Der Rechtspopulismus ist in Europa inzwischen ein fester Bestandteil des Parteienspektrums geworden und erfährt hohe Aufmerksamkeit. Rechtspopulismus kann als Folge gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse im Zuge der Globalisierung entstehen. Jedoch nicht nur in Europa existieren rechtspopulistische Parteien, Bewegungen und Strömungen. In den USA prägte die Tea-Party-Bewegung die politische Landschaft in den vergangenen Jahren.
Das Aufkommen der Bewegung, die radikale Varianten des Liberalismus und Konservatismus vertritt, kann als Höhepunkt eines Rechtsrucks der Republikaner nach der Wahl des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama gesehen werden (vgl. LpB BW 2020). Zu Beginn der Arbeit wird Ursprung, Struktur und Ideologie der Tea Party beleuchtet. Anschließend werden verschiedene Aspekte der Einflussnahme der Bewegung dargestellt.
Ursprung der Tea-Party-Bewegung
Die Anfänge der Tea-Party-Bewegung werden auf das Jahr 2007 zurückgeführt, als sich der Jahrestag der Boston Tea Party zum 234. Mal jährte. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Ron Paul rief zu einer Nachstellung des historischen Ereignisses auf: Im Jahr 1773 hatten Kolonisten, welche als Indigene verkleidet waren, 46 Tonnen Tee in den Hafen von Boston geworfen. Ursache dafür war die vermeintlich hohe Steuerlast der britischen Kolonialmacht (vgl. Schweitzer 2012: 14; Prutsch 2019: 82; Oswald 2016: 110).
Den eigentlichen Beginn sieht die wissenschaftliche Forschung (und die Tea-Party Mitglieder selbst) erst nach der Wahl von Barack Obama, und zwar genau auf den Tag des Wutausbruches des Wirtschafts- und Finanzjournalisten Rick Santelli: Am 19. Februar 2009 echauffierte sich Santelli live im Sender CNBC über ein von der Regierung Obamas erlassenes Hilfsprogramm für hypothekenbelastete Hausbesitzer.
Ursache für das Hilfsprogramm war die Finanzkrise 2008. Santelli vertrat die Ansicht, dass der Staat durch dieses Hilfsprogramm die falschen Anreize für falsches Verhalten geben würde. Denn seiner Ansicht nach dürften nicht die Verlierer gefördert werden, sondern nur diejenigen, die sich ihren Lebensstil verdient hätten. Santelli wandte sich vor allem an diejenigen, die ihre Bedürfnisse von der Politik nicht als erfüllt sahen und rief diese auf, eine neue Tea Party im Sommer in Chicago zu beginnen (vgl. Potts 2016: 109ff.; Prutsch 2019: 82).
Der Videomitschnitt von Santellis Wutausbruch wurde online gestellt und verbreitete sich in den sozialen Medien. Insbesondere auf konservativen Websites fand Santelli viel Zuspruch, und innerhalb von wenigen Tagen wurden in vielen Staaten Tea Partys gegründet (vgl. Schweitzer 2012: 22ff; 133; Oswald 2016: 110ff.).
Ebenso avancierte der konservative Nachrichtensender Fox News zu einem Befürworter der Proteste, und Moderatoren wie Glen Beck warben in ihren Sendungen für die Proteste, was dazu führte, dass die Ängste der Aktivisten immer weiter geschürt wurden. Außerdem entdeckten auch prominente Republikaner ihre Nähe zur Tea Party, so wie beispielsweise Newt Gingrich (vgl. Schweitzer 2012: 134ff., 148ff.; Potts 2016: 112 ff.).
Neben Gingrich waren die hauptsächlichen Leitfiguren Sarah Palin, Michelle Bachmann und Ron Paul, welcher als geistiger Vater der Tea Party gilt (vgl. Prutsch 2019: 84). Insbesondere Bachmann gilt als der Superstar der Tea-Party-Bewegung und hat den Tea-Party-Caucus des Repräsentantenhauses und des Senats gegründet, welchen sie leitete (vgl. Schweitzer 2012: 18).
Letztendlich kann die Entstehung der Tea-Party-Bewegung auf zwei Ereignisse zurückgeführt werden: Die Wahl des ersten Afroamerikaners zum Präsidenten und die Finanzkrise im Jahr 2008 (vgl. Prutsch 2019: 83). Die Maßnahmen aus diesen zwei Ereignissen wie die Obama-Gesundheitsreform (Obamacare) führten zum Erstarken der Bewegung. Ebenso die demografischen Veränderungen und der sinkende Anteil der weißen Bevölkerung sind ursächlich für das Aufkommen der Bewegung, denn die Anhänger der Tea-Party-Bewegung fühlten sich durch diesen Wandel bedroht (vgl. Gast, Kühne 2011: 256).
„Der Wutausbruch spiegelte die Krisenstimmung der späteren Aktivisten wider: Die Finanz- und Wirtschaftskrise hatte viele verunsichert, selbst diejenigen, die nicht unmittelbar betroffen waren. Zudem missfiel den Aktivisten die Wahl des ersten schwarzen US-Präsidenten und die gestiegenen Regierungsausgaben“ (Potts 2016: 111-112).
Es handelt sich bei der Tea-Party-Bewegung um keine formale Partei, sondern eher um einen losen Zusammenschluss von regierungskritischen Personen, die den Republikanern nahestehen und zu denen auch politikverdrossene Demokraten gehörten. Zudem hat die Bewegung keine Parteistruktur, keinen Vorstand und keine Delegierten. Es handelt sich um eine rechtskonservative Bewegung, welche als Bündnis von Libertären und Konservativen startete (vgl. Schweitzer 2012: 10ff.). Die Proteste richteten sich gegen das Erstarken des Staates und die Gängelung durch zu viele Gesetze. Des Weiteren kam der Wunsch auf, zu den freiheitlichen Ursprüngen der amerikanischen Verfassung zurückkehren (vgl. ebd.: 21).
