Mittwoch, 22. Juli 2020

Chronologie: Präsidentschaftswahl in Polen (2020)

Dies ist ein Hintergrundtext von Raphael Conrad zu folgendem Eintrag in der Chronologie:

2020: Amtsinhaber und PiS-Kandidat Andrzej Duda siegt knapp bei Präsidentenwahl

Bei den polnischen Präsidentschaftswahlen 2020 hat sich der Amtsinhaber Andrzej Duda in der Stichwahl gegen seinen Kontrahenten Rafal Trzaskowski durchgesetzt. Duda, der bis zu seinem Amtsantritt im Jahr 2015 der PiS-Partei (Prawo i Sprawiedliwość; Recht und Gerechtigkeit) angehörte, ist seit 2015 Präsident des Landes. Der Warschauer Bürgermeister Trzakowski gehört der liberalen und EU-freundlichen Bürgerplattform (PO) an.

Nachdem Duda im ersten Wahlgang nicht die absolute Mehrheit erreichen konnte, erreichte er in der ursprünglich für Mai 2020 angesetzten Stichwahl am 12.07.2020 51,03 Prozent der Stimmen, wohingegen Trzakowski mit 48,97 Prozent der Stimmen die Wahl verlor. Die Wahlbeteiligung lag in dem osteuropäischen Land trotz der Corona-Krise bei 67,9 Prozent und war damit eher hoch.

Etwa eine Woche nach Dudas Wahlsieg gingen jedoch beim Obersten Gericht des Landes mehrere Beschwerden ein, die den Wahlsieg anzweifelten. Zentrum der Beschwerde war der PiS-nahe öffentlich-rechtliche Fernsehsender TVP, dessen Berichterstattung im Vorfeld der Wahlen zugunsten Dudas erfolgt war. Trzakowski kündigte hingegen nach seiner Niederlage die Gründung einer Bürgerbeweung an, die sich für ein freies und gerechtes Polen einsetzen soll. Details sind jedoch noch nicht bekannt. Duda hatte im Wahlkampf nicht nur mit scharfer Rhetorik gegen die LGBT-Gemeinschaft gehetzt, sondern auch Deutschland sowie die Europäische Union angegriffen.

Nachdem die PiS 2015 in Polen die Regierungsverantwortung übernommen hat, wurde vor allem die Judiaktive stark reglementiert und damit die Rechtsstaatlichkeit unterhöhlt. Zu Beginn stand dabei das Verfassungstribunal, vergleichbar mit dem deutschen Verfassungsgericht, im Fokus, das bei der Gesetzgebung wesentliche Mitspracherechte hat. Durch entsprechende Gesetzesänderungen stehen mittlerweile 14 von 15 Verfassungsrichtern der PiS nahe oder waren ehemals Mitglieder der Partei.

Auch die Präsidentin des Obersten Gerichts, Malgorzata Manowska gilt als treue PiS-Unterstützerin. Der normalerweise von den anderen Richtern gewählte und dann vom Präsidenten vergebene Posten wurde mit Manowska entgegen der bisherigen Tradition besetzt, ein liberaler Richter hatte ursprünglich doppelt so viele Stimmen wie Manowska erhalten. Für die PiS ist die Besetzung des Postens auch deshalb wichtig, weil die Oberste Richterin die Gesetzmäßigkeit der Wahlen bestätigt.

Mit der Wiederwahl von Andrzej Duda werden sich die rechtskonservativen Entwicklungen in Polen verstärken. Fraglich bleibt, wie die Europäische Union mit dem Land umgehen wird. In Bezug auf das Corona-Hilfspaket und den EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 wurde ein Mechanismus angestrebt, der EU-Mittel an die Rechtsstaatlichkeit der Mitgliedsländer bindet. Wie genau diese Kopplung von EU-Geldern und der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien ausgestaltet werden soll, ist jedoch noch unklar. Gegner dieser Regelung waren vor allem Polen und Ungarn.

Literatur

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