trumps restriktive Abtreibungspolitik bei den Evangelikalen große Zustimmung, weil sie mit ihren religiösen Überzeugungen übereinstimmt (Ege, 2024). Das Tötungsverbot in der Bibel wird hier in vollumfänglichem Sinne eingesetzt und führt somit zu einem allgemeinen Abtreibungsverbot. Diese Unterstützung trägt maßgeblich dazu bei, dass Trump bei konservativen Wählern und religiösen Gruppen populär bleibt, was wiederum seine politischen Entscheidungen beeinflusst.

In Deutschland hingegen differenziert man zwischen dem Recht der Frau auf ihren eigenen Körper und dem Recht des Kindes, leben zu dürfen. Nach einem Aufklärungsgespräch hat die Frau die freie Entscheidung, sich für oder gegen das Kind zu entscheiden, und im Falle einer Abtreibung bleibt die Frau straffrei. Dieser ganze Komplex ist heute strittig, politisch wird argumentiert, dass die Frau völlig frei entscheidet und das Abtreibungsrecht somit entkriminalisiert wird (Schwartz, 2024).

Insgesamt zeigt sich eine klare Tendenz zu einer restriktiveren Abtreibungspolitik in mehreren Bundesstaaten, die durch die Unterstützung konservativer Gerichte und die politische Agenda Trumps vorangetrieben wird. Die Entwicklungen in den USA, insbesondere die Verschärfung der Gesetzgebung und die damit verbundenen negativen Folgen für die Säuglingssterblichkeit, verdeutlichen jetzt schon die gravierenden Konsequenzen dieser Politik.

Quellenverzeichnis:

Sonntag, 25. Mai 2025

Trump und das Aus für die „Fulbright Diversity Initiative“

In diesem Beitrag geht es um die Auswirkungen der Maßnahmen der Trump-Administration auf studentisches Leben in Deutschland am Beispiel des Stipendienprogramms für deutsche Studierende „Fulbright Diversity Initiative“, die jetzt „Discover the USA“ heißt.

Ich erhalte eine Nachricht auf mein Handy. Es kommt aus der Alumni-Gruppe meines Fulbright Stipendiums, mit dem ich 2018 vier Wochen an einer amerikanischen Universität ein Schnupper-Studium machen durfte. Ich konnte Themen wie Diversität, Migrationsgeschichte Amerikas und Inklusion in vielen der Seminare und Diskussionen vertiefen und eine wertvolle Erfahrung im Austausch zweier Länder reflektieren und in einem Blog festhalten (a).

Damals schon überschattete unsere politischen Debatten auf dem Campus in San Antonio, Texas, die Wahl Donald Trumps. In seiner Kandidatur vertrat der Republikaner eine Sicht auf die Gesellschaft, die gespalten war zwischen ihm und der demokratischen Gegenkandidatin Hilary Clinton. Eine amerikanische Studentin erklärte uns auf unsere Frage hin, warum Trump gewählt wurde, dass Trump als „lesser evil“ erachtet wird, also einfach das geringere Übel im Vergleich zu seiner Gegenkandidatin darstellt. Die Menschen seien wirtschaftlich gesehen für eine Politik von Trump, denn Clinton habe wirtschaftlich keine so guten Versprechen gegeben.

Einen Fakten-Check dieser Behauptung könnte man anhand Trumps nicht vorhandenem Plan und dem konkreten Handlungsplan Clintons schwierig durchführen, jedoch hat alleine der Wahlkampf-Slogan „Make America Great Again“ einen Anspruch verfolgt, den Menschen aus den USA wieder zu dienen, Amerika in den Mittelpunkt zu stellen und der Bevölkerung den nationalen Stolz zurückzugeben. Heute – nach seinem zweiten Amtsantritt – erkennen wir einen „more evil“-Ansatz seiner Politik, eine Radikalisierung.

Doch zurück zur Nachricht: In der Nachricht steht: „Habt ihr schon gehört, dass die Fulbright Diversity Initiative zu `Discover the USA‘ umbenannt wurde?“ Empörung macht sich bei den Alumni breit. Jemand anderes teilt ein Statement der aktuellen Trump-Regierung mit dem Kommentar „Fulbright allgemein steht in der Schusslinie der Regierung [der USA]“:

„May 2, 2025 – Trump administration submits a discretionary budget for FY2026 that includes a 93% decrease in funding for Educational and Cultural Exchanges (691 million). This line item includes the Fulbright Program – The reason cited is the following: “Inspector General reports have documented insufficient monitoring for fraud and inefficient, wasteful programming at the expense of U.S. taxpayers. Foreign students receiving technical and high demand training leave to take those skills overseas, including back to near-peer rivals, having deprived American students of places to acquire those skills. This program is no longer affordable. (b)

Das Programm, das ursprünglich explizit für deutsche Studierende mit Migrationsgeschichte ausgeschrieben wurde, ist nun nicht mehr explizit für marginalisierte Gruppen ausgerichtet, was die Essenz des Programms ausmachte. Es war entwickelt worden, um die prozentual unterrepräsentierten Bewerber*innen mit Migrationsgeschichte für vollwertige Fulbright-Stipendien zu motivieren und ihnen ein Probe-Studium anzubieten.