Struktur und Ideologie der Tea-Party-Bewegung
Das Grundsatzprogramm der Bewegung wurde nur von einigen Personen verfasst und nur von einigen Gremien verabschiedet. Ebenso gibt es keine anerkannte oder etablierte Führungsperson innerhalb der Bewegung. Beide Aspekte sind vor allem auf die zersplitterte Organisationstruktur der Bewegung zurückzuführen (vgl. Potts 2016: 132ff.).
Insgesamt lassen sich vier Strömungen innerhalb der Bewegung ausmachen: Fiskalkonservative, libertäre, sozialkonservative und rechtsradikale. Die Einstellung der einzelnen Gruppen gegenüber der Regierung, dem Sozial- und Finanzsystem sowie dem Gesellschafts- und Menschenbild überschneiden und ergänzen sich.
Anzumerken ist, dass die Einstellungen der Tea-Party nicht mit denen der republikanischen Partei gleichzusetzen sind. Zwar steht die Tea Party den Republikanern nahe und kandidierte in ihrem Namen, jedoch siedelt sich diese eher rechtsaußen im politischen Spektrum an (vgl. Potts 2016: 132; Gast, Kühne 2011: 257).
Im Folgenden werden die Gemeinsamkeiten der Strömungen vorgestellt und anschließend die Strömung der Rechtsradikalen im Besonderen betrachtet. Alle Strömungen eint die Wut gegen die Regierung und die Politiker. Dabei ist ihr Hauptanliegen, die Macht der Regierung zu reduzieren (small government). Hierbei geht es vor allem darum, den Einfluss der Regierung auf ihr eigenes Leben zu begrenzen, da sie jeglicher Einmischung und Bevormundung durch politische Autoritäten abgeneigt sind.
Dabei fungiert die Regierung für die Tea-Party-Anhänger als Sündenbock: Beispielsweise wird das Wirtschaftssystem als eine kapitalistische Vetternwirtschaft bezeichnet, in welcher die Interessen nur durch enge Verbindungen zur Regierung durchgesetzt werden können. Jedoch richtet sich der Ärger der Tea Party nur zweitrangig gegen Unternehmen und Lobbyisten. Der Sündenbock ist vorrangig die Regierung, da diese durch ihre Regulierungen und Eingriffe in die Wirtschaft dem Prinzip des freien Marktes widerspricht (vgl. Potts 2016: 134; Prutsch 2016: 87).
„Das Narrativ und die Auseinandersetzung über die Rolle der Regierung, die in den Augen der Tea Party allein für die Erhaltung der Freiheit und unveräußerlicher Rechte eintreten soll, ist so alt wie Amerika selbst und erinnert stark an den Republikanismus der Gründerzeit. Ihre Vorstellungen über die Aufgabe der Regierung und die daraus resultierenden Vorschläge ergeben sich aus einer strikten Interpretation der US-Verfassung“ (Potts 2016 134-135).
Es geht also um eine schlanke Regierung und das Vertrauen auf die selbstregulierenden Fähigkeiten des Marktes. Dieser Drang nach Freiheit spiegelt sich ebenfalls in dem Widerstand gegen die allgemeine Krankenversicherung („Obamacare“) wider. Nach Ansicht der Tea-Party-Anhänger steht die Pflicht, sich zu versichern, der Vorstellung von Freiheit entgegen (vgl. Potts 2016: 135ff.; Adorf 2019: 116). Vor allem sahen sie die Gesundheitsreform als eine ungerechte Umverteilungsmaßnahme an.
Hier stellt sich die Frage, wem überhaupt staatliche Leistungen zustehen. Denn im Wesentlichen sind die Anhänger nicht per se gegen staatliche Leistungen. Sie sind gegen diejenigen, die sich die Leistung ihrer Meinung nach (noch) nicht verdient haben. Dazu zählen ethnische Minderheiten, illegale Einwanderer und junge Menschen (vgl. Potts 136 ff.; Greven 2015).
Insbesondere gegenüber Minderheiten wie Homosexuellen und Einwanderern vertritt die Bewegung eine negative Haltung. Dabei spricht sie sich gegen jegliche Form von Gleichstellung der Gesellschaftsgruppen durch die Regierung aus, und der Glaube, dass benachteiligte Gruppen in ihrer derzeitigen gesellschaftlichen Position bleiben sollen, wird durch rassistische Stereotype verstärkt (vgl. Potts 2016: 138ff.; Greven 2015).
Ursächlich für diesen Glauben ist die Berufung auf den "Amerikanischen Traum": Nur wer hart arbeitet, kommt auch voran. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Armut nicht aus unglücklichen Lebensumständen resultiert, sondern aus Untätigkeit, was wiederum den Glauben an die Eigenverantwortung unterstreicht (vgl. Potts 2016: 138ff.).
„Die Ideologie der Bewegung ist nicht neu, sondern bereits existierenden Vorstellungen entnommen und vielmehr eine Verkörperung verschiedener ideologischer Stränge des US-Konservatismus“ (Potts 2016: 148).
Schon im April 2009 erwähnte das Ministerium für Innere Sicherheit, dass die Wirtschaftskrise sowie die Wahl eines schwarzen US-Präsidenten eine Angriffsfläche für rechtsradikale Gruppierungen darstellen kann. Diese Vermutung bestätigte sich, indem sich rechtsradikale Gruppierungen der Tea Party anschlossen. Insbesondere durch Internet- und Facebookseiten, welche der Bewegung nahestanden, entwickelte sich ein Narrativ der drohenden Gewaltherrschaft durch die Regierung (vgl. Potts 2016: 146ff.).
Die Tea-Party-Bewegung hatte zahlreiche Berührungspunkte mit antisemitischen, rassistischen und white supremacy-Gruppierungen. Vertreter der Tea-Party-Bewegung distanzierten sich zwar von Angriffen und entsprechenden Stellungsnahmen, jedoch gab es innerhalb der Bewegung immer wieder kleine Gruppierungen, die apokalyptische und verschwörungstheoretische Überzeugungen vertraten. Dazu gehörten Aussagen wie "die Gesundheitsreform von Obama bringt meine Großeltern um" oder "Obama ist kein Amerikaner, sondern ein Moslem" (vgl. Greven 2011: 7; vgl. Greven 2015).
