Freitag, 24. Juli 2020

Chronologie: Rechtspopulistische Zusammenschlüsse im Europäischen Parlament

Dies ist ein Hintergrundtext von Artur Ponomarew zu folgenden Einträgen in der Chronologie:

2015: ENF wird gegründet und ersetzt EAF
2015: Allianz für Frieden und Freiheit (APF) als europäische Partei gegründet

Dass rechtskonservative, rechtspopulistische, rechtsnationale und gar rechtsextreme Politiker*innen in allen europäischen Staaten Sitze in den jeweiligen Parlamenten innehaben und darüber hinaus politische Ämter bekleiden, ist nun seit einigen Jahren der vorherrschende Status Quo. Auch auf europäischer Ebene, namentlich im Europäischen Parlament (EP), gab es über Jahre hinweg Zusammenschlüsse unterschiedlicher Vertreter zu rechtsnationalen Fraktionen.

Die Gründung des ersten nennenswerten Zusammenschlusses fand bereits 2007 mit der Europäischen Allianz für Freiheit (EAF) statt. Hierbei schlossen sich fraktionslose Abgeordnete des belgischen Vlaams Belang, des französischen Front National und der Freiheitlichen Partei Österreichs zu einer FRaktion auf Europaebene zusammen. Nach der Europawahl 2014 scheiterte der Versuch einer Fraktionsgründung, da potentielle Mitglieder anderer Länder, wie Schweden oder der Slowakei, den Einzug in das Parlament verpassten oder sich anderen Fraktionen anschlossen.

Im Jahr 2015 folgte eine erfolgreiche Fraktionsbildung mit zunächst 36 Abgeordneten. Dies ging einher mit einer Namensänderung zu Europa der Nationen und Freiheit (ENF), angetrieben von Marie Le Pen. Nach nur vier Jahren löste sich die Fraktion auf. Als Nachfolgefraktion im Wahljahr 2019 entstand aus der ehemaligen ENF die Fraktion Identität und Demokratie (ID). Diese stellt mit 76 Mitgliedern aus zehn Ländern die viertgrößte Fraktion im Europäischen Parlament. Die Mitglieder, zu denen auch Mitglieder der AfD gehören, sind dem rechtsnationalen, rechtskonservativen und rechtspopulistischem Spektrum zuzuordnen. In Teilen der „Mutterparteien“ lässt sich Rechtsextremismus feststellen.

Etwa zeitgleich, im Jahr 2014, schlossen sich weitere Vertreter europäischer Parteien zu einer Partei auf europäischer Ebene zusammen, der Allianz für Frieden und Freiheit (APF). Auch diese Gründungsmitglieder waren ehemals in der ENF tätig. Nennenswerte Gründerparteien waren unter anderem die Nationaldemokratische Partei Deutschland (NPD) und die spanische Democracia Nacional (DN). Weitere Mitglieder sind beispielsweise die griechische Partei LEPEN und die italienische Forza Nuova (FN). Im Unterschied zur ID, sind die Mitglieder als auch die Ausrichtung und Agenda klar und offen rechtsextrem.

Ein Jahr nach der Gründung wurde die Partei vom EU-Parlament anerkannt. Dies hatte zur Folge, dass der Partei eine Parteienfinanzierung zustand. Auf Antrag der EVP, S&D und weiteren Fraktionen wurde jedoch nach Prüfung auf Übereinstimmung mit den Grundsätzen der EU festgestellt, dass diese nicht hinreichend erfüllt seien. Resultierend daraus wurde die Finanzierung eingestellt. Im Jahr 2016 wurden, bis zur Einstellung, 400.000€ an die Partei aus EU-Geldern gezahlt. Nach mehrfachem Scheitern der Einhaltung der benötigten Fristen wurde eine erneute Finanzierung abgelehnt. Zudem fand eine Streichung aus dem Parteienregister statt.

Die aktuelle Finanzierung der Partei erfolgt über eine der Partei nahestehende Stiftung, die Europa Terra Nostra e.V. (ETN). Diese wurde ebenfalls mit weiteren 200.000€ durch die EU finanziert. Zudem finanziert sie sich aus Spendengeldern. Die Stiftung veranstaltet europaweite Treffen für rechtsnationale Mitglieder und unterstützt die APF.

Die Existenz noch weiter rechts stehender Parteien, Verbände und Interessengruppen und weitere Versuche der Gründung können schwerwiegende Folgen für die Europäische Union und ihre Arbeitsweise haben. Noch scheint die rechtsnationale und rechtsextreme Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinaus keine Erfolge zu verzeichnen. Sobald jedoch strukturelle Defizite beseitigt und politische Ideologien in Einklang gebracht werden, könnte dies eine gewaltige Probe für die europäische Demokratie darstellen.

Quellen

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