Freitag, 25. November 2016

APuZ: Aufsatz zum Front National

Die aktuelle Ausgabe von "Aus Politik und Zeitgeschichte" (APuZ 48/2016) beschäftigt sich mit Frankreich und umfasst einen lesenswerten Beitrag von Jean-Yves Camus mit dem Titel: "An der Schwelle zur Macht? Der Front National zwischen Normalisierung und Isolation". Zur Einordnung der FN-Programmatik schreibt der Autor:
"In der Tat steht der FN für einen identitären Populismus, der sich antiparlamentarischer Allgemeinplätze bedient, indem er den "gesunden Menschenverstand" des als organische Einheit definierten Volkes der vermeintlichen Fehlentwicklung der Eliten entgegenstellt, die die Demokratie in Beschlag genommen hätten. Das Konzept des Rassismus, das eine Rangordnung der ethnischen Gruppen begründet, wird ersetzt durch einen anderen Gegensatz: jener zwischen "uns", den "Urfranzosen", die allein die historische Legitimation besitzen, sich auf französischem Boden aufzuhalten, und "ihnen", den Immigranten und Ausländern im Allgemeinen. Diese können allenfalls die französische Staatsbürgerschaft erlangen, wenn sie kulturell europäisch geprägt sind und sich assimilieren, was im Falle einer außereuropäischen Herkunft jedoch selbst durch einen Willensakt nicht gelingen kann. Hinzu kommen der ausgeprägte Souveränismus des FN, der sich im Bestreben äußert, Frankreich aus der Europäischen Union herauszuführen, um insbesondere die Kontrolle über die Staatsfinanzen und die Außenpolitik wiederzuerlangen, sodass das Konzept des Nationalpopulismus die Identität des FN heute am besten beschreibt."
Zu den Wählern des FN führt Camus aus:
"Die am 6. Dezember 2015 veröffentliche Studie "Régionales 2015: sociologie des électorats et profils des abstentionnistes" des Markt- und Meinungsforschungsinstituts IPSOS zeigt, dass der FN bei den Regionalwahlen 2015 vor allem die unteren Bevölkerungsschichten anzog: So stimmten im ersten Wahlgang 43 Prozent der Arbeiterschaft, 36 Prozent der Angestellten sowie 36 Prozent der Wähler ohne Abitur für den FN. Doch konnte die Partei auch einen großen Teil der Mittelschicht für sich gewinnen: Rund 30 Prozent der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes stimmten für den FN; darüber hinaus konnte er mit einem Stimmenanteil von 35 Prozent bei Selbstständigen und Landwirten die traditionelle Dominanz der Konservativen bei dieser Wählergruppe angreifen. Neu war auch die starke Zustimmung unter leitenden Angestellten (17 Prozent) und Absolventen eines "Bac+2" oder eines höheren Bildungsabschlusses (23 Prozent). Dies erschüttert den seit den 1980er Jahren gleichlautenden Befund einer negativen Korrelation zwischen der Wahlentscheidung für den FN und dem Bildungsabschluss."

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