Alles in Allem zeigt sich, dass bei den Tea-Party-Aktivisten das Gefühl entstanden ist, enteignet worden zu sein und von der Regierung nicht gehört zu werden. Der Glaube an und die Berufung auf den Amerikanischen Traum sowie an den freien Markt sind ursächlich für das Erstarken der Bewegung.
Rhetorik der Tea-Party Bewegung
Die Tea-Party-Politiker appellieren in ihren Reden an die "schweigende Mehrheit", die von beiden politischen Lagern vergessen werde. Ebenso wird dem Amerikanischen Traum nachgetrauert, da dieser außerhalb der Reichweite vieler Amerikaner liege. Zudem wird in Reden der Tea-Party-Politiker immer wieder Bezug auf den amerikanischen Exzeptionalismus genommen, um die Proteste und Forderungen der Bewegung als legitim erscheinen zu lassen (vgl. Potts 2016: 209).
„Wiederkehrende Motive in der Rhetorik der Tea Party waren Freiheit, Prosperität, Individualismus und die Rückeroberung des Amerikanischen Traumes; Motive, die einen so breiten Rahmen bieten, dass jeder Zuhörer sie in seinem eigenen Kontext interpretieren kann“ (Potts 2016: 209).
Diese Motive der Tea-Party-Anhänger werden veranlasst durch die Ansicht, dass die Anhänger ihr eigenes Land vor ihren Augen schwinden sehen. Hinzu kommt die Angst vor den demographischen, kulturellen und sozioökonomischen Veränderungen, auf welche sich die Rhetorik der Führungseliten immer wieder bezieht (vgl. ebd.: 209 ff.).
Traditionell beziehen sich populistische Bewegungen auf die Rhetorik der Klassensolidarität. Die Tea Party nutzte jedoch eine gegenteilige Rhetorik, indem sie an die individuellen Kräfte, Meinungen, Wahlmöglichkeiten und Autonomie appellierte und somit die Emotionen der Aktivisten schürte. Gleichzeitig gaben sie denjenigen, die sich im Stich gelassen fühlten, eine Stimme.
Dies unterstreicht auch die Aussage von Sarah Palin: Wir bringen Amerika wieder zu seiner einstigen Größe zurück (vgl. Palin 2010). Gleichzeitig wurde im Tea-Party-Narrativ das eigene Schicksal eng mit der amerikanischen Nation verknüpft: Man schafft es nur dann, wenn Amerika es auch schafft (vgl. Potts 2016: 210).
Vor allem Tea-Party-Anhänger wie Glenn Beck verstärkten durch ihre Rhetorik und Reden das Narrativ des umgekehrten Rassismus. Beck brach die Welt auf simple Ideale und schrittweise erreichbare Ziele herunter und teilte die Menschen in We (das Volk, die Tea Party) und They (Sozialisten, Verräter und Progressive) auf. Anschließend wird das Narrativ des umgekehrten Rassismus angewendet: Nicht die farbigen Menschen leiden unter rassistischem Verhalten, sondern die weiße Bevölkerung.
Insgesamt wurden Behauptungen oft rhetorisch überspitzt dargestellt. Im Gegensatz dazu wurden Formulierungen der Tea-Party-Anhänger eher vage gehalten, weil sie durch vage Formulierungen eine größere Zustimmung in der Gesamtbevölkerung erreichen wollten (vgl. Potts 2016: 210ff.; Adorf 2019: 121).
„Die Verallgemeinerung und Simplifizierung von Tatsachen war eine Strategie, mit der die Tea Party möglichst viele Anhänger auf ihrer Seite halten konnten“ (Potts 2016: 213).
Merkmale und Motivation der Anhängerschaft der Tea-Party-Bewegung
Die Struktur der Tea-Party-Bewegung ist nicht einfach zu beleuchten. Ebenso ist es schwierig, zu erfassen, wie viele Tea-Party-Aktivisten es gibt, da offizielle Mitgliederzahlen fehlen. Schätzungen zufolge wird die Tea-Party-Bewegung von etwa 20 Millionen Menschen unterstützt (vgl. Prutsch 2016: 86; Schweitzer 2012: 10ff).
Die im Folgenden dargestellten Merkmale beziehen sich auf eine im Jahr 2010 durchgeführte landesweite Umfrage der New York Times und CBS News: Der überwiegende Teil der Tea-Party-Anhängerschaft ist weiß und deutlich älter, wohlhabender und gebildeter als der Durchschnittsamerikaner (vgl. Schweitzer 2016: 24ff.).
Obgleich für die Entstehung der Bewegung unter anderem die Immobilien- und Finanzkrise ursächlich war, gaben zwei Drittel der Befragten an, dass sie davon nicht direkt betroffen waren. Es kann somit angenommen werden, dass die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise die Tea-Party-Anhänger nicht stärker belastet hat als den Rest der US-Bevölkerung. Zudem konnte aus der Umfrage entnommen werden, dass sich die Ängste vor einer unsicheren Zukunft von den Tea-Party-Anhängern und den übrigen US-Amerikanern kaum unterschieden (vgl. Potts 2016: 123ff.; Prutsch 2016: 86).
„Die meisten Anhänger [...] sind nicht auf die Banken sauer, die Billionen von Dollar veruntreut haben, sondern auf die Rettungsversuche der Regierung, die staatliche Hilfen an Hauseigentümer gibt; auf Immigranten, von denen sie glauben, dass sie nur Geld kosten; auf Arme, die nicht genug Steuern zahlen; auf die Moslems, die ihrer Meinung nach an den teuren Kriegen im Mittleren Osten schuld sind; auf alles, was irgendwie fremd, ausländisch und unamerikanisch ist“ (Schweitzer 2012: 10).