Wie hat Trump das alles so schnell gemacht? Er brauchte dazu nicht einmal eine Gesetzesänderung, für die er eine Mehrheit im Kongress benötigt hätte, sondern hat kurzerhand einen präsidentiellen Erlass veröffentlicht, der direkt umgesetzt wird. Bei diesen Erlassen gibt es keine Möglichkeit, dass sie durch die Gesellschaft diskutiert, berichtigt, geschweige denn verhindert werden können. Die amerikanische Bevölkerung hat dennoch eine geringe Macht: sie hat gegen diesen Erlass mit einer Kampagne reagiert, die den Kongress dazu aufruft, gegen diese Regelung zu stimmen. (c)

Dieses politische Vorgehen mit einer konkreten Programmatik, die Trump nun umsetzen will, kann als radikalisierter Konservatismus beschrieben werden. Der Begriff wurde unter Anderem von der Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl (d) beleuchtet. Und dieser radikalisierte Konservatismus birgt große Gefahren für den Erhalt der demokratischen Grundprinzipien und den Schutz der Menschenrechte.

Mit der Verbannung von Wörtern wie z.B. Diversität, Queer, Gender usw. geht ein Konflikt mit vielen von der Regierung bezuschussten Programmen einher. Die Fulbright Kommission schreibt sich folgende zentrale Vision auf die Fahnen:“We are committed to ensuring that participants in our programs reflect the diversity of educational, scholarly, and professional excellence in our changing societies. To that end, we endeavor to address barriers to participation that hinder access to the transformative benefits of the Fulbright experience and Fulbright Community.“(e)

Wie in Zukunft die gesellschaftliche Diversität in öffentlichen Programmen und an öffentlichen Debatten nun weiter umgesetzt werden können, bleibt abzuwarten. Dennoch kann ich mit Verlaub sagen, dass das Programm in seiner grundlegenden Struktur delegitimisiert wurde und nicht mehr das sein kann, was es war: Ein Versuch Chancenungleichheit entgegenzuwirken.

Verweise:

Donnerstag, 22. Mai 2025

Die Stärke rechtspopulistischer Parteien in ländlichen Regionen

In den letzten Jahren haben rechtspopulistische Parteien wie die AfD in Deutschland, der Rassemblement National (RN) in Frankreich und der Trumpismus in den USA besonders in ländlichen Regionen an Zustimmung gewonnen. Dabei handelt es sich um eine zentrale Gemeinsamkeit rechtspopulistischer Parteien. In diesem Blogbeitrag möchte ich dieser Beobachtung nachgehen und die Ursachen für die geografischen Unterschiede in der Wählerschaft beleuchten.
 
Ländliche Räume: Nährboden für Rechtspopulismus 
 
In ländlichen Gebieten fühlen sich viele Menschen politisch und wirtschaftlich abgehängt. In Ostdeutschland beispielsweise zeigen Studien, dass die AfD besonders in eher ländlichen Gemeinden hohe Wahlergebnisse erzielt, während in sehr ländlichen oder urbanen Regionen die Unterstützung geringer ausfällt. Diese "Zwischenräume" erleben oft einen Strukturwandel ohne ausreichende politische Begleitung, was das Gefühl der Vernachlässigung verstärkt (https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn061129.pdf).
 
In Frankreich konnte der RN bei den Parlamentswahlen 2024 in ländlichen Regionen stark zulegen. Wähler:innen äußerten Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Situation und der Wahrnehmung, von der zentralen Politik in Paris ignoriert zu werden.
 
In den USA hat Donald Trump insbesondere in ländlichen Gebieten Unterstützung gefunden, indem er wirtschaftliche Ängste und kulturelle Unsicherheiten adressierte. Viele dieser Wähler:innen fühlten sich von der Demokratischen Partei nicht mehr vertreten und sahen in Trump einen Anwalt ihrer Interessen.
 
Urbane Zentren: Hochburgen demokratischer Parteien

Städte zeichnen sich durch höhere Bildungsniveaus, größere ethnische Vielfalt und ein breiteres kulturelles Angebot aus. Diese Faktoren korrelieren mit einer höheren Unterstützung für demokratische und progressive Parteien. Eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zeigt, dass in urbanen Gebieten Parteien wie die SPD und die Grünen stärkeren Rückhalt finden, während auf dem Land konservative und rechtspopulistische Parteien dominieren (https://www.kas.de/de/monitor/detail/-/content/stadt-land-unterschiede).
 
In den USA konzentriert sich die Unterstützung für die Demokratische Partei ebenfalls in städtischen Gebieten, wo Themen wie soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Diversität eine größere Rolle spielen. Diese Unterschiede im Wahlverhalten spiegeln die unterschiedlichen Lebensrealitäten und Prioritäten von Stadt- und Landbewohner:innen wider.
 
