Montag, 11. Dezember 2017

Rezension zu Georg Seeßlen: Trump! Populismus als Politik

Seeßlen, Georg (2017), Trump! Populismus als Politik, Bertz + Fischer.

Rezension

Autorin: Kristin Kohler

Der bekannte Publizist Georg Seeßlen (geboren 1948) hat 2017 ein interessantes kleines Buch auf den Markt gebracht, in dem er über den Pop als Politik berichtet und dies anhand von Donald Trump analysiert. Dabei beantwortet er Fragen wie: „Wie lässt sich Donald Trumps Aufstieg erklären?“ oder „Was kann man aus seinem Erfolg über Wesen und Formen populistischer Politik lernen?

Gleich zu Beginn des 140 Seiten umfassenden Buches kommt Seeßlen zu der Aussage, dass es kein Leben ohne Pop oder Politik gäbe. Die Differenzen dieser beiden Richtungen sind außerdem dabei, sich immer weiter aufzulösen, weswegen man sich oft die Frage stellen muss: „Ist das noch Pop oder schon Politik?“ Die Politik sei als rationales, diskursives System nicht mehr aktuell, wie wir nun auch an dem Erfolg von Donald Trump erkennen können.



Donald Trump erscheint vielen von uns als unvernünftig, aber genau das fasziniert viele Amerikaner, die ihn gewählt haben. Denn vernünftig sprechen ist DAS Kennzeichen von Elite, vernünftig reden kommt gleich nach politisch korrekt sein, etwas was sowohl im Pop als auch im Populismus verhasst ist.

Donald Trump wendet sich offen gegen die existierende Elite, weshalb er für viele eine Art Volksheld wird. Der Volksheld richtet seine Interessen gegen das Establishment, gegen eine korrupte Oligarchie. Einen Volkshelden kennzeichnet eine narzisstische Lust, seine Gewalt und dadurch auch sein Erfolg. Kein Wort ist dem Volkshelden groß genug (entdecken wir da nicht eindeutig Parallelen zu Trump, Stichwort Mauerbau zum Beispiel?).

Im Western, dem Gründungsmythos der amerikanischen Demokratie, geht es immer wieder darum, die bestehende Elite zu brechen, um Gerechtigkeit zu erhalten. So ist es auch mit Trump. Die Macht des Establishments wurde ihm zu groß und Trump als Westerner will sie brechen. Er ist mal Volk und mal Establishment, das ist sein Trick (vgl. S. 24/25). Seine Körpersprache belegt dies auch, immer wieder bedient er sich Western- oder Superheldengesten.

Ein weiterer Aspekt, den Seeßlen aufzeigt, ist, dass wir Trump einem amerikanischen Archetypen zuordnen können, dem Selfmademan, der immer weiter aufsteigt, zugleich rücksichtslos, aber eben auch faszinierend.
„Die Dimension des Volkshelden ist die Größe, die des Selfmademan die Breite. Kein Selfmademan ist schlank, klein – oder gar eine Frau.“ (S. 36)
Auch Trumps Rolle als sogenannter „Sugardaddy“ spielt für seinen Erfolg eine wichtige Rolle und ist zugleich ein wunder Punkt. Frauen werden bei Trump wieder zurückgestuft in das sogenannte Barbie-Ideal, da das Establishment verbunden ist mit emanzipierten, berufstätigen und selbstbewussten Frauen. Melania Trump ist deswegen so erfolgreich geworden, weil sie sich in ihre Rolle als ungebildete und ignorante Frau einfügt.

Trump nutzt den Pop für seine Politik. Die Popkultur träumt von einem Mann, der in die höchsten Ämter gerät und alles durcheinander wirbelt. Für viele Wähler sei der aggressive Populist weniger ein Wesen, mit dem man sich identifiziert, als vielmehr ein Instrument, um den Unwillen gegenüber dem Establishment und seinen moralischen und politischen Imperativen auszudrücken (S. 61).

Dies bedeutet nichts anderes, als dass er für viele ein Monster sei und somit den Angstmacher-Effekt nutzt, etwas, was man nicht unterschätzen sollte. Denn wie in der Mythologie immer wieder gezeigt wird, schaffen sich die Menschen immer wieder ihre eigenen Monster in der Absicht, diese zu kontrollieren, doch die Monster machen sich selbstständig und greifen an.

Trump inszeniert sich, so argumentiert Seeßlen, selbst als Monster, um eine Angst gegenüber dem Establishment hervorzurufen, Politik ist das, was Trump betreibt, aber wohl kaum. Politik heißt auf Wirklichkeit reagieren, schlecht oder recht, Trumpismus dagegen heißt, sich eigene Wirklichkeiten zu errichten, jenseits der großen Erzählungen von Vernunft und Moral (S. 67).

Ein weiterer Aspekt, der zeigt, wie sehr Trump als „Politiker“ mit dem Populismus verbunden ist, ist sein Umgang mit den Medien. Es ist, nimmt man es genau, ein Kampf um die Medien. Wie kann aber Trump, der ein Produkt der Medien ist, gegen diese wettern? Es geht ihm vorrangig natürlich um die liberalen und linken Medien, von denen man gekränkt wird und die einen ja anscheinend unfair behandeln. Durch Twitter können wir lernen, dass Trump sich so gut wie gar nicht um die Weltpolitik kümmert, viel wichtiger ist ihm sein eigenes Bild, seine Selbstdarstellung.

Er versucht über sein Lieblingsmedium Twitter, anders als der traditionelle Politiker, der sein „Ich“ als Repräsentant eines „Wir“ setzt, dieses umzukehren. Er versucht aus seiner radikalen Meinung (seinem Ich) ein Wir zu schaffen, ohne die Subjekthaftigkeit seiner Aussage dabei zu opfern.

In einem seiner letzten Kapitel geht Seeßlen noch auf Trumps Rolle als „Elite“ ein. Populisten sind grundsätzlich gegen Eliten, warum zählt dann aber Trump dazu? Bei Eliten muss man unterscheiden zwischen der „neuen Elite“, welcher Trump angehört, und den Eliten der bürgerlichen Gesellschaft.

Abschließend kann ich sagen, dass es sich sehr lohnt, Seeßlens Buch zu lesen. Es beinhaltet einige sehr interessante Aspekte, die dem Leser sicherlich einige neue Punkte und vielleicht auch eine neue Sichtweise darauf geben, wie es ein Mann wie Donald Trump geschafft hat, zum mächtigsten Mann der Welt zu werden.

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