Im Gegensatz zu 18 Prozent der Gesamtbevölkerung der USA waren 32 Prozent schon im Ruhestand. Die Hälfte der Tea-Party-Anhänger bezeichnete sich selbst als Angehörige der Mittelschicht, 31 Prozent als Angehörige der Arbeiterklasse oder Unterschicht und 18 Prozent als der Oberschicht zugehörig. Somit kann der soziale Hintergrund in mancher Hinsicht die erfolgreichen Massenproteste zu Beginn der Bewegung erklären. Denn vor allem Rentner haben Zeit, sich politisch zu engagieren (vgl. Potts 2016: 122; Greven 2015).
Zum Großteil wählten die Anhänger die Republikaner. Jedoch bezeichneten sich 25 Prozent der Tea-Party-Anhänger als parteiunabhängig. Bedeutend wurde die Parteiunabhängigkeit bei der Präsidentschaftswahl 2008: In dieser wählte die Mehrheit der unabhängigen Wähler Obama. Ebenso haben 20 Prozent der unabhängigen Wähler, die sich der Tea-Party-Bewegung angeschlossen hatten, 2008 Obama gewählt.
Ursächlich für den Anschluss an die Bewegung ist die Enttäuschung in Bezug auf Obamas Regierungshandlungen. Interessant ist insbesondere, dass es der Tea-Party-Bewegung gelang, eine zuvor kaum politisch aktive Bevölkerungsgruppe zu mobilisieren. Dadurch schufen sie eine neue Akteursgruppe. Denn 86 Prozent der Anhänger gaben an, zuvor noch nie politisch aktiv gewesen zu sein. Neben den neuen Akteursgruppen integrierten sich vor allem Konservative, die sich in der republikanischen Partei mit ihren Einstellungen nicht mehr aufgehoben fühlten (vgl. Potts 2016: 125ff.).
„Die Anhänger sind keine Modernisierungsverlierer. Ihr sozioökonomischer Status allein liefert somit kaum Gründe für ihren Frust und ihr Engagement in einer Protestbewegung. Trotzdem blicken Anhänger der Zukunft eher ängstlich und pessimistisch entgegen. Dies lässt erste Schlüsse über die Gründe ihres Aktivismus zu: Sie engagieren sich aus dem Gefühl heraus, ihnen oder Menschen in ihrer Umgebung widerfahre Schlimmeres, wenn sich nicht alsbald etwas ändern würde“ (Potts 2016: 127).
Ein weiteres definierendes Merkmal der Anhängerschaft der Tea Party ist die Religiosität: 52 Prozent der Tea Party-Republikaner definieren sich als Born-Again Christian oder Evangelikaler. Im Gegensatz dazu lag der Anteil bei den restlichen Republikanern bei 38 Prozent (vgl. Adorf 2019: 118). Deutlich wird die Rolle der Religion bei der politischen Entscheidungsfindung von Tea-Party-Mitgliedern, wie beispielsweise bei den Themen der gleichgeschlechtlichen Ehe oder Abtreibung. Denn jeweils 53 und 46 Prozent gaben an, dass die Religion für sie der wichtigste Faktor bei der Generierung ihrer Standpunkte ist (vgl. ebd.: 118).
Ebenso stellt sich die Frage, welche Motivation die Tea-Party-Anhänger antreibt, sich an der Bewegung zu beteiligen. Im Wesentlichen lassen sich drei Aspekte nennen, die sich wiederum aus einer grundlegenden Gemeinsamkeit herleiten lässt. Die republikanische Aktivistin Jennifer Stefano beschreibt ihre Motivation wie folgt:
„I realized, I and the rest of the Americans need to wake the hell up because nobody is going so save you. Save yourself“ (vgl. Potts 2016: 128).
Insbesondere in dem Ausspruch “Save yourself“ wird das amerikanische Selbstverständnis deutlich, dass sie für ihr Glück, selbst verantwortlich sind. Stefano zeigt auf, dass die Mängel in Politik und Gesellschaft nur mit eigenem Engagement behoben werden können. Ihre Wut richtet sich jedoch nicht nur gegen die Demokraten oder gegen den ehemaligen US-Präsidenten, sondern gegen das gesamte politische Establishment.
Für manche Aktivistin scheint jedoch neben Wut auch Nostalgie ein emotionaler Antrieb zu sein. Dabei geht es vor allem um die „guten alten Zeiten“ und den Gedanken, dass früher alles besser war. Der Gründer der Tea Party Nation Judson Phillips gehört zu denjenigen, die glauben, durch die Bewegung, die alte Zeit wieder zurückbringen zu können. Für andere Akteure liegt jedoch die Problematik im wirtschaftlichen Verfall des Landes. Dem schließt sich die weitere Motivation der Aktivisten an: Die wahrgenommenen Mängel müssen behoben werden, um der zukünftigen Generation eine gleichwertige oder bessere Lebenssituation zu ermöglichen (vgl. ebd.: 127ff.).
„Aktivisten der Tea Party schwören nicht dem politischen System per se ab, sondern seiner Ausformung. Sie fühlen sich von der Mitsprache ausgeschlossen und von ihren Abgeordneten nicht repräsentiert [...]“ (ebd.: 129).
Erst durch die Bewegung, so glauben die Aktivisten, wird ihrer Meinung in der öffentlichen Diskussion Gewicht gegeben. Durch das politische Engagement wird aber auch die Identität der Aktivisten verändert. Viele gaben an, dass ihr Engagement innerhalb der Tea Party ihrem Leben eine neue Bedeutung sowie eine Plattform, auf der sie sich verwirklichen konnten, gegeben hat. Wie zuvor angesprochen erschloss die Tea Party hauptsächlich zuvor nicht aktive Mitglieder.