Die Bedeutung des Dialogs zwischen Stadt und Land

Die unterschiedlichen Wahlergebnisse zwischen urbanen und ländlichen Regionen verdeutlichen die Notwendigkeit eines intensiveren Dialogs. Politische Strategien sollten in Zukunft darauf abzielen, die spezifischen Bedürfnisse und Sorgen der ländlichen Bevölkerung ernst zu nehmen, ohne dabei demokratische Grundwerte zu schädigen. Gleichzeitig müssen urbane Zentren ihre Rolle als Motoren für Innovation und Integration weiterhin wahrnehmen und Brücken in ländliche Regionen bauen. Nur durch gegenseitiges Verständnis und gezielte politische Maßnahmen kann die Kluft zwischen Stadt und Land überwunden und der Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen eingedämmt werden.
 
Quellen:
  • https://www.kas.de/de/monitor/detail/-/content/stadt-land-unterschiede
  • https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn061129.pdf
  • https://www.cpreview.org/articles/2025/2/running-on-resentment-the-national-rally-in-rural-france?
  • https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/studie-afd-waehler-100.html
  • https://www.bpb.de/themen/parteien/parteien-in-deutschland/afd/273131/wahlergebnisse-und-waehlerschaft-der-afd/ Wahlergebnisse und Wählerschaft der AfD | Parteien in Deutschland

Mittwoch, 14. Mai 2025

Scheitert Marine Le Pens Entdämonisierungsstrategie an einem Gerichtsurteil?

Marine Le Pen hat sich in den vergangenen Jahren der dédiabolisation, der Entdämonisierung ihrer Partei verschrieben. Sie wollte den rechtsextremen Front National zum regierungsfähigen Rassemblement National (RN) umbauen. Lange schien diese Strategie aufzugehen, was sich an den steigenden Wahlergebnissen bei den Präsidentschaftswahlen zeigte (2022: 2. Wahlgang: 41,5 %). Doch nun stellt sich die Frage, ob ein Pariser Gerichtsurteil diesen politischen Kurs nicht endgültig scheitern lässt.

Die Verurteilung Le Pens zu vier Jahren Haft aufgrund Veruntreuung öffentlicher Gelder – zwei davon auf Bewährung, zwei unter elektronischer Fußfessel –, einer hohen Geldstrafe und vor allem zur fünfjährigen Unwählbarkeit ist ein massiver Einschnitt. Er gefährdet das zentrale Ziel Le Pens: dass der RN nicht nur wählbar, sondern regierungsfähig wird.

Anstatt als Reaktion auf das Urteil auf Seriosität und Rechtsstaatlichkeit zu setzen, inszeniert sie sich als Opfer dunkler Mächte und wendet dabei eine Rhetorik an, die an Donald Trump erinnert. Von einer „Diktatur der Richter“ ist die Rede, von politischer Verfolgung und von Parallelen zum Fall Nawalny.

Was kurzfristig als Mobilisierung ihrer Kernwählerschaft wirkt, könnte sich langfristig als schwerer Fehler erweisen. Denn Le Pens jüngste Äußerungen stehen im Widerspruch zu ihrer strategischen Ausrichtung. Das Ziel, moderate bürgerliche Wähler der Mitte zu gewinnen, verträgt sich kaum mit Verschwörungserzählungen und Richterbeschimpfungen.

Laut aktuellen Umfragen hält eine Mehrheit der Franzosen das Urteil für gerechtfertigt. Fast zwei Drittel akzeptieren auch die sofortige Anwendung der Unwählbarkeit. Das beschädigt nicht nur Le Pens persönliche Glaubwürdigkeit, sondern auch die ihres Projekts der Normalisierung der Partei.

Le Pen hat Berufung eingelegt und will sich zusätzlich an den Verfassungsrat und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden. Ziel: das Urteil kippen oder zumindest die sofortige Wirkung der Unwählbarkeit aufheben zu lassen. Denn wenn sie trotz des laufenden Verfahrens 2027 kandidieren dürfte, wäre das vielleicht ihre letzte Chance, das Ruder noch einmal herumzureißen.

Doch die Strategie ist riskant. Ein solches Szenario setzt voraus, dass ihre Beliebtheitswerte stabil bleiben, dass ihre Gegner keinen glaubwürdigen Gegenkandidaten aufstellen und dass sie selbst den Eindruck der juristisch und moralisch angeschlagenen Kandidatin ablegen kann. Es mag bezweifelt werden, ob das gelingt.

Fazit: Marine Le Pens Strategie der Entdämonisierung steht an einem Wendepunkt. Das Urteil ist nicht nur juristisch, sondern auch politisch für sie ein Einschnitt. Ob sie sich aus der Affäre befreien kann, hängt nicht nur von Gerichten ab, sondern auch von der öffentlichen Wahrnehmung ihrer Reaktion. Ihr alter Kampfgeist könnte in diesem Fall zur selbstgebauten Falle werden. Denn je mehr sie gegen den Staat wettert, desto weniger wirkt sie wie eine Frau, die ihn eines Tages glaubwürdig und seriös führen könnte.

Quelle: https://www.spiegel.de/ausland/marine-le-pen-wie-rechte-in-frankreich-jetzt-die-justiz-attackieren-a-2a58427e-08d5-4adc-91d7-99c451667bb7 (zuletzt abgerufen am 14.05.2025)