Montag, 8. Januar 2018

Rezension zu Melanie Amann: Angst für Deutschland

Amann, Melanie (2017), Angst für Deutschland. Die Wahrheit über die AfD: wo sie herkommt, wer sie führt, wohin sie steuert, Droemer.

Rezension

Autor: Robin Barton

Melanie Amann ist eine promovierte Juristin und Absolventin der Deutschen Journalistenschule in München. Sie war sieben Jahre lang Wirtschaftsredakteurin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Seit 2013 ist sie Politikredakteurin im Hauptstadtbüro des Spiegels.

Das neue Buch von Melanie Amann „Angst für Deutschland“ ist mit über 300 Seiten das bis dato umfangreichste Werk über die Alternative für Deutschland. Melanie Amann begleitet die AfD seit über vier Jahren für den Spiegel. Direkt in der Einleitung gesteht die Autorin einige Fehler ihrer Arbeit in der Vergangenheit und schreibt:
„Dieses Buch ist also eine Aufarbeitung eigener Irrtümer und ein Versuch, die erste erfolgreiche Rechtspartei seit Gründung der Bundesrepublik zu verstehen und zu erklären.“ (S.10)
Im ersten Kapitel „Die Vorboten, die AfD und die Angst“ beschreibt die Autorin die Wirkung des Werks „Deutschland schafft sich ab“ von Thilo Sarrazin und dessen politische Statements für Deutschland und die AfD.
„Es war, als hätte er mit einer Wünschelrute auf den Erdboden geklopft und plötzlich wäre mit einem Donnerknall Öl in die Luft geschossen. Ein politischer Rohstoff sprudelte aus der Tiefe an die Oberfläche, noch grob und unbearbeitet, ohne Richtung und Ziel. Aber enorm wertvoll für jeden, der eine Methode fand, diesen Stoff politisch zu raffinieren.“ (S.27)
Sarrazin bediente sich hierbei derselben Strategie wie später die AfD, er rationalisierte und verstärkte die Ängste seiner Leser. Sarrazins Meinungen und Veröffentlichungen bereiteten demnach unbeabsichtigt der AfD den Weg.

Im zweiten Kapitel werden die Gründungsgeschichte sowie die Wurzeln der AfD ausführlich erklärt und die Bedeutung einiger Personen für die AfD erläutert. Vom einstigen falschen Liberalismus von Frau Beatrix von Storch über Alexander Gaulands „Anleitung zum Konservativsein“, welche schließlich im Nationalismus endet, all dies wird ausführlich erläutert.

Im dritten Kapitel wird „Die Radikalisierung“ der AfD dargestellt. Ebenso die Entwicklung des ehemaligen Parteichefs Bernd Lucke vom Professor zum Populisten sowie dessen Unterwanderung innerhalb der Partei, welche schließlich zu dessen Rücktritt führte. Der Essener Parteitag 2015, als endgültiger Wendepunkt der AfD, wird mithilfe von Insiderwissen detalliert rekonstruiert.

Das vierte Kapitel des Buches widmet die Autorin komplett der damaligen Parteichefin Frauke Petry und deren Einfluss auf die AfD.

Im fünften Kapitel „Die Lektion, Warum die AfD erfolgreich ist“ beschreibt die Autorin genau das: Wieso schaffte die AfD in weniger als vier Jahren das, was keiner rechten Partei in der Bundesrepublik zuvor gelungen ist?

Als Erfolgsvoraussetzungen werden hier die angstaufgeladene Krisenstimmung sowie auch die politische Situation in Deutschland genannt. Aber auch die Terroranschläge und die generelle Angst vor dem Islam werden als nützlich für den Erfolg der AfD erläutert. Ebenso stellte sich die einseitige Berichterstattung der Medien im Nachhinein eher als Wind in den Segeln der AfD heraus. Angela Merkels Verhalten in der Euro- und Flüchtlingskrise machten die Kanzlerin zu einer ebenso unfreiwilligen Helferin für die AfD wie die Medien in Deutschland.

Im vorletzten Kapitel des Buchs werden noch einige Strategien zum Umgang mit der AfD erklärt. Melanie Amann versucht hier Gelassenheit zu fördern und relativiert die tatsächliche Anhängerschaft der AfD als politische Minderheit in Deutschland. Ebenso weist sie auf Bruchstellen innerhalb der Partei hin.

Im letzten Kapitel versucht die Autorin einen Ausblick auf die Zukunft der AfD zu geben. Das Verschwinden der AfD in relativ naher Zukunft bezeichnet Melanie Amann als unwahrscheinlich. Eine Regierungsbildung auf Länderebene mit schwarzblau hingegen sieht sie in weiterer Zukunft als nicht unwahrscheinlich. Die Gefahren der AfD liegen deshalb vorerst nicht in ihren exekutiven Maßnahmen, sondern in ihrer unmittelbaren Wirkung auf die Bevölkerung.

Zu guter Letzt werden sogar noch ein paar positive Effekte der AfD aufgelistet. Die etablierten Parteien werden dazu gezwungen, klarer Positionen zu beziehen. Ferner wird unter Nichtwählern wieder politisches Interesse geweckt und Journalisten werden zu mehr Vorsicht und Neutralität bei ihrer Arbeit gezwungen.

Abschließend stellt sich nun die Frage, ob es sich lohnt, dieses Buch zu lesen. „Angst für Deutschland“ ist mit seinen über 300 Seiten definitiv das bis dato umfangreichste Werk über die AfD. Wer also umfangreiches Hintergrundwissen über die AfD sucht, wird hier fündig. Die für den normalen Bürger wichtigen Fakten gehen jedoch unter der Quantität an Informationen verloren.

Melanie Amanns umfangreiches Hintergrundwissen und ihre persönlichen Erfahrungen mit der AfD sind an manchen Stellen zwar durchaus informativ und unterhaltsam. Jedoch wird relativ schnell klar, dass von einer übersichtlichen und objektiven Darstellung hier aufgrund des persönlichen Bezugs keine Rede mehr sein kann.

Das Buch hat für Menschen, die sich tiefer mit der AfD beschäftigen wollen, mit Sicherheit einen gewissen Wert. Wer sich jedoch politisch bilden möchte, findet für die 17€, für die es momentan verkauft wird, sicher weitaus bessere Bücher.

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