Für diese neue Akteursgruppe ist insbesondere die Einbettung in die Gruppe und das daraus entstehende Gemeinschaftsgefühl für ein langfristiges Engagement wichtig. Vor allem die Anzahl der Gleichgesinnten führte dazu, dass das Gefühl aufkam, dass ihre Forderungen und Wahrnehmungen legitim sind (vgl. ebd.: 130).
„Die Protestgruppe erachtet ähnliche Themen und Ziele als wichtig – dies ruft Zuversicht in die Umsetzung der gemeinsamen Ideale hervor“ (ebd.: 130).
Die eben genannten Aspekte können darauf zurückgeführt werden, dass die Akteure der Tea Party einen Missstand in der Gesellschaft identifizierten. Diesen wollten sie mit Aktivismus beheben. Das Engagement, welches sie antreibt, richtet sich gegen die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Missstände in den Vereinigten Staaten. Trotz der Kritik überwiegt der Glaube an den amerikanischen Exzeptionalismus und die Überzeugung, dass Amerika das beste Land auf der Welt ist. Diese Überzeugung verstärkt wiederum den Drang danach, den wahrgenommenen Missständen entgegenzutreten (vgl. ebd.: 130).
Trotzdem scheint der Amerikanische Traum als etwas außerhalb des Erlebbaren zu sein. Zum einen für sich selbst, aber auch für die nächste Generation. Die Akteure der Tea Party sind aufgebracht und wütend auf das politische Establishment, weil sie sich von diesem nicht repräsentiert fühlten. Hoffnung, ihre Ziele durchzusetzen, erhielten die Aktivisten jedoch bei Protestveranstaltungen, bei denen sie auf Gleichgesinnte trafen (vgl. ebd.: 130ff.).
Finanzieller Einfluss durch Spenden vermögender Privatpersonen und Organisationen
Wie schaffte es die Tea-Party-Bewegung, in so kurzer Zeit so groß zu werden? Um diese Frage beantworten zu können, müssen zwei ursächliche Faktoren der Entwicklung aufgezeigt werden: Zum einen funktioniert die Tea Party als Graswurzelbewegung, das heißt sie ist von unten her entstanden. Durch Hausbesuche, die Organisation von Gemeindetreffen, lokale Politiker und Lobbying wurde versucht, die Bürger für sich zu gewinnen. Auf der anderen Seite wurde die Tea-Party-Bewegung von Beginn an durch wohlhabende Spenden und politische Führungspersönlichkeiten unterstützt (vgl. Prutsch 2016: 84).
Im Folgenden wird auf die wichtigsten Geldgeber eingegangen. Die wesentlichen Geldgeber waren die Brüder Charles und David Koch. Die Reichweite und der Einfluss der Koch-Brüder zieht sich durch die ganze US-Gesellschaft sowie durch Politik und Unternehmen. Dabei perfektionieren die Brüder das Paradox des Neoliberalismus: Zum einen glauben sie an den freien Markt, der in einem möglichst politikfreien Raum existieren soll. Zugleich verwenden sie Millionen von Dollar, um Bürger und Politiker zu beeinflussen.
Beispielsweise unterstützten die Brüder im US-Präsidentschaftswahlkampf 2012 marktliberale Kandidaten mit 400 Millionen Dollar (vgl. Prutsch 2016: 84; Adorf 2019: 116). Die Problematik der Spendengelder insbesondere in Bezug auf die Tea-Party-Bewegung ist, dass gemeinnützige Organisationen ihre Geldgeber nicht offenlegen müssen (vgl. Potts 2019: 179 ff.). Dazu zählt ebenso das Koch-Netzwerk: Denn was als gemeinnützig angesehen wird, ist eine Frage des Ermessens, somit können diese Organisationen auch religiöser oder politischer Natur sein (vgl. ebd.: 181 ff.).
Demzufolge bleibt das Spendennetzwerk der Tea-Party undurchsichtig. Denn wie viel und von wem investiert wird, wird nur selten veröffentlicht. Aufgrund der geltenden Gesetze konnte die Tea-Party-Bewegung unbegrenzte Geldsummen von Individuen, Unternehmen und Gewerkschaften entgegennehmen (vgl. ebd. 181ff.).
Die Organisationen "Americans for Prosperity" (AFP) und "FreedomWorks", die aus dem marktorientierten Think Tank "Citiziens for a Sound Economy" stammen und von den Koch-Brüdern gegründet wurden, versuchten von Beginn an, die Tea Party zu instrumentalisieren. Dabei nutzen sie die Aktivisten als Sprachrohr für ihre radikale Freimarktpolitik und rekrutierten diese gegen die sozialstaatlichen Programme.
Ebenfalls mobilisierten FreedomWorks und die AFP die Demonstranten, stellten Wissen, Redner und Organisationsmaterial zur Verfügung. Dadurch ist es verständlich, dass der Anschein aufkam, dass es sich eher um eine instrumentalisierte Bewegung handele als um eine Graswurzelbewegung (vgl. Greven 2015; Oswald 2019: 116).
„Bei zahlreichen überall im Land zeitglich stattfindenden Protesten verwahrten sich die Tea Party-Anhänger allerdings deutlich gegen den Vorwurf, fremdgesteuert zu sein. Auf Transparenten hieß es „There is no astroturf here““ (Greven 2015).
Die Journalistin Jane Mayer bezeichnete die Koch-Brüder beispielsweise als „[t]he billionaire brothers who are waging a war against Obama“ (Mayer 2010). Es scheint, als ob der Vorwurf der Journalistin nicht ganz unbegründet ist:
Denn „[i]n der Tat haben es die Koch-Brüder darauf abgesehen, den Demokratischen Präsidenten zu schwächen [...]. Die Tea Party wird [jedoch] nicht von einem Brüderpaar gesteuert. Diese lieferten zwar einen großen Beitrag für ihren Erfolg, doch ist die Tea Party kein Produkt einer Verschwörung, sondern einer konzentrierten Zusammenarbeit von konservativen Organisationen“ (Oswald 2019: 112).
