„Für viele Franzosen ist sie die Tochter des Teufels – für zahllose Rechtspopulisten und Rechtsradikale in Frankreich und Europa eine Ikone“ (Kuchenbecker 2017: S. 9). Die Rede ist von keiner anderen als Marine Le Pen, einer der wohl umstrittensten Frauen in Frankreich und Europa. Die Parteichefin des Rassemblement National, früher bekannt als Front National, erlebt mit ihrer rechtspopulistischen Partei wachsenden Zuspruch.
Damit steht sie aber nicht allein in Europa. „Frei nach Marx könnte man sagen: Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Populismus“ (Hillebrand 2017: S. 7). Immer mehr rechtspopulistische Bewegungen etablieren sich in der Wählerschicht. Die Demokratie scheint für viele Bürger nicht mehr das gewünschte Maß an Volkswillen und Repräsentativität zu bieten, die Kluft zwischen den scheinbar korrupten Eliten und dem Volk wächst. In dieser Zeit finden die Parolen rechtpopulistischer Parteien großen Zuspruch.
Neue politische und gesellschaftliche Konfliktlinien, vor allem soziokulturelle Themen, erhielten durch die zunehmende Migration nach Europa steigende Bedeutung. Das Versprechen nach Bewahrung der nationalen Souveränität und der kulturellen Identität scheint vielen Wählerinnen und Wählern neue Hoffnung zu geben. In Frankreich ist es Marine Le Pen, die den Bürgern verspricht, die verlorengegangene Ordnung wiederherzustellen (vgl. Kuchenbecker 2017: S. 132).
Nach einer Umfrage aus dem Jahr 2012 der IPSOS-Logica (int. Marktforschungsunternehmen) stimmten 67% der Wähler Le Pens für sie, „weil sie sich den Sorgen ihrer Wähler annimmt“ (Camus 2014: S. 7). Nach Tanja Kuchenbecker aber ist der Erfolg von Marine Le Pen „eine Warnung – für ganz Europa“ (Kuchenbecker 2017: S. 14). Mit ihr an der Spitze sollte der Front National weiter in die politische Mitte gerückt werden.
Ihre Ziele waren klar: Sie wollte nach der Übernahme des Parteivorsitzes die Partei entdiabolisieren – sich abwenden von alten politischen Stilen und Lastern, hin zu Akzeptanz in der bürgerlichen Wählerschicht. Die Befreiung von rechtsradikalem Gedankengut, welches unter der Führung ihres Vaters Jean-Marie Le Pen verbreitet wurde. Inwieweit ihr das gelungen ist und wie sich der Rassemblement National heute von dem früheren Front National unterscheidet, soll in dieser Seminararbeit untersucht werden.
Dabei möchte ich zunächst auf die Anfänge der Partei eingehen, bevor die Modernisierung durch den Eintritt von Marine Le Pen zum Thema wird. Im weiteren Verlauf gehe ich dann auf die Operation Entdiabolisierung, die Umstrukturierung des Parteiprogramms, die Rhetorik Marine Le Pens ein und stelle die Erfolge dieser Strategie dar. Abschließend wird der Erfolg kritisch betrachtet.