Freitag, 1. Dezember 2017

Rezension zu Heribert Prantl: Gebrauchsanweisung für Populisten

Prantl, Heribert (2017), Gebrauchsanweisung für Populisten, Salzburg: Ecowin Verlag.

Rezension

Autor: Jonathan Schirling

Heribert Prantl, geboren 1953 in Nittenau in der Oberpfalz, ist einer der bekanntesten und wortgewaltigsten deutschen Journalisten. Er ist Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung und verantwortet deren innenpolitischen Teil. Bevor er Journalist geworden ist, hat er als Staatsanwalt und Richter gearbeitet. Prantl hat Rechtswissenschaften, Geschichte und Philosophie studiert.

In seinem Werk „Gebrauchsanweisung für Populisten“ ruft er alle Demokraten auf, gegen den Rechtspopulismus, den er als eine „Entrechtungsbewegung“ bezeichnet, zu kämpfen (S. 8). Dies kann, so Prantl, nur durch eine neu entfachte Begeisterungsfähigkeit für die Demokratie realisiert werden. Konkret ist damit eine liberale Demokratie gemeint, die sich gegen jede Art der Erniedrigung von Menschen, gegen die Mittel der Ausgrenzung und gegen die Verächter von Zivilität erhebt, um den rassistischen Nationalismus in die Schranken weisen zu können. Der Rechtspopulismus ist für Prantl unumstritten ein Angriff auf den Rechtsstaat. Es liegt nun an der Demokratie, leidenschaftlich zu zeigen, wie wehrhaft sie tatsächlich ist.


Prantl versucht zu erklären, weshalb Rechtspopulisten in den letzten Jahren einen solch großen Erfolg verzeichnen konnten und wie man in Zukunft als Demokratie reagieren muss, damit der Rechtspopulismus nicht überhandnimmt. Ausschlaggebend für das Erstarken der Rechtspopulisten ist für ihn der Vertrauensschwund in die Politik. Vor allem „das Bedürfnis, gehört, gesehen und beachtet zu werden“, konnte nicht ausreichend von ihr befriedigt werden (S. 9).

Dies mag auch daran liegen, dass sich Volksparteien, wie die SPD und CDU, parteiprogrammatisch so nahegekommen sind, dass die Wähler sie heute kaum noch voneinander unterscheiden können (S. 22). Gerade deshalb kommt „die Abwertung und Verhöhnung aller bisherigen Politik“ relativ gut in der Gesellschaft an (S. 11ff.).

Prantl warnt aber dringend davor, auf einen rechtspopulistischen Zug aufzuspringen, weil populistische Extremisten „nicht an Herz und Verstand, sondern an niedrige Instinkte“ appellieren (S. 14ff.). Für ihn verkörpern diese Appelle eine unzweifelhafte „Demokratie- und Verfassungsverachtung“ (S. 16). Die Beanspruchung der Führerschaft und die Anmaßung, die alleinige Stimme des Volkes zu sein, sind dabei nur zwei Beispiele, die diese These bekräftigen (S. 19).

Es ist deshalb höchste Zeit, dass die demokratischen Parteien ihre eigenen Konturen wiederfinden und, anders als Rechtspopulisten, leidenschaftlich an Herz und Verstand für eine starke liberale Demokratie appellieren. Um diese Leidenschaft entfesseln zu können, muss die Welt, so Prantl weiter, aber wieder „heimatlicher werden“ (S. 39). Der Kampf gegen den populistischen Rechtsextremismus ist in erster Linie auch ein Kampf gegen die „provinzielle Depression“ (S. 44). Die Natur darf dabei nicht zum leidtragenden Opfer werden. Es ist nun die Aufgabe der Politik, dass die Ortskerne in Dörfern, Klein- und Mittelstädten wiederbelebt werden, ohne dabei die Landlust verkommen zu lassen. Der Aufstieg des fremdenfeindlichen Flügels der AfD, deren Weg „durch Sarrazins Buch“ gebahnt wurde, ist ansonsten kaum aufzuhalten (S. 52).

Des Weiteren appelliert Prantl gerade nicht an das Vorurteilsvermögen der Gesellschaft, sondern an das Urteilsvermögen, das auch die Erfolge von Integration in Deutschland im Hinterkopf behalten hat (S. 55). Diese Erfolge machen es für ihn auch in Zukunft unabdingbar, dass mehr finanzielle Ressourcen in die Förderung von Integration und Bildung investiert werden sollten, bevor später „fantasielos in Hartz IV und in Gefängnisse“ investiert werden muss (S. 58).

Abschließend ermuntert er die Gesellschaft deshalb, viel emotionaler als bisher „für die Achtung der Anderen zu werben“, damit auch in Zukunft „Menschenrechte Recht bleiben“ (S. 79). Denn „die westlichen Gesellschaften werden sich […] darauf einstellen müssen, dass in einer Welt, in der Waren und Geld wie wild migrieren, auch die Menschen nicht bleiben werden, wo sie sind“ (S. 68).

Die Art, wie Prantl die Leidenschaft zur Demokratie ausruft, ist beeindruckend und begeisterungsvoll, fast schon ansteckend. Die Parolen der Rechtspopulisten sind in der Tat alles andere als nur sehr konservativ: Sie sind eine echte Gefahr für die liberale Demokratie und den Rechtsstaat. Dementsprechend muss die wehrhafte Demokratie sich gegen solche Gefahren aktiv auflehnen. Vergessen werden darf dabei nicht, dass der Protest, der die rechtspopulistischen Parteien erst so stark hat aufleben lassen, nicht von irgendwoher kommt. Die Ängste der Gesellschaft müssen mit einer attraktiven Politik beseitigt werden. Ob rechtspopulistische Parteien dauerhaft eine Rolle in der Politik spielen werden, hängt von dem Gelingen der zukünftigen Regierungen ab. Dies hat Prantl eindrucksvoll anhand mehrerer Stellschrauben dargestellt, wobei bei manchen Baustellen eine tiefere Analyse wünschenswert gewesen wäre.

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