Dennoch muss angemerkt werden, dass die von den Koch-Brüdern finanzierten Organisationen schon Jahre zuvor versuchten, eine Tea Party aufzubauen, was ihnen jedoch nicht gelang. Fest steht, dass der Einfluss insbesondere von den Koch-Brüdern und deren Organisationen von Beginn an weitreichend war (vgl. ebd.: 112 ff.).
Einfluss auf die republikanische Partei und die politische Kultur
Im Folgenden wird der Einfluss der Tea-Party-Bewegung auf die Republikaner und die politische Kultur in den USA dargestellt. Dafür werden zwei Beispiele herangezogen, die den Einfluss der Bewegung aufzeigen sollen. Gleichzeitig sollen die Beispiele untermauern, dass die Schnittmenge der Tea Party mit den Republikanern nur begrenzt ist. Den ersten politischen Erfolg erreichte die Tea Party im Januar 2010: Es gelang ihr, durch den Sieg des republikanischen Politikers Scott Brown in den US-Senat einzuziehen (vgl. Potts 2016: 114).
„Mit der organisatorischen und finanziellen Unterstützung der Tea Party gewann Brown den Senatssitz. Er war der erste Republikaner seit 1972, der für Massachusetts in den Senat gewählt wurde und der erste Politiker der Republikaner aus seinem Bundesstaat im Kongress seit 1997. Sein Sieg verhalf ihm und der Tea Party zu nationaler Bekanntheit“ (ebd.: 115).
Des Weiteren gewannen im Jahr 2010 bei den US-Kongresswahlen 39 von 129 Kandidaten, die von der Tea-Party-Bewegung unterstützt wurden. Weitere Abgeordnete schlossen sich dem Tea-Party-Caucus an und fünf von neun Kandidaten wurden in den Senat gewählt (vgl. Greven 2011: 5; Potts 2014: 115). Nach Einschätzungen mancher Experten war die Wahlniederlage der Demokraten 2010 der Höhepunkt des Einflusses der Tea-Party-Bewegung.
Die Bedeutung der Bewegung wird deutlich durch den Government Shutdown im Jahr 2013: Die Weigerung der Republikaner, die Schuldenobergrenze anzuheben, führte im Jahr 2011 zu einer politischen Haushaltskrise. Nachdem sich der Kongress Anfang August 2011 einigen konnte, kam es trotzdem im Jahr 2013 zu enormen Zwangseinsparungen. Hierbei bestanden vor allem der Tea Party nahestehende Republikaner auf langfristigen Ausgabenkürzungen. Der Streit über den US-Haushalt zwischen Demokraten und Republikanern führte anschließend im Oktober 2013 zum Government Shutdown, einem mehr als zweiwöchigen kompletten Stillstand der nicht zwingenden Verwaltung (vgl. Greven 2015).
„Während die Tea-Party-Fraktion den Shutdown als weiteren politischen Erfolg wertete, wendete sich die republikanische Partei erstmalig von der Fraktion ab, unter anderem, weil die Amerikaner nach dem öffentlichen Stillstand nicht der Tea-Party-Fraktion die Schuld gaben, sondern der republikanischen Partei und dem Kongress als Ganzes“ (Potts 2016: 117).
Trotz des Erfolgs der Tea Party stellten die Tea-Party-Abgeordneten aufgrund mangelnder Bereitschaft zu Kompromissen für die Führung der Republikaner im Kongress eine Herausforderung dar. Denn insbesondere im Zusammenhang mit der Frage der Erhöhung der Schuldenobergrenzen waren die Tea-Party-Abgeordneten bereit, erneut die Kreditwürdigkeit der USA aufs Spiel zu setzten. Demzufolge ist anzunehmen, dass sich die Tea-Party-Bewegung immer mehr als ein Faktor in innerparteilichen Auseinandersetzungen der Republikaner etablierte (vgl. Greven 2015).
Ein weiteres Beispiel, welches vor allem die Begrenzung des Einflusses auf die Republikaner aufzeigen soll, ist die Zu- und Einwanderung von Hispanics. Seit der Gründung ist Amerika geprägt durch Einwanderung. In etwa eine Million Mexikaner gelangen beispielsweise jährlich legal über den Familiennachzug in die USA.
Nach dem 14. Verfassungszusatz ist jeder, der in den USA geboren wurde, automatisch amerikanischer Staatsbürger. Ebenso die Kinder von illegalen Personen (birthright citizienship). Die sogenannten anchor babies können ab ihrem achtzehnten Lebensjahr für ihre Angehörigen die amerikanische Staatsbürgerschaft beantragen.
Die Problematik, die die Tea-Party-Bewegung, aber auch die Republikaner sehen, ist, dass der Anteil der hispanischen Wähler exponentiell weiterwächst, da viele Hispanics in den kommenden Jahren volljährig werden. Insbesondere Hispanics wählen überwiegend demokratisch: Beispielsweise bekam Obama 67 Prozent ihrer Stimmen.
Die Problematik für die Republikaner ist dabei, dass der Präsident nicht vom Volk als Ganzes gewählt wird, sondern von den Bundesstaaten (vgl. ebd. 76ff.). Denn die Wahlmänner der Bundesstaaten sind dazu verpflichtet, der Partei, welche die einfache Mehrheit in ihrem Staat hat, ihre Stimmen zu geben. Demzufolge schauen Parteistrategen beispielsweise nervös auf Texas.
Texas liegt mit 38 Wahlmännern an zweiter Stelle hinter Kalifornien. In den vergangenen 40 Jahren und ebenfalls bei der US-Wahl 2020 erhielten die Republikaner immer die einfache Mehrheit. Jedoch zeigte sich auch bei der vergangenen Wahl 2020, dass die Demokraten prozentual im Vergleich zur Wahl 2012 mehr Stimmen erhielten (vgl. Schweitzer 2012: 78; Clauß 2020). Texas könnte den Republikanern dann vollständig verloren gehen, wenn der Anteil der Hispanics dort fünfzig Prozent übersteigt. Dies hätte zur Folge, dass die drei größten Staaten in demokratischer Hand liegen.
Zwar ist die Tea Party dagegen, dass die anchor babies die amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten, da der 14. Verfassungszusatz nichts mit Immigration zu tun hat, jedoch stimmen viele Republikaner den Ansichten der Tea Party nicht zu. Denn ihre Angst, Wählerstimmen der Hispanics zu verlieren, ist ihnen wichtiger, als der Tea-Party-Bewegung zuzustimmen (vgl. Schweitzer 2012: 78).
Es konnte aufgezeigt werden, dass die Werte der Tea Party-Unterstützer eng mit der heutzutage vorherrschenden Ideologie der Republikaner verbunden sind. Trotzdem distanzierten sich viele Republikaner von der Bewegung, um keine Wählerstimmen zu verlieren (vgl. Adorf 2019: 126).
Einflussnahme konservativer Medien
Die Republikaner und die Tea-Party-Bewegung eint ein gemeinsamer Feind: Die Mainstream-Medien. Zu den Mainstream-Medien gehören nach Ansicht der Republikaner und der Tea Party unter anderem die New York Times, die Washington Post, aber auch Nachrichtenkanäle wie CNN. Hauptsächlich fühlt die Tea Party sich von den liberalen Medien nicht vertreten: Denn CNN und auch die New York Times sind in den vergangenen Jahren vielfältiger geworden. Während noch vor einigen Jahren ein alter, weißer Mann im Anzug die Nachrichten vorgetragen hat, sind heute auch asiatische oder afroamerikanische Gesichter im Fernsehen zu sehen.
Um dem entgegenzutreten, hat sich eine konservative Gegenbewegung gebildet. Diese stützt sich auf drei Säulen: Zum ersten auf Talkradios, welche hauptsächlich von Autofahrern gehört wird, zweitens auf Nachrichtenaggregatoren im Internet und drittens auf die News Corporation. Der bedeutendste Kanal für die konservativen Medien ist der Nachrichtensender Fox News (vgl. Schweitzer 2012: 87ff.; Greven 2015).
Vor allem die Identitätsbildung und Mobilisierung der Anhänger erfolgte durch Fox News: 63% der Tea-Party-Unterstützer sahen den Nachrichtensender Fox-News und bezogen daher ihre Informationen. Im Vergleich zu 11% der restlichen Bevölkerung ist dies ein großer Teil. Zudem hat Fox News im Gegensatz zu anderen Medien häufiger über das Tea-Party-Phänomen berichtet. Dies führte zu einer stärkeren Mobilisierung, da Fox News die Anhänger explizit dazu aufforderte sich an der Bewegung zu beteiligen.
„Der konservativ geführte Fernsehsender Fox News stiftete mit seiner Berichterstattung eine kollektive Identität und schuf so gerade zu Beginn die nötige Solidarität und Integration zwischen Anhängern“ (Potts 2016: 193-194).
Vor allem zu Beginn warben die Moderatoren von Fox News in ihren Sendungen für die Tea-Party-Proteste. Dabei schürten sie die Ängste der Zuschauer und konzipierten Überzeugungen, denen die Politik kaum entgegentreten konnte (vgl. Potts 2016: 194 ff.; Gast, Kühne 2011: 248 ff.). Zudem war vieles, was die Moderatoren in ihren Sendungen sagten, falsch. Jedoch nahmen die Tea-Party-Aktivisten viele der genannten Informationen als Fakten auf und verbreiteten diese weiter in sozialen Medien.
Dadurch fungierte der Sender wie eine Echo-Kammer: Zum einen gab der Sender Meinungen wieder, von denen die Aktivisten sowieso überzeugt waren. Auf der anderen Seite übernahmen andere konservative Blogs, Social-Media-Plattformen und Internetseiten die Ansichten des Senders und verbreiteten diese weiter (vgl. Potts 2016: 195). Somit zeigt sich auch, dass das Internet zur Mobilisierung der Anhängerschaft beigetragen hat. Vor allem zu Beginn nutzten die Aktivisten die sozialen Medien, um neue Anhänger zu mobilisieren.
„Über Twitter, Facebook und Blogs verbreiteten sich die Ideen und Positionen der Bewegung im Netz; durch Retweets, Likes und Links wandten sie sich vervielfältigt an neue Nutzergruppen und potenzielle Aktivisten“ (ebd.: 198).
Durch die sozialen Medien und weitere Netzwerke wurde der Austausch zwischen Gleichgesinnten, vor allem über die eigenen Stadtgrenzen hinaus, ermöglicht. Jedoch nutzten nicht nur Aktivisten die sozialen Medien, sondern auch Amtsinhaber wie Amy Kremer. Kremer fungierte beispielsweise als „Influencer“ innerhalb der Bewegung: Sie versuchte die öffentliche Meinung zu beeinflussen, indem sie die Meinungen und Positionen der Tea Party verbreitete. Ihr wichtigstes Medium war dabei Twitter. Hauptsächlich ging es darum, eine Nachricht viral werden zu lassen, damit diese möglichst viele Menschen erreicht (vgl. ebd.: 200).
„Mit dem Aufkommen der Tea Party entdeckte die politische Rechte das Internet in seiner ganzen Vielfalt als Mobilisierungs-, Organisations- und Spendensammel-Werkzeug. Emails, Facebook, Twitter, Meetup, Google und neue soziale Netzwerke trugen erheblich zur Verbreitung ihrer Ideen bei und führten zu einem vielfältigen Angebot von Gruppen und Spendesammelplattformen“ (ebd.: 203-204)
Insgesamt zeigt sich, dass die sozialen Medien und der konservative Sender Fox News dazu beigetragen haben, die Mobilisierung und Entwicklung der Tea Party voranzubringen. Das Internet bot durch soziale Netzwerke und konservative Blogs die Möglichkeit, vorgefertigte Meinungen zu verstärken und zu bestätigen (vgl. ebd. 200ff.).
Fazit
Es konnte aufgezeigt werden, dass das Phänomen der Tea-Party-Bewegung nicht nur mit der Förderung durch konservative Interessengruppen erklärt werden kann. Denn auch politische, strukturelle, wirtschaftliche und soziale Veränderungen bieten einen Erklärungsansatz für die Ereignisse. In Bezug auf die politische Ebene kam es durch die Amtseinführung des ersten schwarzen US-Präsidenten zur Tea-Party-Bewegung. In ihren Augen wollte der Demokrat Obama eine undurchsichtige progressive Agenda durchsetzen.
Vor allem die radikaleren politischen Ideen der Tea-Party scheinen vereinfachend, wenig komplex und veraltet (vgl. Greven 2011: 7). Ebenso konnte aufgezeigt werden, dass sich das Misstrauen der Bewegung nicht nur gegen Mexikaner richtete, sondern auch gegen Moslems und generell Personen, die anders sind (vgl. Schweitzer 2012: 78; Greven 2015). Wichtig hierbei ist festzuhalten, dass sich der Populismus nicht nur gegen das Establishment richtet, sondern insbesondere auch nach unten, nämlich gegen einen signifikanten Teil der amerikanischen Bevölkerung, vor allem gegen Minderheiten (vgl. Greven 2015).
Die Citizen-United-Entscheidung des Obersten Verfassungsgerichtes ermöglichte es auf der strukturellen Ebene, dass wohlhabende Amerikaner Millionen von Dollar an 501(c)(4) Organisationen spenden. Dies führte dazu, dass mit dem Geld Wähler und Aktivisten beeinflusst und motiviert wurden. Ebenso ermöglichten die konservativen Informationsquellen wie Fox News die Verbreitung konservativer Ideen, falscher sowie übertriebener Nachrichten.
Vor allem die technologischen Neuerungen und die Verbreitung über soziale Netzwerke führten zu neuen Kommunikationsstrategien der Aktivisten. Ebenfalls wurde die US-Bevölkerung durch das sinkende Einkommen der Mittelklasse und die Wirtschafts- und Finanzkrise verunsichert. Insbesondere die Anhänger der Tea Party fühlten sich ungerecht behandelt. Somit führte die rasante Veränderung der demographischen und kulturellen Veränderung Amerikas dazu, dass die Anhänger das Gefühl hatten, dass ihr Land vor ihren Augen verschwindet (vgl. Potts 2016: 119).
Zusammenfassend lässt sich daraus schließen, dass die Tea-Party-Bewegung ein Vakuum füllte und die politische Landschaft in den Vereinigten Staaten nachhaltig veränderte, indem sie beispielsweise großen Einfluss auf die Republikanische Partei ausübte. Insbesondere schaffte es die Tea Party, die Partei deutlich nach Rechtsaußen zu rücken (vgl. ebd.: 119). Ebenso war der Vorwahlkampf 2016 der Republikaner stark von der Tea-Party-Bewegung beeinflusst worden. Die Organisation und deren Mitglieder sind gespalten in ihren Ansichten, weswegen es mittlerweile um die Tea-Party-Bewegung still geworden ist (vgl. LpB BW 2020).
Literaturverzeichnis
- Adorf, P., (2019): Die Tea Party. in: Die Republikanische Partei in den USA. UVK Verlag. Seite 114-127.
- Gellner, W., Horst, P., (Hrsg.) (2016): Die USA am Ende der Präsidentschaft Barack Obamas. Springer VS.
- Potts, C., (2016): Protest im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Tea Party und Occupy im Vergleich. Nomos.
- Prutsch, U., (2019): Populismus in den USA und Lateinamerika. VSA-Verlag.
- Schweitzer, E., (2012): Tea Party. Die weiße Wut. Was Amerikas Neue Rechte so gefährlich macht. Deutscher Taschenbuch Verlag.
Internetquellen
- Clauß, M. (2020): Das Wunder von Texas: Gewinnt Joe Biden die Republikaner-Hochburg? abgerufen unter: https://www.swp.de/politik/usa-wahlen-2020-das-wunder-von-texas-gewinnt-joe-biden-die-republikaner-hochburg_-52306615.html [abgerufen am 07.09.2021].
- Gast, H., Kühne, A. (2011): "Tea Party"-Time in den USA? Zu Profil und Einfluss einer heterogenen Bewegung. abgerufen unter: https://www.jstor.org/stable/24240313?casa_token=rNNcxztRgFIAAAAA%3A9z-i1w0deOrjarMR5eNvQfjl30QcYz0B8Hspv1wVoTY0ycxsqorEEk2rLU8MSlc8OjQiLABDRoPYhSJ0Oqr_e6z2lAhUeOSDXaXG4eV-8Pg2Ivr6he4O&seq=20#metadata_info_tab_contents. [abgerufen am 16.09.2021].
- Greven, T. (2011): Die Krise der amerikanischen Demokratie und die Tea-Party-Bewegung. abgerufen unter: https://library.fes.de/pdf-files/id/08525.pdf. [abgerufen am 15.09.2021].
- Greven, T. (2015): Zwischen Plutokratie und Rassismus: Der sehr amerikanische Populismus der Tea Party-Bewegung. abgerufen unter: https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-531-19767-8_5#Sec2. [abgerufen am 15.09.2021].
- LpB BW (2020): Die Tea-Party-Bewegung. abgerufen unter: https://uswahl.lpb-bw.de/tea-party-bewegung [abgerufen am 15.09.2021].
- Mayer, J. (2010): Covert Operations. The billionaire brothers who are waging a war against Obama. abgerufen unter: https://www.newyorker.com/magazine/2010/08/30/covert-operations [abgerufen am 14.09.2021].
- Palin, S. (2010): Abschlussrede auf der National Tea Party Convention. abgerufen unter: https://www.c-span.org/video/?291974-3/sarah-palin-remarks-tea-party-convention. [abgerufen am 14.09.2021].
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